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Helga Zepp-LaRouche: Amerika in das Neue Paradigma führen

[i]Den folgenden Vortrag, der per Videoschaltung aus Deutschland übertragen wurde, hielt Helga Zepp-LaRouche am 1. Oktober bei einem Seminar in Houston/Texas des LaRouche Political Action Committee/LPAC [/i]

Jeder, der die sich schnell verändernde strategische Lage betrachtet, die fast jeden Tag einen neuen unglaublichen Moment erzeugt, wird sich vermutlich fragen: Wohin wird es gehen? Da ist zunächst einmal die äußerst gefährliche Konfrontation, die von Seiten der Vereinigten Staaten und der NATO gegenüber Rußland entfacht wird. Als die Verhandlungen über einen Waffenstillstand zwischen US-Außenminister John Kerry und dem russischen Außenminister Lawrow zusammenbrachen - im Grunde, weil es bestimmte Kräfte in den Vereinigten Staaten gibt, die nicht wollten, daß er zustande kam -, warf uns dies zurück in eine potentielle Konfrontation zwischen dem Westen, vor allem den Vereinigten Staaten, und Rußland.

Diese Situation entspringt einem bestimmten Paradigma des Denkens. Sie ist eine Folge der Tatsache, daß die Vereinigten Staaten darauf bestehen, daß sie weltweit die Regeln bestimmen, und an einer unipolaren Welt festhalten, auch wenn diese faktisch gar nicht mehr existiert.
All dem zugrunde liegt die akute Gefahr eines Zusammenbruchs des Finanzsystems.

Der offensichtlichste Fall ist derzeit die Deutsche Bank. Die Deutsche Bank ist die größte nominell deutsche Bank - eigentlich ist sie gar keine deutsche Bank mehr, weil sie vor allem in London und an der Wall Street arbeitet. Sie hat Derivatanlagen im Umfang von 42 Billionen Dollar, mit sämtlichen anderen Großbanken als Gegenpartei, und auch diese Banken sind mit Derivaten überladen.

Die Deutsche Bank könnte untergehen. Ihre Aktie ist im vergangenen Jahr wie ein Stein gefallen - letzten Freitag fiel sie sogar zeitweise unter 10 Euro. An dem Punkt brach wirklich Panik aus. Alle Finanzmedien sagten, daß dies ein potentielles neues 2008 sei, der „Lehman Brothers-Moment der Deutschen Bank“. Und die Finanzmedien fingen an, den letzten Respekt vor Angela Merkel zu verlieren, weil sie vor einigen Tagen sagte, wenn es zur einer Krise bei der Deutschen Bank komme, dann werde es keinen Bail-out durch die Bundesregierung geben. Und das löste einen spekulativen Angriff aus, der alles nur noch schlimmer machte. Ein Finanzanalyst wurde heute in Bloomberg News zitiert, diese „Zombie-Banken“ würden schon bald eine „Zombie-Wirtschaft“ schaffen.

An diesem Punkt kommen zwei Krisen zusammen: eine strategische Krise, in der [US-Verteidigungsminister] Ash Carter in der vergangenen Woche amerikanische Luftwaffenstützpunkte besuchte. In Nord-Dakota, wo er B-52-Bomber inspizierte, die mit Atomwaffen bestückt werden können, sagte er: „Die Russen haben die Möglichkeit des Einsatzes von Kernwaffen erwähnt, aber selbst wenn es einen konventionellen Angriff gäbe, ist der Einsatz von nuklearen Waffen nicht undenkbar. Sie wurden seit 1945 nicht eingesetzt, aber man sollte sich nicht darauf verlassen, daß das so bleibt.“

Nimmt man nun diese beiden Dynamiken zusammen - 1. den neuen Kalten Krieg, der in Syrien kurz davor steht, in einen heißen Krieg überzugehen, der dann zu einer globalen Machtprobe zwischen dem Westen, Rußland und China führen würde, weil Rußland und China extrem eng verbündet sind, und 2. die finanzielle Kernschmelze, die viel schlimmer ist als 2008, weil die Zentralbanken ihre sogenannten „Werkzeuge“ verbraucht haben, das quantitative easing und Negativzinsen; sie sprechen von „Hubschraubergeld“, und das ist so ungefähr das Schlimmste, was es gibt - dann stellt sich offensichtlich die Frage: Gibt es irgendeine Hoffnung, daß die Zivilisation sich daraus wieder befreien kann?

