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Argentinien zahlt!

Unter dieser Überschrift schaltete gestern und heute das Präsidialamt der Republik Argentinien nun schon zum zweiten Mal Anzeigen in großen Tageszeitungen in den USA und Europa. Hintergrund ist das vom [url:"node/7433"]Obersten Gericht der USA kürzlich bestätigte Urteil[/url] eines Bezirksgerichtes in New York aus dem Jahr 2012. Richter Thomas Griesa hatte damals zwei klagenden Hedgefonds, die sich nicht an dem von der argentinischen Regierung mit knapp 93 Prozent der Altgläubiger vereinbarten Schuldenschnitt beteiligt hatten, das Recht zugebilligt, ihre Forderungen zu 100% plus Zinsen mit allen Mittel einzutreiben. Durch das rücksichtslose Verhalten dieser Heuschreckenfonds oder Geierfonds, wie sie in Argentinien bezeichnet werden, droht Argentinien erneut der Staatsbankrott.

Das New Yorker Urteil will Argentinien zur vorrangigen Zahlung von 1,5 Mrd. Dollar an die beiden Hedgefonds zwingen und zwar bevor die heute fällige Rate in Höhe von 832 Millionen Dollar an die rechtmäßigen Gläubiger der umstrukturierten Staatsanleihen ausgezahlt werden dürfe. Das Urteil bedeutet aber auch, daß kurzfristig 15 Mrd. Dollar an andere Hedgefonds gezahlt werden müßten und auch die Einigung mit den 92,4 Prozent der Altgläubiger hinfällig würde.

Argentinien hat, wie in der Anzeige zu lesen ist, am 23. Juni und heute erneut beim zuständigen Richter Griesa den Aufschub seines Urteils beantragt. Wird jetzt das bei der Bank of New York Mellon, der Treuhänderbank, hinterlegte Geld für die Altgläubiger zugunsten der Heuschreckenfonds zweckentfremdet, befindet sich Argentinien im Zahlungsverzug (technical default). Für die Folgen, die das auf andere Schuldnerstaaten und die Stabilität des internationalen Finanzsystems haben würde, macht Argentinien direkt die amerikanische Regierung verantwortlich.
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„Die souveräne Entscheidung der Republik Argentinien gebietet es, die Vereinigten Staaten von Amerika auf die Konsequenzen hinzuweisen, welches durch das Handel ihrer Justiz, ihrer Treuhänder, ihrer Kreditinstitute, der Kläger und des Richters Griesa in Bezug auf ihre internationalen Verpflichtungen hervorgerufen werden. …

Die frist- und formgerechte Erfüllung unserer im Prospekt der Anleihen und den entsprechenden Verträgen vorgesehenen Verbindlichkeiten macht es notwendig, darauf hinzuweisen, daß jeder Zugriff auf die auf dem Treuhandkonto eingezahlten Geldmittel die Rechte der wirklichen Eigentümer beeinträchtigen würde. Die wirklichen Eigentümer sind diejenigen, welche sich freiwillig an der Restrukturierung beteiligt haben. Ein Zugriff auf die Mittel würde unter anderem eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Bedingungen des Prospekts, eine unerlaubte Anmaßung vom Eigentum dritter, eine Verletzung von vereinbarten Rechten, eine Nichterfüllung vertraglicher Pflichten darstellen.

Es bestehen weder Zweifel an der fehlenden Unparteilichkeit des Richters zugunsten der Geierfonds, noch an seinen wahren Absichten: Die Absicht besteht darin, die Republik Argentinien in die Zahlungsunfähigkeit zu treiben, um die Restrukturierung 2005 – 2010, die nach langen Verhandlungen eine Zustimmung von 92,4% erfuhr, rückgängig zu machen. Die Holdouts nahmen niemals an diesen Verhandlungen teil. Dieses Verhalten wiederholte sich auch letzte Woche beim Antrag der Republik Argentinien auf einen Aufschub des Urteils, um mit 100% der Gläubiger ausgeglichene, gerechte und rechtmäßige Gespräche zu führen. Er wird sein Ziel jedoch aufgrund eines ganz einfachen Umstandes nicht erreichen: Die Republik Argentinien erfüllt ihre Verbindlichkeiten, zahlt ihre Schulden und hält ihre Verpflichtungen ein, wie sie es bisher getan hat, um die List aufzudecken, mit welcher ein absurder Gerichtsbeschluß mit systemischen Wirkungen auf internationaler Ebene als ein ‚technischer Default‘ ausgelegt werden soll. Diese Auslegung stellt lediglich eine ausgeklügelte Art und Weise dar, um uns vor den weltweit tätigen Wucherern auf die Knie zu zwingen.

