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Aktualisiert: Neue Bewegung für Glass-Steagall-Bankentrennung in Italien und Frankreich

In Italien hat der Kommunalpolitiker Gabriele Chiurli ([i]Democracia Diretta[/i]) in den Regionalrat der Toskana eine neue Gesetzesinitiative für Bankentrennung - und gegen das "bail-in" der EU - eingebracht. Laut der italienischen Verfassung können lokale Volksvertretungen dem Parlament Gesetzesvorschläge unterbreiten. Chiurli legte den Text dem Regionalrat vor, der darüber diskutieren und abstimmen wird. Der Rat hat schon eine Resolution für Bankentrennung beschlossen (genauso wie die Regionalräte von Piemont, Lombardei und Venetien). In dem Entwurf wird jetzt im einzelnen angegeben, in welcher Weise die geltenden Gesetze für eine Glass-Steagall-Bankentrennung geändert werden müssen. Gabriele Chiurli sprach am 1. Dezember 2014 auch beim Europaparteitag der BüSo.

In beiden Kammern des italienischen Parlaments gibt es bisher nicht weniger als elf verschiedene Gesetzentwürfe für Bankentrennung, deren Diskussion bisher jedoch immer wieder herausgeschoben wurde. Alle, mit Ausnahme des Antrags der Demokratischen Partei, fordern eine strikte Trennung der Banksparten und beziehen sich dazu ausdrücklich auf das amerikanische Glass-Steagall-Gesetz von 1933. Besonders bemerkenswert sind die Anträge von Sen. Giuilio Tremonti, zwei Vorlagen der Lega Nord sowie der Antrag von Giuseppe Vacciano und 48 weiteren Senatoren der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die alle im Zusammenhang mit der jahrelangen Kampagne von Movisol, der Schwesterorganisation der BüSo in Italien, entstanden.

In Frankreich befürwortete jetzt auch der Generalrat des Hérault-Departments (Hauptort und Sitz der Präfektur ist Montpellier) einstimmig eine Resolution für die Glass-Steagall-Bankentrennung. Bereits am 13.11. beschloss der Generalrat des Departments Ille-et-Vilaine (1 Million Einwohner) eine von Jacques Cheminades Partei [i]Solidarite et Progres[/i] vorgeschlagene Glass-Steagall-Resolution, ebenso wie am 18.10.13 die Regionalversammlung der Pays de la Loire, die 3,5 Millionen Menschen vertritt. Fast 40 französische Kommunen haben bisher, auf Initiative von[i] Solidarite et Progres[/i], Resolutionen für eine strikte Bankentrennung beschlossen und sich damit an die französische Regierung gewandt. Bis Ende Dezember 2013 hatten 75 französische Kommunalvertretungen, u.a. in Großstädten Rennes und Toulouse, aufgrund dieser Kampagne Resolutionen zu Glass-Stagall debattiert.

Chiurlis Vorlage weist EU-Richtlinien für "bail-in" zurück

In der Einleitung der neuen italienischen Vorlage des Regionalrates der Toskana heißt es, daß zwar in allen Ländern derzeit über eine Trennung der Bankaktivitäten diskutiert wird, aber „die kürzlich auf europäischer Ebene eingeführten Regelungen scheinen unzureichend zu sein und einigen Beobachtern zufolge reflektieren sie einen übermäßigen Einfluß aus der Finanzindustrie, die an der Möglichkeit festhält, Investmentaktivitäten durch das Kundengeschäft zu stützen. Tatsächlich bleibt, wenn man eine Trennung der Aktivitäten einführt, aber am Universalbankmodell festhält, die Tür geöffnet für Verflechtungen der beiden Sektoren. Der Beleg dafür ist die Tatsache, daß das EU-Recht die Verwendung des sogenannten Bail-in-Mechanismus - der Mechanismus, durch den das krisengeschüttelte Institut sich selbst stützen soll, u.a. durch die Enteignung von Kundengeldern - im Fall des Scheiterns einer Universalbank, die als ,systemisch’ gilt, beibehält, wobei die ,Sicherheit des Systems’ Vorrang erhält vor dem Schutz der Ersparnisse. Das geht so weit, daß im Fall der Abwicklung einer Bank spekulative Schulden - vor allem finanzielle Derivatkontrakte - geschützt werden, wenn die vermeintliche Stabilität des Systems es notwendig macht. Mit anderen Worten: die Bezahlung von Derivaten, einschließlich ,toxischer Produkte’ist garantiert, wenn festgestellt wird, daß dies notwendig ist, um die Stabilität des Systems zu erhalten, selbst wenn dadurch die Bankkunden geschädigt werden. All das ist das genaue Gegenteil des Prinzips, das historisch durch das Glass-Steagall-Gesetz eingeführt wurde und letztendlich von allen zivilisierten Ländern übernommen wurde.“