[i]Der Ausweg[/i]

Ich denke, ja. Und für alle jene Leute, die normalerweise sagen, „Ach, man kann ja doch nichts machen, weil ,die da oben’ zu mächtig sind“, denen sollte eine jüngste Entwicklung wirklich beweisen, daß sie da vollkommen falsch liegen: Als vor einigen Tagen beide Kammern des US-Kongresses, der Senat und das Repräsentantenhaus, Obamas Veto gegen das JASTA-Gesetz überstimmten, da war das für alle eine gewaltige Überraschung - ich denke, sogar für uns.

Davor gab es ein 15 Jahre langes Ringen, in dem die Familien des 11. September mutig für die Veröffentlichung der „28 Seiten“ kämpften, und sie haben die US-Regierung unter Druck gesetzt, ihnen das Recht zu geben, Saudi-Arabien wegen seiner möglichen Beteiligung an den Anschlägen des 11. September - die nach der Freigabe der 28 Seiten ziemlich offensichtlich ist - zu verklagen.

Aber dann geschah in den letzten vier Wochen noch etwas anderes, was Obama vollkommen übersehen hat. Auch die Saudis haben es mit Sicherheit übersehen, und sogar das Repräsentantenhaus und der Senat waren überrascht.

Wir organisierten vier Aufführungen von Mozarts Requiem und vier afro-amerikanischen Spirituals, mit denen an den 15. Jahrestag der Anschläge des 11. September erinnert wurde, zu denen insgesamt rund 4000 Menschen kamen, um sich diese Konzerte anzuschauen und anzuhören, dazu viele weitere, die sie über das Internet live verfolgten oder später anschauten. Wenn man es gesehen hat, war offensichtlich, daß jeder, der an diesen Aufführungen teilgenommen hat, dadurch vollkommen verwandelt wurde. Die Menschen waren bis ins Innerste ihrer Seelen und ihrer Herzen bewegt. Viele der Angehörigen, Feuerwehrleute und Polizisten, die an diesen Konzerten teilnahmen, sagten, auch wenn sie seit 15 Jahren jedes Jahr an Gedenkfeiern teilgenommen hatten, hätten sie so etwas wie das, was sie beim Requiem erfuhren, noch nie erlebt.

Es ist äußerst wichtig, daß wir verstehen, was diese Konzerte bewirkt haben. Einige von Ihnen kennen vielleicht Friedrich Schiller und sein Schauspiel [i]Die Braut von Messina[/i]. Es hat eine wunderschöne Einleitung, mit dem Titel „Über den Gebrauch des Chors in der Tragödie“. Schiller meint damit nicht den Chor in der Musik, sondern den Chor in der griechischen Antike, der in den klassischen Dramen der Antike immer eine Rolle spielt. Er sagt dort:

„Die wahre Kunst aber hat es nicht bloß auf ein vorübergehendes Spiel abgesehen; es ist ihr Ernst damit, den Menschen nicht bloß in einen augenblicklichen Traum von Freiheit zu versetzen, sondern ihn wirklich und in der Tat frei zu machen, und dieses dadurch, daß sie eine Kraft in ihm erweckt, übt und ausbildet, die sinnliche Welt, die sonst nur als ein roher Stoff auf uns lastet, als eine blinde Macht auf uns drückt, in eine objektive Ferne zu rücken, in ein freies Werk unseres Geistes zu verwandeln und das Materielle durch Ideen zu beherrschen.“

Und es waren gerade diese Konzerte, welche die zusätzliche Inspiration, den Funken der absoluten Souveränität und die erhabene Kraft des Willens und den Mut gaben, den diese Angehörigen der Opfer dann selbst diesen abgehärteten Abgeordneten und Senatoren vermitteln konnten. Ich habe die Debatte im Kongreß live mitverfolgt, und ich muß sagen, einige dieser Senatoren haben recht überraschende Dinge gesagt. Und die Macht des Kampfs für die Gerechtigkeit, den die klassische Musik inspirierte, erwies sich als mächtiger als alle die Millionen Dollars von Saudi-Arabien und die ekelhaften Anwaltskanzleien und Werbeagenturen, die sie angeheuert hatten, um Druck auf den Kongreß auszuüben, damit Obamas Veto nicht überstimmt würde.

