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Agrarexperte warnt vor neuer Kartoffel-Hungersnot

In einem Interview mit [i]EIR [/i]warnte der Vorsitzende des Fungicide Resistance Action
Committee (Aktionskomitee gegen Fungizidresistenz, FRAC), Andy Leadbeater, wenn
die rigoroseste Version der gegenwärtigen EU-Vorschläge zur Pestizid-Regulierung
durchgesetzt würde, drohten Ernteverluste von bis zu 100% etwa bei Kartoffeln.
Es könne dann in Europa zu einer neuen Kartoffel-Hungersnot wie in Irland in
der Mitte des 19. Jahrhunderts kommen. Aber auch andere Produkte wie z.B. Oliven
in den Mittelmeerländern wären dann äußerst gefährdet.

Das Problem liege, so Leadbeater, im Übergang vom bisherigen Ansatz, der auf Schutz durch
„Einschätzung des Risikos“ für die Gesundheit der Konsumenten beruht zu, einem
Ansatz, der die „Gefahr an sich“ zur Grundlage der Einschätzung nimmt. Um dies
zu erläutern, nannte er das Beispiel des elektrischen Stroms. Strom sei
gefährlich, denn man könne sterben, wenn man die Drähte berührt. Aber es wird
für einen ausreichenden Schutz durch Isolierung etc. gesorgt, so daß das Risiko
so weit reduziert wird, daß eine breite Nutzung des Stroms möglich ist. Nach
dem auf „Gefahr an sich“ beruhenden Ansatz müßte jedoch die Nutzung des Stroms
generell untersagt werden. Im Fall von Pestiziden müßte nach diesem Ansatz der
Gebrauch jeder Substanz, die für den Menschen gefährlich ist, wenn er sie
direkt aufnimmt, untersagt werden, unabhängig davon, ob es im Ernteprodukt oder
nach der Verarbeitung zum Konsumartikel keine, unbedeutende, oder noch
erhebliche Rückstände gibt.

In der gegenwärtig von der EU vorgeschlagenen Gesetzgebung gebe es verschiedene Grade 
von „Rigorosität“, sagte Leadbeater. Die grundlegende Vorschrift, 91/414, werde
derzeit mit dem „Gefahr an sich“-Ansatz überprüft, und das Europa-Parlament
habe der rigorosesten Version zugestimmt. Diese Version würde einen großen Teil
der derzeit zugelassenen Pestizide verbieten, weil sie beim „Gefahr an
sich“-Test durchfallen. Bei einer Konferenz in Ljubljana warnten daher mehrere
Wissenschaftler, darunter auch Leadbeater, vor der Gefahr, daß eine Reihe von Schädlingen
Resistenzen entwickeln könnten, so wie auch beim Menschen Krankheitserreger
resistent gegen bestimmte Antibiotika werden.

Ein extremes Beispiel hierfür sei die Kartoffel, die dann keinen Schutz mehr gegen die
gefährliche Spätfäule (Phytosphora Infestans) hätte, jene Krankheit, die die
berüchtigte Kartoffel-Hungersnot in Irland 1846-1850 ausgelöst hatte. Weizen
könnte schutzlos gegen Septoria werden, das bis zu 40% der Ernten zerstören
könne, und es blieben auch nur sehr wenige Möglichkeiten, die Olivenbäume in
den Mittelmeerländern vor Parasiten zu schützen.

Wissenschaftler warnen, daß jeweils mindestens drei oder vier verschiedene Maßnahmen ergriffen
werden müssen, um den Schutz vor einzelnen Krankheiten zu garantieren. Eine
Vorgehensweise sei es daher, den gleichen Parasiten durch verschiedene
Chemikalien zu bekämpfen, um sicherzustellen, daß auch die Parasiten, die
bereits eine Resistenz gegen einzelne Mittel entwickelt haben, durch ein
anderes Mittel ausgeschaltet werden. Würde der rigoroseste Vorschlag von der EU
in Kraft gesetzt werden, sei dies künftig nicht mehr möglich.

Die Wissenschaftler in Leadbeaters Gruppe haben Argumentationspapiere in den
Institutionen auf europäischer und nationaler Ebene in Umlauf gesetzt, aber
bisher noch keine öffentliche Kontroverse mit den EU-Regulatoren gesucht. Sie
glauben, daß nun der richtige Zeitpunkt, die öffentliche Meinung anzusprechen,
gekommen sei, da die weltweite Nahrungsmittelkrise die Intensivierung der Landwirtschaft
zwingend nahelege. In der vergangenen Woche trafen sie sich auf Einladung der
slowenischen Regierung, die derzeit den Vorsitz der EU innehat, in Ljubljana.
Sie unterzeichneten eine an die slowenische Regierung gerichtete Erklärung, in
der Hoffnung, daß man ihre Warnungen hört. Letztendlich muß der EU-Ministerrat entscheiden.

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