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Schillers Kriegserklärung an das „Ich kann ja doch nichts machen“

Schillerfeier am 9. Mai 2008 in Essen

Der Schillersche Funken springt ins Ruhrgebiet über

Zum 203. Todestag von Friedrich Schiller organisierte das Schiller-Institut zusammen mit der LaRouche- Jugendbewegung eine Feier, bei der viele verschiedene, von den Jugendlichen in wochenlanger Arbeit vorbereitete Projekte vorgetragen wurden.

Der Chor stimmte die Gäste mit Beethovens Bearbeitung von Schillers Gedicht „Ode an die Freude“ ein. Helga Zepp-LaRouche begann damit, dass wir allen Grund haben,  gerade in dieser Zeit an die großen Ideale des freiheitsliebenden Schiller anzuknüpfen. Sie führte an, daß es um die Zukunftsfähigkeit der Deutschen sehr schlecht stehe, solange man nicht der Zivilisationskrankheit des “Man kann ja doch nichts machen“ den Krieg erklärt. Und welche Ideen wären dazu geeigneter als die von Friedrich Schiller?! Aus diesem Grunde habe sie das Schiller-Institut gegründet, denn Schiller bezeugte: Das größte Kunstwerk ist der Bau der politischen Freiheit.

Wie Frau Zepp-LaRouche energisch bemerkte, waren alle Werke Schillers darauf angelegt, den Menschen zu sich finden zu lassen und innerlich frei zu machen, da die Freiheit im Menschen entstehen muss. Dazu stellte Schiller das Ideal der schönen Seele auf, als einer Person, die nicht schön ist, weil sie etwas Gutes tut, sondern weil sie existiert. Denn eine solche Person hat die Idee von Freiheit und Notwendigkeit gelöst und erfüllt ihre Pflicht mit Freude. Solange der Mensch sich bloß als physisches Wesen begreift, läßt er sich von physischen Ängsten beherrschen. Hier führte Frau Zepp-LaRouche den Zustand unserer heutigen Zeitgenossen an und ging auf die Gefahr des vom Bundestag ratifizierten Lissaboner Vertrages ein. Es sei notwendig, seine Identität an höhere Ideale anzuknüpfen, damit der Mensch moralisch frei werde.

Ganz nach dem Leitbild Schillers gab sie einen optimistischen Ausblick über den wachsenden Widerstand gegen den EU-Vertrag und über die Bewegung, die sich gegen den Hunger regt, mit Revolten in mittlerweile 40 Ländern. Sie betonte, dass Deutschland nur zukunftsfähig in einer neuen Weltwirtschaftsordnung sein werde, wenn wir uns wieder auf unser klassisches Erbe beziehen und es wiederbeleben und daß vor allem Jugendliche ihre Identität darin finden sollten.

Anschließend wurde das durch eine der schönsten Szenen von Schillers Dramen untermauert. Die „Stauffacher- Szene“ (1.Akt, 2.Szene) des [i]Wilhelm Tell[/i] macht deutlich, woran es meistens liegt, wenn Menschen Tyrannenherrschaft dulden. Die feierliche Erklärung und Motivation seitens der Ehefrau Stauffachers beschreibt eine Souveränität, die es damals noch nicht einmal gab:

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"Denn über dir erkennst du keinen Herrn

als nur den Höchsten in der Christenheit!"

[/quote]

Wie Frau Zepp-LaRouche zuvor anmerkte, sind es die Dichter, die die Ideen prägen, von denen die Politik dann lebt.

Darauffolgend wurde das Menschenbild der heutigen Zeit direkt dem von Friedrich Schiller gegenüber gestellt - unter Bezug auf  viele Reaktionen an den Infotischen, wo man immer zu hören bekommt: "Jeder Mensch ist käuflich" und hat „Dreck am Stecken“, und "niemand kann es besser machen". An dieser Stelle wurde aber nun die Idee des Erhabenen von Schiller dargelegt und damit die Mittel zur Veränderung:

„Die Kultur soll den Menschen in Freiheit setzen und ihm dazu behilflich sein, seinen ganzen Begriff zu erfüllen. Sie soll ihn also fähig machen, seinen Willen zu behaupten, denn der Mensch ist das Wesen, welches will.“ (Auszug aus [i]Vom Erhabenen[/i])

Es ist also die Aufgabe des einzelnen, an sich dementsprechend zu arbeiten und das eine nicht aus den Augen zu verlieren: wohin der Weg gehen soll und sich dabei nicht entmutigen lassen.