Das ist extrem wichtig, denn wie Lyndon LaRouche gestern sagte, müssen wir diese Qualität in den Kampf einführen, denn man kann den Kampf nicht gewinnen, wenn man auf der Ebene der pragmatischen Politik bleibt. Und LaRouche sagte außerdem, daß wir jetzt eine ganz neue Qualität des Strebens nach neuen wissenschaftlichen Entdeckungen brauchen, um wirkliche wissenschaftliche Durchbrüche in unserem Wissen über die wahre Identität des Menschen zu erreichen. Warum existiert die menschliche Gattung? Was ist unsere Rolle im Sonnensystem? Welche Bedeutung hat der Mensch in der Galaxis?

Das ist eine hochinteressante Forderung, daß wir eine vollkommen neue Definition finden müssen, was Wissenschaft eigentlich ist; denn Wissenschaft ist weder eine mathematische Formel noch irgendein pragmatischer Trick, sondern ein fundamentales Verständnis der Rolle des menschlichen Geistes im Universum. Das zeigt genau die Richtung, in der die nächsten wissenschaftlichen Durchbrüche erreicht werden müssen.

Genau das hat Nikolaus von Kues schon im 15. Jahrhundert gesagt, daß nämlich jeder neugeborene Mensch in seinem eigenen Geist praktisch die gesamte Geschichte des Universums rekapituliert, indem er die Kenntnisse der Menschheit bis zur Ebene der Kenntnisse seiner Zeit lernt, und auf der Grundlage dieses Wissens kann er dann den nächsten notwendigen Schritt zu einem Durchbruch bestimmen.

Das stellt die gesamte herkömmliche Vorstellung darüber in Frage, in welcher Weise die Wissenschaft Fortschritte macht. In diesem neuen Wissenschaftsverständnis besteht der wissenschaftliche Fortschritt nicht darin, daß jemand in seiner Garage irgendwelche kuriosen Erfindungen macht, dann bekommt er ein Patent auf diese Entdeckung, und irgendwie wird daraus ein Fortschritt der Wissenschaft. Nein, Cusa und im gleichen Sinne auch Lyndon LaRouche sagen: Der Mensch kann mit absoluter Sicherheit bestimmen, wohin die Menschheit gehen muß, wenn sie weiter existieren soll.

[i]Die Notwendigkeit des neuen Paradigmas[/i]

Was sind nun diese nächsten Schritte?

Wir brauchen ein neues Paradigma, und angesichts dessen, was ich zu Beginn über die beiden strategischen Krisen gesagt habe, die die Existenz der Zivilisation bedrohen, ist offensichtlich, daß dieses neue Paradigma die Geopolitik überwinden muß, und ebenso die Vorstellung, eine Nation könne ein legitimes Recht haben, ihre eigenen nationalen Interessen auf Kosten der übrigen Nationen zu verfolgen.

Statt dessen müssen wir als erstes von der Idee der einen, geeinten Menschheit ausgehen, von der wir uns in unseren Entscheidungen leiten lassen, und die nationalen Interessen kommen erst danach.

Dieses neue Paradigma, das dermaßen grundsätzlich verschieden ist von dem Paradigma, das heute die Welt einschließlich der Welt der Geopolitik beherrscht, erfordert eine Veränderung des Denkens, die ebenso groß oder sogar noch größer ist als die, die das Mittelalter und die Neuzeit voneinander trennte.

Vielleicht haben Sie etwas über das Mittelalter gelesen. Das 14. Jahrhundert war beispielsweise eine absolut schreckliche Zeit. Es gab die Pest, es gab den Hexenglauben, es gab Universitäten, die von der Scholastik beherrscht waren, vom Aristotelismus, die neuen Peripatetiker, und diese Methode war eine völlige Sackgasse des Denkens. Aus einer solchen Geometrie kann kein neues Wissen hervorgehen.

Das Lernen in jener Zeit an den Universitäten war in einem bestimmten Sinne dem ähnlich, was heute an den Universitäten gelehrt wird und auf Mathematik beruht, wie beispielsweise die Gesundheitsökonomie, was in Wirklichkeit eine Methode ist, Triage im Gesundheitssektor einzuführen: deduktives Denken, reduktionistische Prozesse und Prozeduren ohne jedes neues Wissen. Mit dieser Denkmethode kann man kein qualitativ neues Wissen schaffen.

[i]Cusanus wies die Axiome zurück[/i]

Was war also der Anfang, der wichtigste Schritt im neuen Paradigma der Neuzeit? Es war tatsächlich das Denken von Leuten wie insbesondere Nikolaus von Kues. Er wies die Axiome, die mit dem Mittelalter und der Scholastik und mit Aristoteles verbunden waren, ganz bewußt zurück. Und er sagte: Ich denke etwas, was bisher noch von keinem Menschen vor mir gedacht wurde. Er entwickelte die Methode des „Zusammenfallens der Gegensätze“, das war die Idee, daß das Eine von einer höheren Ordnung und einer höheren Mannigfaltigkeit ist als das Viele.