Die Republik Argentinien hat internationale Unterstützung von Staaten wie Frankreich, Mexiko und Brasilien erhalten. Weiterhin erhielt sie Unterstützung von multilateralen politischen Organisationen und Finanzorganen wie G77 mit China, welche aus 133 Staaten besteht, MERCOSUR, UNASUR, mehr als 100 britischen Abgeordneten, wobei sich unser Land in einem Souveränitätsstreit mit Großbritannien befindet. …“
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In der Anzeige von letzter Woche hatte man bereits auf die Ungeheuerlichkeit der Vorgehensweise der Geierfonds am Beispiel des nun begünstigte Hedgefonds [i]NML Capital[/i] von Paul Singer hingewiesen, der erst lange nach der Zahlungsunfähigkeit Argentiniens im Jahr 2001 notleidende Staatsanleihen aufkaufte: „Der Fonds zahlte 2008 lediglich 48,7 Millionen Dollar für die Anleihen. Das vorliegende Urteil des Richters Griesa spricht dem Fonds nun einen Betrag von 832 Millionen Dollar zu, das heißt einen Gewinn von 1608 Prozent in nur sechs Jahren."

Selbst der [i]Internationale Währungsfonds[/i] (IWF) hat sich kritisch zum New Yorker Urteil geäußert, da es dessen Pläne für das Bail-in durchkreuzt. Wie soll man Bankkunden auch erklären, daß Hedgefonds zu 100% entschädigt werden und ihnen mit dem Bail-in die Konten gepfändet werden? Aber es geht vor allem um die Frage der nationalen Souveränität: Steht die Wohlfahrt der Bürger im Mittelpunkt, oder die Interessen der Spekulanten? Die große Unterstützung die Argentinien international erfährt, rührt auch daher, daß viele Regierungen wissen, daß ihre Nation die nächste auf dem Opfertisch der Finanzoligarchie sein kann. So hat der Permanente Rat der [i]Organisation Amerikanischer Staaten[/i] (OAS) heute bei einem kurzfristig anberaumten Treffen in Washington mit überwältigender Mehrheit die Position Argentiniens unterstützt.

Ein weiterer nicht beabsichtigter Effekt wird sein, daß Argentinien und viele der iberoamerikanischen Nationen sich jetzt wirtschaftlich der [url:"node/7434"]Eurasischen Wirtschaftsunion[/url] zuwenden werden. Davon zeugt die diplomatische Geschäftigkeit der nächsten Wochen. Präsident Putin, der die argentinische Präsidentin persönlich zur Teilnahme am nächsten Gipfeltreffen der BRICS-Staaten am 15./ 16. Juli in Brasilien eingeladen hat, wird am 12. Juli zu einem Staatbesuch in Buenos Aires erwartet. Und am 19. Juli wird der chinesische Präsident Xi Jinping mit einer Delegation von 150 Geschäftsleuten ebenfalls Argentinien besuchen.

[h2]Vorbild Londoner Schuldenkonferenz von 1953[/h2]
Die Zahlungsverpflichtungen Deutschland aus dem Versailler Schuldendiktat nach dem ersten Weltkrieg waren genauso illegitim, wie ein Großteil der Schulden der iberoamerikanischen Nationen heute. Trotz alledem hat die argentinische Regierung auch eigentlich unberechtigte Forderungen in die Umstrukturierung aufgenommen , so wie Deutschland die Altschulden, die von Versailles und in Folge aus dem Dawes- und Youngplan herrührten, als Gegenstand der Verhandlungen 1953 in London akzeptierte. Der deutsche Chefunterhändler Hermann Josef Abs setzte damals den Grundsatz durch, daß die Schulden nur aus einem Handelsbilanzüberschuß Deutschlands zu zahlen seien. Er postulierte, daß nicht nur der Schuldner die Pflicht habe, seine Schulden zu zahlen, sondern auch der Gläubiger für Bedingungen sorgen müsse, die es dem Schuldner erlaubten, seine Schulden zu zahlen. Auf der Grundlage wurde damals eine Lösung gefunden, die ähnlich der Umstrukturierung der argentinischen Schulden zwischen 2005 und 2010 darauf basierten, daß derjenige, der auf viel verzichtet, höhere Zinsen bei kurzer Laufzeit bekommt, während derjenige, der nur einem geringen oder garkeinem Schuldenschnitt zustimmt, sich mit sehr viel niedrigeren Zinsen bei verlängerter Laufzeit zufrieden geben mußte. Das Londoner Schuldenabkommen war eine der wichtigsten Grundlagen für das Wirtschaftswunder im Nachkriegsdeutschland. In dem Sinne sind wir heute alle Argentinier.

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