[quote]
[i]Hoffnung[/i]

Es reden und träumen die Menschen viel

Von bessern künftigen Tagen;

Nach einem glücklichen, goldenen Ziel

Sieht man sie rennen und jagen.

Die Welt wird alt und wird wieder jung,

Doch der Mensch hofft immer Verbesserung.

Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,

Sie umflattert den fröhlichen Knaben,

Den Jüngling locket ihr Zauberschein,

Sie wird mit dem Greis nicht begraben;

Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,

Noch am Grabe pflanzt er - die Hoffnung auf.

Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn,

Erzeugt im Gehirne des Thoren.

Im Herzen kündet es laut sich an:

Zu was Besserm sind wir geboren;

Und was die innere Stimme spricht,

Das täuscht die hoffende Seele nicht.
[/quote]

Mit der Erziehung dieses Empfindungsvermögens setzte der nächste Beitrag - die heutige Welt betrachtend- leidenschaftlich fort, und machte auf der Grundlage des 6., 7. und 8. Briefes der ästhetischen Briefe Schillers deutlich, daß die„Ausbildung des Empfindungsvermögens … also das dringendere Bedürfnis der Zeit“ ist.

Die Bedeutung der Universalgeschichte und des Unterschied zwischen philosophischem Geist zum Brotgelehrten aus Schillers Rede an seine Geschichtsstudenten in Jena wurde ebenfalls einem strengen Vergleich (mit begleitenden Beispielen) zur heutigen Zeit unterzogen. Das Axiom, man brauche doch erst mehr Informationen, bevor man was tun kann, wurde dabei polemisch auseinander genommen und mit Schillers Aufruf an seine Studenten abgeschlossen:

[quote]
Unser menschliches Jahrhundert herbeizuführen haben sich – ohne es zu wissen oder zu erzielen – alle vorhergehenden Zeitalter angestrengt. Unser sind alle Schätze, welche Fleiß und Genie, Vernunft und Erfahrung im langen Alter der Welt endlich heimgebracht haben. Aus der Geschichte erst werden Sie lernen, einen Werth auf die Güter zu legen, denen Gewohnheit und unangefochtener Besitz so gern unsre Dankbarkeit rauben: kostbare theure Güter, an denen das Blut der Besten und Edelsten klebt, die durch die schwere Arbeit so vieler Generationen haben errungen werden müssen! Und welcher unter Ihnen, bei dem sich ein heller Geist mit einem empfindenden Herzen gattet, könnte dieser hohen Verpflichtung eingedenk sein, ohne daß sich ein stiller Wunsch in ihm regte, an das kommende Geschlecht die Schuld zu entrichten, die er dem vergangenen nicht mehr abtragen kann? Ein edles Verlangen muß in uns entglühen, zu dem reichen Vermächtniß von Wahrheit, Sittlichkeit und Freiheit, das wir von der Vorwelt überkamen und reich vermehrt an die Folgewelt wieder abgeben müssen, auch aus unsern Mitteln einen Beitrag zu legen und an dieser unvergänglichen Kette, die durch alle Menschengeschlechter sich windet, unser fliehendes Dasein zu befestigen. Wie verschieden auch die Bestimmung sei, die in der bürgerlichen Gesellschaft Sie erwartet – etwas dazu steuern können Sie alle! Jedem Verdienst ist eine Bahn zur Unsterblichkeit aufgethan, zu der wahren Unsterblichkeit, meine ich, wo die That lebt und weiter eilt, wenn auch der Name ihres Urhebers hinter ihr zurückbleiben sollte.

([i]Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?)

[/i]
[/quote]

Dass es heutzutage möglich ist, junge Menschen für Poesie zu begeistern, wurde sehr schön verdeutlicht durch die sehr gelungene Rezitation von [i]Die Worte des Wahns[/i]. Eines der Höhepunkte des Abends war allerdings das Gedicht „[i]Die Sehnsucht[/i]“, das zuerst von Helga Zepp-LaRouche atemberaubend rezitiert wurde und anschließend durch die gesungene Version Schuberts viele zu Tränen rührte.  