Nikolaus von Kues, der ein Kardinal im 15. Jahrhundert war, entwickelte diese Idee durch ein theologisches Argument, indem er sagte: Das Eine ist Gott, und das Viele - das Universum und alle geschaffenen Dinge - entwickelt sich aus dem Einen. Und deshalb muß man wie ein zweiter Gott denken, auch wenn man niemals wie Gott sein wird, aber man muß Gottes vis creativa, Gottes schöpferische Kraft, anwenden, und dann wird man zu einem zweiten Gott.

In seiner Schrift De Docta Ignorantia entwickelt er diese Ideen auf sehr eindrucksvolle Art und Weise, und wenn Sie sie noch nicht gelesen haben, dann gehen Sie bitte hin und lesen Sie dieses absolut bahnbrechende Werk. Es wurde sofort von diesen scholastischen Professoren an den Universitäten und im Klerus angegriffen, die sich vollkommen bedroht fühlten, und sie beschuldigten Nikolaus von Kues, ein Pantheist zu sein, denn wenn Cusa sage, Gott sei in allem und alles sei in Gott, dann sei dies Pantheismus - was natürlich nicht stimmt.

Joseph Wenck war einer von denen, die Cusa besonders heftig angegriffen haben, und nach einigen Jahren beschloß Cusa, auf seine Kritik zu antworten. Cusa sagte: Offensichtlich hat dieser arme Herr Wenck nicht verstanden, wovon ich spreche, daß es eine ganz andere Art des Denkens ist. Denn wenn man sich auf der Ebene des Aristoteles befindet, dann sieht man nur die Widersprüche, und man sieht die höhere Ebene der Vernunft nicht. Er sagte: Mein Denken, das Denken auf der Ebene der Koinzidenz der Gegensätze, ist etwa so - er verwendete diese sehr schöne pädagogische Beschreibung -: es ist so, wie wenn man auf einem hohen Turm steht und herabschaut, und wenn man hinabschaut, dann sieht man den Jäger, man sieht den Gejagten, und man sieht den Prozeß des Jagens. Der Aristoteliker hingegen ist entweder der Jäger oder der Gejagte, aber er sieht niemals den gesamten Prozeß.

Dann appelliert er an die Menschen, ihr Denken zu erheben und „die Mauer der coincidentia oppositorum“ zu überspringen, wie er es nennt. Gemeint ist eine Art intuitives Denken, es ist im Grunde jene Art des Denkens, die wir erreichen müssen; und damit einher geht die Fähigkeit, eine vollkommen neue Ebene der Beziehungen zwischen den Menschen und zwischen den Nationen zu erreichen und von der Menschheit als einer Gesamtheit auszugehen.

Ein Land schlägt nun ganz konkret vor, diesen Sprung auf der Grundlage dieses Denkens zu machen, und das ist China. Sie schlagen vor, die Beziehungen zwischen den Nationen auf eine neue Ebene anzuheben, auf die Ebene des Respektierens der vollkommenen Souveränität der anderen, der Verschiedenheit der Gesellschaftssysteme der anderen Länder und der Nichteinmischung. Das ist im Grunde das Gegenteil von dem, was Obama kürzlich in einem Artikel in der Washington Post schrieb, wo er sagte: „Die Vereinigten Staaten setzen die Regeln, und nicht China.“

[i]Die USA können eine positive Rolle spielen[/i]

Für die Vereinigten Staaten bedeutete dies, zur den Anschauungen von John Quincy Adams zurückzukehren, der seine Außenpolitik genau auf diese Idee gründete, daß die Vereinigten Staaten eine Republik sind, und daß sie ein Bündnis vollkommen souveräner Republiken haben sollten, mit Nichteinmischung und gegenseitigem Respektieren der Souveränität.

Unser wirtschaftlicher Vorschlag, daß die Neue Seidenstraße zur Weltlandbrücke werden muß, beruht natürlich auf genau dieser Art des Denkens: Man arbeitet zusammen bei internationalen Projekten zur Entwicklung aller Teile der Welt, aber man tut das mit vollkommener Wahrung der Souveränität des anderen, anstatt zu versuchen, das Wirtschafts- und Finanzsystem zu beherrschen.

