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Russischer Isborsk-Klub fordert Notmaßnahmen gegen Putsch in der Ukraine, bezieht sich auf Kuba-Krise von 1962

[i]In der russischen Wochenzeitung[/i] Sawtra [i]erschien am 12. Februar ein Memorandum mit dem Titel „Rettet die Ukraine!“ Das Dokument wurde von Experten des Isborsk-Klubs verfaßt, einer einflußreichen Gruppe von Intellektuellen, die Präsident Wladimir Putin während der letzten Monate in der Öffentlichkeit hervorhob. Das Memorandum sieht einen „schleichenden Putsch von Faschisten und Nazis“ in der Ukraine und bezeichnet dies als strategische Bedrohung für die Russische Föderation. Die Autoren machen die Vereinigten Staaten und die Europäische Union verantwortlich für das Regimewechsel-Projekt in der Ukraine, fordern jedoch die USA auf, Krisenvermeidungsgespräche auf der Grundlage des geltenden Budapester Memorandums von 1994 einzuberufen, das die Souveränität der Ukraine garantiert. Sollten sich die Ukraine oder Großbritannien einer solchen Konferenz verweigern, müsse eine russisch-amerikanische Krisendiplomatie nach dem Vorbild der Kubakrise, als die Welt am Rande eines Nuklearkrieges stand, in Gang gesetzt werden.[/i]

[i]Mehrere der vom Isborsk-Klub vorgebrachten Einschätzungen und Ideen in dem Memorandum stimmen überein mit dem, was der russische Präsidentenberater und Akademiemitglied Sergej Glasjew und General a.D. Leonid Iwaschow in der vergangenen Woche in Interviews und Artikeln sagten. Beide sind Mitglieder des Isborsk-Klubs und gehörten zu den Autoren des Anfang 2013 vom Klub vorgelegten strategischen Weißbuchs zur Reform des russischen Verteidigungssektors, das sich auch mit den Maßnahmen der USA zur Erstschlagsfähigkeit auseinandersetzte. Wir bringen hier eine Zusammenfassung wesentlicher Punkte des Memorandums (aus dem russischen und englischen übersetzt), da dies eine völlig andere Einschätzung zeigt, als es der Bevölkerung in den Medien und von der offiziellen westlichen Politik vorgegaukelt wird - und weil deutlich wird, wie nah wir uns mit der westlichen Konfrontationspolitik gegenüber Russland bereits am Rande des Abgrunds bewegen.[/i]

In dem Memorandum „Rettet die Ukraine“ heißt es, die Lage in diesem Land „nähert sich einer Grenze, bei deren Überschreitung die Gefahr besteht, daß die Ukraine faschistisch wird“. Diese Entwicklung führe zur „Transformation der Ukraine von einem blockfreien, neutralen und nicht-nuklearen Staat in einen neuen ,Krisenherd’ für Europa und die ganze Welt und in einen Brutkasten von Instabilität und Chaos an der Grenze Rußlands.“

Das Papier zählt die Zugeständnisse des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch und die Aktivitäten der EU und der USA auf - darunter auch das jüngst publik gewordene Telefongespräch zwischen der US-Unterstaatssekretärin Victoria Nuland und dem US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Pyatt. Weiter heißt es, diese Ereignisse „schaffen die Bedingungen für eine illegitime Machtübernahme einer Koalition von politischen Kräften, die nicht das Interesse der Mehrheit der Bevölkerung der Ukraine vertreten“. Die „amerikanische Führungsgruppe, die die Operationen in der Ukraine leitet“, bestehe „aus hochrangigen Geheimdienstleuten und Diplomaten“. Die Äußerungen zeigten, „daß Washington vor allem darüber besorgt ist, daß Moskau, das enormen Rückhalt in der ukrainischen Bevölkerung hat, plötzlich aufwachen und aktiver werden und den fast abgeschlossenen Plan vereiteln könnte, eine vollkommen rußlandfeindliche Regierung - sogar unter breitem Einsatz der faschistischen Anhänger von Bandera – zu installieren“. Dieser hatte während des Zweiten Weltkrieges mit den Nazis kollaboriert und Massenmorde an Polen und Juden verübt.

