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Italien: Eurokrise verschoben, aber weiter ungelöst

In der sprichwörtlichen letzten Minute erreichten die EU-Kommission und die italienische Regierung eine Einigung, um eine Bankenkrise abzuwenden, die das ganze Eurosystem zum Einsturz hätte bringen können. Am Ende akzeptierte die Kommission, daß die italienische Regierung praktisch eine gewisse Menge verbriefter fauler Kredite garantiert und damit vorerst die Gefahr entschärft, daß einige der größten italienischen Banken nach den neuen Bail-in-Regeln der EU abgewickelt werden müssen.

Damit ist aber das Problem nicht gelöst. Die italienischen Banken sitzen offiziell auf 370 Mrd. Euro an unbedienten Krediten, fast 40 Prozent der gesamten Eurozone. Dies ist die Folge des jahrelangen Niedergangs der Realwirtschaft, mit geplatzten Hypotheken von etwa 800.000 Privathaushalten und faulen Krediten im Immobilien- und im Produktionssektor.

2008 wurden Banken in ganz Europa mit Steuergeldern gerettet, jedoch nicht so in Italien, wo die Finanzinstitute weniger Verlusten aus Spekulation ausgesetzt waren. Aber die Rezession ab 2008 und ganz besonders der von der Regierung Monti 2011-13 bewirkte Wirtschaftskollaps verursachten Verluste, die sich - anders als Derivatzockerei - nicht so leicht verschleiern lassen.

Unter den neuen EU-Regeln ist eine staatliche Rettung (Bail-out) nur in Kombination mit einem Bail-in von Aktionären, Anleihenbesitzern und Einlegern des betroffenen Geldinstituts erlaubt. Aber ein teilweiser Bail-in der Regierung Renzi im Dezember stieß auf so vehementen Widerstand der Öffentlichkeit, daß sie für die Zukunft auf die Bail-in-Option verzichtete.

Die schlechten Aussichten auf staatliche Hilfen und die Angst vor einer Bail-in-Enteignung bewirkten einen Run der Einleger und Spekulanten auf italienische Banken, die beträchtliche Kapitalverluste verbuchen mußten. In den letzten sechs Monaten verlor die [i]Banca Intesa[/i] 25 Prozent, [i]Unicredit[/i] 36 Prozent und [i]Monte dei Paschi[/i] sogar 60 Prozent ihres Kapitals.

Der Gouverneur der [i]Bank von Italien[/i], Ignazio Visco, forderte am 30. Januar in einer Rede in Turin undiplomatisch eine Überprüfung der Bail-in-Regeln und ließ wissen, daß die italienische Finanzaufsicht die EU-Kommission gewarnt hatte, ein nachträgliches Bail-in-Verfahren würde eine gefährliche Gegenreaktion provozieren. Visco verwies auf eine Klausel in der EU-Abwicklungsrichtlinie (BRRD), die eine Überprüfung der Regeln erlaubt. Die Kommission reagierte darauf aber mit einer arroganten Erklärung, „eine Veränderung der BRRD“ sei „derzeit nicht geplant“. Die Richtlinie sei 2014 mit großer Mehrheit vom Europaparlament und mit einstimmiger Zustimmung der Mitgliedstaaten beschlossen worden, und es sei seit anderthalb Jahren bekannt, daß „ein Bail-in von Gläubigern die Steuerzahler schützen“ soll.

Die italienische Krise ist nur die sichtbare Spitze des Eisbergs des laufenden Zusammenbruchs des Finanzsystems, und dieser Streit war erst der Anfang.

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