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Europawahlen: Keine demokratische Legitimierung der supranationalen EU-Institutionen

Die miserable Wahlbeteiligung von 43 Prozent ist ein Ausdruck des Mißtrauens der Wählerschaft gegenüber der EU und ihrer undemokratischen Struktur.

Das Europäische Parlament an sich hat keine vergleichbaren Befugnisse wie nationale Parlamente, obwohl 70% der nationalen Gesetze nur europäische Vorschriften umsetzen. Die Vorschriften erläßt die Kommission, und das Parlament kann sie zwar theoretisch ablehnen, aber entgegen der Propaganda wäre das unter dem - bereits fehlgeschlagenen - Lissaboner Vertrag in der Praxis kaum noch möglich. Das Parlament hätte auch dann nicht mehr Macht, sondern wäre nur ein beratendes Organ wie Parlamente unter absolutistischer Herrschaft im 18. Jahrhundert. Diese Machtverhältnise schwanten den Wählern wohl durchaus, als sie ihre Stimme abgaben - oder eben nicht. Ein schwedischer Kommentator drückte es so aus: Wenn die Afrikanische Union Wahlen durchführen würde, und es gingen so wenig Wähler zur Wahl, dann würden westliche Länder das nicht als demokratische Wahl akzeptieren.

Eines der offensichtlichen Resultate ist, daß die britische Labour Party und ihre sozialdemokratischen Schwesterparteien auf dem Kontinent „Wählerprügel bezogen" - sei es in Frankreich, Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Spanien, Portugal oder Ungarn. Das bedeutet vor allem, daß Arbeitnehmer, die sich früher von Sozialdemokraten vertreten fühlten, diesen ihre Stimme verweigert haben. Am anderen Ende des Spektrums sieht man eine Zunahme hartgesottener Konservativer. Drei davon, die britischen Konservativen, die tschechische ODS und Polens PiS, werden sich vom christlich-demokratischen Block (Europäische Volkspartei) abspalten, um eine eigene Gruppe zu bilden. Andere beunruhigende Resultate sind die Zunahme der Stimmen für die Grünen, besonders in Frankreich und Deutschland und der Zuspruch für rechtsextreme, ausländerfeindliche Parteien wie die BNP in Großbritannien, die PVV in den Niederlanden und die ungarische Jobbik.

Die Wahlresultate zeigen außerdem einen Trend, der in mehreren Ländern zu einem Regierungswechsel führen kann. Es ist sehr wohl möglich, daß die angeschlagenen Regierungen in Großbritannien (Labour) und Irland (Fianna Fail) entweder demnächst zurücktreten und Neuwahlen ansetzen oder durch Mißtrauensvoten stürzen. Eine neue konservative Regierung in Grossbritannien würde zusammen mit Verbündeten auf dem Kontinent die EU-Politik noch rücksichtsloser sabotieren als bereits die Labour-Regierung, wann immer sie die Vormachtstellung der City gefährdet sieht. Diese ist auf ungehemmten Monetarismus und absoluten Vorrang von Bankeninteressen vor Arbeitnehmer- und Sozialinteressen ausgerichtet. Das Debakel der sozialdemokratischen Parteien wird diese Tendenz noch verschärfen, u.a. in Deutschland, wo es sehr fraglich ist, ob die SPD nach der Bundestagswahl im Herbst noch an der Regierung sein wird.

Die Wahl in Irland, wo die regierende Fianna Fail die schwerste Wahlschlappe seit 80 Jahre erlebte, und entgegen dem Trend Labour zunahm, sollte eine Warnung für alle sein, die dort ein zweites Referendum über den Lissaboner Vertrag abhalten wollen: Dieses Resultat bestätigt das starke Ferment gegen den Vertrag, das sich vor wenigen Wochen in einer Massenkundgebung von 120.000 Gewerkschaftern gegen die Regierung in Dublin äußerte. Ein zweites Referendum, für das noch kein Termin angesetzt ist, ergäbe womöglich ein noch deutlicheres Nein.

Die Alternative kann demzufolge nur lauten: für ein Europa souveräner Nationen, die gemeinsam an der Überwindung der jetzigen Zusammenbruchskrise arbeiten, und dabei produktiven Staatskredit für langfristige industrielle und Infrastrukturinvestitionen einsetzen, um Arbeitsplätze zu schaffen und das Steueraufkommen zu erhöhen. Das Gemeinwohl der europäischen Staaten und ihrer Bevölkerung muß geschützt werden - statt das supranationale Europa bankrotter Banken und Kartelle um jeden Preis aufrechtzuerhalten. Zurück vor den Vertrag von Maastricht, Amsterdam, Nizza, und Ablehnung jedes Versuchs, den imperialen Lissabon-Vertrag doch noch durchzusetzen. Kontaktieren Sie die BüSo, um dabei mitzuhelfen!

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