Der Bericht beschreibt verschiedene mögliche politische Szenarien für einen Regimewechsel in der Ukraine - entweder durch einen abrupten Sturz von Janukowitsch oder durch den Prozeß einer „Koalitionsregierung“, der ebenfalls zur Absetzung von Janukowitsch führen würde. Ein neuer Führer - möglicherweise eine aus dem Gefängnis entlassene ehemalige Premierministerin Julia Timoschenko - würde dann „die Führung der Ukraine übernehmen, auf der radikal-nationalistischen Plattform [Oleg] Tjagniboks oder anderer rechts-faschistischer Gruppen. Eine ideologische Wende der Ereignisse dieser Art ... wäre ein Weg, einen rußlandfeindlichen Staat an den Grenzen der Russischen Föderation zu bilden und jeden umfassenden Integrationsprozeß im ehemals sowjetischen Gebiet zu stören.“

[h4]Die „strategischen Interessen der Russischen Föderation“[/h4]

Unter der Zwischenüberschrift „Konsequenzen des Putschs für die strategischen Interessen Rußlands“ beschreibt das Memorandum, was von „einem neuen politischen und ideologischen Regime in der Ukraine ... auf der Grundlage einer extrem nationalistischen Ideologie als einzigem Mechanismus zur Unterdrückung sozialer Spannungen“ zu erwarten wäre. Diese Entwicklung würde zu „Entscheidungen, die direkt die strategischen Interessen der Russischen Föderation berühren“, führen, einschließlich einer militärischen Ausdehnung der Vereinigten Staaten und der NATO, die für Rußland inakzeptabel wäre. Dies wären die Folgen:

[list][item]„Die Ablehnung der Präsenz der russischen Streitkräfte auf der Krim, einschließlich Sewastopols als Basis der Schwarzmeerflotte der Russischen Föderation. Der Zeitrahmen würde auf sechs bis zehn Monate begrenzt, was für eine geordnete Verlegung der militärischen Einrichtungen auf russisches Territorium in die Nähe von Noworossijsk nicht ausreicht;[/item]

[item]Säuberungen von rußlandfreundlichen Kräfte in der Ost- und Südukraine, was zu einer Welle von Flüchtlingen in die Russische Föderation führen würde;[/item]

[item]Vernichtung der Industriekapazitäten in Kiew, Dnepropetrowsk, Charkow und anderen Städten der Ukraine, die Auftragsarbeiten für den russischen militärisch-industriellen Komplex ausführen;[/item]

[item]Verstärkung der Zwangs-Ukrainisierung der Bevölkerung auf dem linken Ufer des Dnjepr (wo große Teile der Bevölkerung russischer Herkunft sind oder russisch sprechen);[/item]

[item]Ausweitung der Partnerschaft der Ukraine mit der NATO und Schaffung von US- und NATO-Stützpunkten in der Ukraine, einschließlich auf der Krim;[/item]

[item]Schaffung von Ausbildungslagern für Terroristen in der Ostukraine, die anfangen werden, sowohl im Kaukasus wie im Wolgabecken und möglicherweise auch in Sibirien zu operieren;[/item]

[item]Ausweitung der „Euromaidan“-Techniken auf die großen russischen Städte, insbesondere in ethnisch bestimmten Territorien der Russischen Föderation;[/item]

[item]Vertreibung der Russisch-Orthodoxen Kirche aus der Ukraine, begleitet von der gewaltsamer Beschlagnahmung von Kirchen und Klöstern, was zum weiteren Niedergang der Autorität sowohl der Russisch-Orthodoxen Kirche als auch der Regierung in der russischen Gesellschaft führen würde;[/item]

[item]Einleitung von Strafverfahren gegen Gasprom, Rosneft und deren Management, und Klagen der ukrainischen Regierung gegen Rußland vor vom Westen gegründeten internationalen Gerichtshöfen unter verschiedenen Vorwänden.“[/item][/list]

[h4]„Eine Katastrophe für Rußlands Zukunft“[/h4]