[quote]
[i]Die Sehnsucht.

[/i]

Ach, aus dieses Thales Gründen,

Die der kalte Nebel drückt,

Könnt' ich doch den Ausgang finden,

Ach, wie fühlt' ich mich beglückt!

Dort erblick' ich schöne Hügel,

Ewig jung und ewig grün!

Hätt' ich Schwingen, hätt' ich Flügel,

Nach den Hügeln zög' ich hin.

Harmonieen hör' ich klingen,

Töne süßer Himmelsruh,

Und die leichten Winde bringen

Mir der Düfte Balsam zu.

Goldne Früchte seh' ich glühen,

Winkend zwischen dunkelm Laub,

Und die Blumen, die dort blühen,

Werden keines Winters Raub.

Ach, wie schön muß sich's ergehen

Dort im ew'gen Sonnenschein!

Und die Luft auf jenen Höhen -

O, wie labend muß sie sein!

Doch mir wehrt des Stromes Toben,

Der ergrimmt dazwischen braust;

Seine Wellen sind gehoben,

Daß die Seele mir ergraust.

Einen Nachen seh' ich schwanken,

Aber, ach! der Fährmann fehlt.

Frisch hinein und ohne Wanken!

Seine Segel sind beseelt.

Du muß glauben, du mußt wagen,

Denn die Götter leihn kein Pfand;

Nur ein Wunder kann dich tragen

In das schöne Wunderland.

[/quote]

Der letzte Beitrag nahm sich die [i]Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet[/i] sowie ein Fragment mit den Titel [i]Deutsche Größe[/i] vor, um die deutsche Identität Schillers mit der heutigen provozierend gegenüber zu stellen, und die Notwendigkeit, Weltbürger und deutscher Staatsbürger zu werden. So stellte Schiller damals die Frage, ob der Deutsche sich noch fühlen darf nach einem verlorenen Krieg. Er gab die folgende Antwort:

[quote]

„Ja er darf’s! Er geht unglücklich aus dem Kampf, aber das, was seinen Wert ausmacht, hat er nicht verloren. Deutsches Reich und deutsche Nation sind zweierlei Dinge. Die Majestät des Deutschen ruhte nie auf dem Haupt seiner Fürsten. Abgesondert von dem politischen hat der Deutsche sich einen eigenen Wert gegründet, und wenn auch das Imperium unterginge, so bliebe die deutsche Würde unangefochten…  

Sie ist eine sittliche Größe, sie wohnt in der Kultur und im Charakter der Nation, der von ihren politischen Schicksalen unabhängig ist. - Dieses Reich blüht in Deutschland, es ist im vollen Wachsen, und mitten unter den gotischen Ruinen einer alten barbarischen Verfassung bildet sich das Lebendige aus. (Der Deutsche wohnt in einem alten sturzdrohenden Haus, aber ein strebendes Geschlecht wohnt in dem alten Gebäude, und der Deutsche selbst ist ein edler Bewohner, und indem das geistige immer fester und vollkommener gebildet.)“

([i]Deutsche Größe, ein Fragment)

[/i]

[/quote]

Ein Politiker, der nicht so groß von seinem Volk denkt, hat in seinem Amt nichts verloren oder sollte sehr schnell erwachsen werden.

Sehr erfreulich war die Tatsache, daß unter den Jugendlichen Schweden und Franzosen waren, die trotz der Sprachbarriere sich der Herausforderung stellten und sich die Gelegenheit, die Ideen eines solchen Universalgeistes, wie Friedrich Schiller, kennenzulernen, nicht entgehen lassen wollten. Das war hoffentlich eine zusätzliche Motivation für die Gäste, diesen Werken selbst auch ihre Zeit zu widmen. Das Publikum war offensichtlich so berührt von diesem Kulturoptimismus sowie dem ungewohntem Patriotismus, daß die erhebende Stimmung später noch zu spontanen Chorstücken führte und der Abend mit der deutschen Nationalhymne beendet wurde.

Es gibt keinen Grund, traurig zu sein, wenn Sie dieses Ereignis verpaßt haben, denn in den nächsten Wochen finden Schillerfeiern in Dresden, Berlin und Bonn statt. Fragen Sie in der jeweiligen Region nach.

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