Die Vorlage beauftragt - im Unterschied zu den bisherigen Anträgen - nicht die Regierung, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten, sondern enthält bestimmte Änderungen, die in den bestehenden, den Bankensektor regulierenden Gesetzen vorgenommen werden sollen. Sie enthält auch eine aktualisierte Kritik und eine Zurückweisung der vorgeschlagenen EU-Richtlinien, und besteht aus acht Artikeln:

Artikel 1 legt die „Ziele“ fest:

„1. Das vorliegende Gesetz zielt darauf ab, das Prinzip der Trennung der Banksparten in Geschäftsbanken und Investmentbanken einzuführen, mit dem Zweck, die Ersparnisse der Bürger zu schützen. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, indem man die Finanzaktivitäten der Einlagenverwaltung und Kreditvergabe, die mit der realen Wirtschaft zusammenhängen, von den hochriskanten Investitionen und Spekulationen auf den nationalen und internationalen Märkten trennt.

2. Die Bankentrennung verfolgt auch das Ziel der Verhinderung des Missbrauchs staatlicher Gelder zur Abwendung des Scheiterns von Kreditinstituten auf Kosten der Steuerzahler.“

Artikel 2 ändert das „Einheitliche Gesetz über die Bank- und Kreditgesetze“ von 1993, das ein nationales Register der Banken einführte, und fügt hinzu: „Dieses Register wird in zwei Sektionen unterteilt, die wie folgt bezeichnet werden:

a) Geschäftsbanken;
b) Investmentbanken.“

Artikel 3 definiert, was Geschäftsbanken sind, und was sie tun dürfen: „Geschäftsbanken können ihren Kunden lediglich Investitionen mit geringen Risiken anbieten, darunter Staatsanleihen und staatliche Partizipationsscheine, unter der Voraussetzung, daß

a) das investierte Kapital nicht mehr als zwei Drittel der in die Bank selbst eingezahlten Einlagen beträgt;
b) daß das investierte Kapital nicht mehr als 250.000 Euro beträgt.

Es ist den Geschäftsbanken untersagt:

a) direkt oder indirekt irgendwelche Aktivitäten auszuführen, für die Investmentbanken und allgemein alle Finanzinstitute zuständig sind, die nicht die Befugnis haben, Einlagen von der Allgemeinheit entgegenzunehmen;
b) Anteile zu besitzen oder irgendwelche geschäftlichen Vereinbarungen einzugehen mit Investmentbanken, Brokerfirmen oder Finanzunternehmen, die nicht die Befugnis haben, Einlagen von der Allgemeinheit entgegenzunehmen.“

Geschäftsbanken „sind ausdrücklich dazu verpflichtet, innerhalb eines substantiellen Gleichgewichts zwischen Einlagefristen und Nutzung der finanziellen Mittel zu arbeiten.“

Artikel 4 definiert, was Investmentbanken sind, und untersagt Managern einer Investmentbank, irgendeine Funktion in Geschäftsbanken auszuüben, sowie den Investmentbanken, Anteile an Geschäftsbanken zu halten oder geschäftliche Vereinbarungen mit ihnen einzugehen.

Artikel 5 besagt, daß die derzeit zugelassenen Banken innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes der Zentralbank mitteilen müssen, in welchem Teil des Bankenregisters sie registriert sein wollen, „nachdem sie alle Unvereinbarkeiten mit dem vorliegenden Gesetz gelöst haben“.

Artikel 6 beauftragt das Parlament mit der Ausarbeitung „einer unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Geschäftsbanken und Investmentbanken, die darauf abzielt, erstere zu bevorzugen, in Anerkennung ihrer fundamentalen Rolle zur Unterstützung der realen Wirtschaft des Landes.“

Artikel 7 schafft eine Reihe von Sanktionen für Verstöße gegen das Gesetz, und Artikel 8 ist die übliche Klausel, daß das Gesetz am Tag nach seiner Veröffentlichung in der Gazetta Ufficiale in Kraft tritt.

Der Entwurf wird nun in einem Ausschuß des Regionalrats der Toskana diskutiert und dann dem Plenum des Rates vorgelegt werden, der darüber diskutieren und abstimmen wird. Wenn er die Zustimmung findet, wird er automatisch an die Deputiertenkammer weitergeleitet und dort nach den für alle Gesetzesanträge geltenden Verfahrensweisen behandelt werden. „In dem Fall, daß dies auf irgendeiner Ebene scheitern sollte, werden wir nicht aufgeben: Wir sind bereit, auf die Straßen zu gehen und die notwendigen Unterschriften zu sammeln, um den Gesetzentwurf als Volksbegehren einzubringen“, sagt Chiurli auf der Internetseite seiner Bewegung [i]Democrazia Diretta[/i]. Man erwartet, daß auch andere regionale Abgeordnete Chiurlis Beispiel folgen werden. Da bereits in vier Regionalparlamenten (Toskana, Lombardei, Venetien und Piemont) Resolutionen zur Unterstützung von Glass-Steagall eingebracht wurden, wächst der Druck der Basis auf die Abgeordneten im nationalen Parlament, endlich die Glass-Steagall-Bankentrennung durchzukämpfen.

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