Im Schlußabschnitt, „Was soll Rußland tun?“, schreiben die Autoren: „Wir betrachten die Lage, die sich in der Ukraine entwickelt, als katastrophal für die Zukunft Rußlands und der gesamten postsowjetischen Region.“ Zu den Maßnahmen „im Rahmen des Völkerrechts“, die sie der politischen Führung Rußlands vorschlagen, gehören u.a.:

[list][item]„eine offizielle ideologische Einschätzung des schleichenden Putschs als faschistisch und nazistisch und als Eingriff in die Rechte aller Völker und ethnischen Gruppen, die in der Ukraine leben;[/item]

[item]ein Appell an die russische und ukrainische Bevölkerung, sich mit aller Macht der faschistischen Plage zu widersetzen, die die Macht in Kiew ergreift, und dabei breite Schichten der Öffentlichkeit in den politischen Prozeß einzubeziehen;[/item]

[item]direkte soziale und wirtschaftliche Hilfe für alle Regionen im Süden und Osten der Ukraine durch den Start bilateraler Programme und niedrige Erdgaspreise für ukrainische Kunden, bei gleichzeitiger Verweigerung weiterer direkter Kredite an die Regierung der Ukraine;[/item]

[item]Aufforderung aller russischen Bürger, ihre Verwandten und Freunde in der Ukraine zu kontaktieren, um sie zu mobilisieren, daß sie sich einer offenen politischen Mobilisierung gegen den Maidan anschließen, der zu einem zukünftigen Bruderkrieg führt;[/item]

[item]Start einer breiten Kampagne in den nationalen Fernsehsendern zur Unterstützung der ukrainischen Öffentlichkeit und zur Aufdeckung des faschistischen Inhalts des voranschreitenden Putschs sowie der nachteiligen wirtschaftlichen Folgen für die Ukraine, insbesondere ihrer südlichen und östlichen Regionen;[/item]

[item]eine offene Erklärung gegenüber der Weltgemeinschaft darüber, daß die Schaffung eines faschistischen und antisemitischen Staats an unseren Grenzen für Rußland inakzeptabel ist, und die Abgabe solcher Erklärungen gegenüber den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen;[/item]

[item]ein Appell der Regierung der Russischen Föderation, nach dem derzeit geltenden Budapester Memorandum über die Souveränität der Ukraine vom 5. Dezember 1994 (Art. 6) einen entschiedenen Protest an die Regierungen der Ukraine, der USA und Großbritanniens gegen die amerikanische Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine zu richten, sowie der Forderung, eine Konferenz der Parteien des Budapester Memorandums einzuberufen – auf dem Hintergrund der Lage politischer Aggressionen und Maßnahmen des „wirtschaftlichen Zwangs, die darauf ausgerichtet sind, die Ausübung der souveränen Rechte der Ukraine ihren eigenen Interessen unterzuordnen“;[/item]

[item]im Fall der Weigerung einer der Parteien, sich an einer solchen Konferenz zu beteiligen, sollte das besagte Memorandum vorübergehend außer Kraft gesetzt werden und Rußland in direkte Gespräche mit Washington eintreten - unter Bezug auf die Lage in der Kubakrise von 1962 als Präzedenzfall für die gegenwärtigen Ereignisse in der Ukraine; den USA soll vorgeschlagen werden, in Verhandlungen für eine gemeinsame Beobachtung des politischen Prozesses und der Wahlen in der Ukraine einzutreten, sowie für eine gemeinsame Vermittlung, um der laufenden politische Krise zu lösen;[/item]

[item]Ein Vorschlag an die Volksrepublik China und andere BRICS-Staaten, Pläne zur wirtschaftlichen Unterstützung der Ukraine auszuarbeiten und gemeinsam im gesamten postsowjetischen Gebiet darauf hin zu wirken, den unilateralen Versuch der Errichtung einer Hegemonie der USA zu vereiteln.“[/item][/list]

Abschließend schreiben die Autoren: „Nur ein solches Vorgehen des russischen Staates und der vernünftigen Kräfte in der russischen und der internationalen Gemeinschaft zusammen mit den Exekutivkörperschaften unserer beiden Länder kann die soziale und wirtschaftliche Lage in der Ukraine stabilisieren und eine soziale und politische Katastrophe in diesem Land verhindern.“

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