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Bail-in schützt die großen Zocker

Ein besonders perfider, aber wenig bekannter Aspekt der EU-Vorschriften für Bankenabwicklung ist der potentiell unbegrenzte Schutz für Derivate, sprich Zockerschulden, die von Enteignungen ausgenommen werden können, wenn dies als wesentlich für die Stabilität des Finanzsystems erachtet wird.

In [i]Abschnitt 5, Artikel 44[/i] („Anwendung des Bail-in-Instrumentes“), [i]Absatz 3[/i] der Richtlinie [i]2014/59/EU[/i] vom 15.5.2014 heißt es: „In Ausnahmefällen kann die Abwicklungsbehörde bei der Anwendung des Bail-in-Instrumentes bestimmte Verbindlichkeiten aus dem Anwendungsbereich der Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse vollständig oder teilweise ausschließen, sofern ... c) der Ausschluß zwingend erforderlich und angemessen ist, um die Gefahr einer ausgedehnten Ansteckung ... abzuwenden“.

Später wird darauf im [i]Artikel 49[/i] über „Derivate“ in [i]Absatz 2[/i] Bezug genommen: „Die Abwicklungsbehörden üben die Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse in Bezug auf eine Verbindlichkeit aus einem Derivat nur bei oder nach der Glattstellung der Derivate aus [d.h. wenn zwei Derivatgeschäfte sich „ausgleichen“]. Bei Inkrafttreten der Abwicklung sind die Abwicklungsbehörden befugt, alle Derivatkontrakte zu diesem Zweck zu kündigen und glattzustellen. Wurde eine Verbindlichkeit aus Derivaten von der Anwendung des Bail-in-Instruments gemäß [i]Artikel 44 Absatz 3[/i] ausgeschlossen, sind die Abwicklungsbehörden nicht verpflichtet, den Derivatekontrakt zu kündigen oder glattzustellen.“

Die Erfahrung der Krise 2008 zeigt, daß es praktisch unmöglich sein wird, einen Derivatkontrakt zu kündigen oder glattzustellen, wenn ein großes Geldinstitut zahlungsunfähig ist. Das einzige, worauf man sich in den seither vergangenen acht Jahren einigen konnte, ist, daß die andere Seite des Kontrakts nur eine Frist von 24 Stunden hat, ihre Forderungen einzuziehen. Im berüchtigten Fall des US-Versicherungsriesen AIG haben Banken nach der Pleite noch mehr als eine Woche lang Forderungen eingezogen.

Der Ökonom Simon Johnson, Mitglied im Beirat der US-Einlagensicherung [i]FDIC[/i], sagte kürzlich: „Wenn Sie denken, Europa werde bei der Abwicklung einer Großbank kooperieren, dann liegen Sie falsch. Es wird keine Kooperation geben.“

Da es in der Praxis unmöglich sein wird, bei Abwicklungen dem aufwendig formal festgelegten Verfahren zu folgen, erhalten die Abwicklungsbehörden, also die Europäische Bankenaufsicht EBA und die EZB, von vornherein die Befugnis, Derivate vor dem Zugriff des „Bail-in“ zu schützen, um eine „Ansteckung“ im System zu vermeiden.

Was ist mit der „Ansteckung“ der Realwirtschaft, von Privathaushalten und Unternehmen? Daran zu denken, wäre wohl von einem Herrn Schäuble oder einem Eurokraten zuviel verlangt.

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