Das würde beispielsweise bedeuten, daß die Vereinigten Staaten sich an einer solchen „Win-Win“-Perspektive beteiligen. Was würde das heißen? Würde es heißen, daß die Vereinigten Staaten eine Seidenstraße bekommen?

Die Vereinigten Staaten, die derzeit, was die Infrastruktur angeht, zerfallen, würden ein Netz von Hochgeschwindigkeitsbahnen bekommen, wie es China hat. Bis 2020 will China sämtliche größeren Städte durch ein Netz von Hochgeschwindigkeitsbahnen verbinden, die mit 450 km/h verkehren. Für die Vereinigten Staaten hieße dies unmittelbar den Bau von 50.000 bis 100.000 Meilen an Hochgeschwindigkeitsbahnen, die alle großen Städte miteinander verbinden, die Gründung einer Reihe neuer Städte, darunter auch Wissenschaftsstädte, und ganz allgemein die Beteiligung an einem vollkommen anderen Wirtschaftssystem, wie es Franklin D. Roosevelt mit dem New Deal getan hat - nur diesmal ausgerichtet auf das 21. Jahrhundert.

[i]Ein globales Glass-Steagall[/i]

Es würde auch bedeuten, daß man sofort etwas gegen den Bankrott des Finanzsystems unternimmt, indem man eine neue Finanzarchitektur in der Tradition von Roosevelt schafft. Dazu gehört auch ein globales Glass-Steagall-System. Das könnte der Welt viel schneller aufgezwungen werden, als man denkt, weil das ganze System zusammenbricht, wenn die Deutsche Bank bankrott geht.

Herr LaRouche und ich haben schon vor einigen Wochen vorgeschlagen, zu dem Modell der Deutschen Bank zurückzukehren, wie sie war, bevor Alfred Herrhausen 1989 ermordet wurde. Das hieße, die Deutsche Bank einer Insolvenzverwaltung zu unterstellen, um die hochkomplizierten Finanzderivate, durch die sie mit allen großen Banken weltweit verflochten ist, geordnet abzuwickeln. Die meisten dieser Derivate können nicht bezahlt werden, und deshalb muß man sie abschreiben.

Und dann muß man das richtige Geschäftsmodell in der Deutschen Bank schützen, d.h. den Teil, der sich mit den Geschäftsbankaktivitäten befaßt, und diesen Aspekt der Bank ausweiten, indem man ihn zum einzigen Geschäftsplan der Bank macht. Das hieße, eine Art lokales Glass-Steagall auf die Deutsche Bank anzuwenden. Angesichts der Größe der Deutschen Bank würde ein solcher Schritt sofort ein globales Glass-Steagall erforderlich machen, denn die Derivatanlagen sind so mit allen anderen Großbanken verflochten, daß das schlicht und einfach die einzige Alternative zu einem völligem Absturz ins Chaos wäre.

Es würde auch bedeuten, auf der Grundlage eines solchen globalen Glass-Steagall-Systems mit den nationalen Bankensystemen aller dieser souveränen Länder zusammenzuarbeiten. Wenn wir über die Weltlandbrücke sprechen, dann reden wir von Projekten, deren Realisierung 20, 30, 40 oder 50 Jahre dauern wird. Bei dem Tempo der Baumaßnahmen, das China in jüngster Zeit an den Tag legt, würde es wohl keine 50 Jahre dauern, aber wahrscheinlich 25.

Aber dazu brauchen wir auch Nationalbanken in allen beteiligten Ländern. Man müßte kompensieren, daß einige Länder sehr groß sind, wie etwa Rußland mit seinen elf Zeitzonen, aber nur wenig Bevölkerung, dafür jedoch große Rohstoffvorkommen haben. Andere Länder, wie die Slowakei, sind klein und landeingeschlossen, während wiederum andere Länder wie Eritrea sehr arm sind. Es gibt sehr viele Unterschiede, und man muß ein neues Kreditsystem schaffen, das diese Unterschiede berücksichtigt, denn die neuen Kredite, die diese Nationalbanken vergeben, können nicht zurückbezahlt werden, bevor die Investition das realisiert, was mit ihr erreicht werden soll, nämlich die notwendige Steigerung der Produktivität der Arbeitskraft und der Industrie in den beteiligten Ländern. Man braucht also Clearingstellen, die diese Unterschiede und die langfristigen und kurzfristigen Verpflichtungen ausgleichen.

Das ist dann ein neues Kreditsystem, eine Art Neues Bretton-Woods-System, das mit der Weltlandbrücke verbunden wäre. China hat dies mit der Forderung nach einer neuen Finanzarchitektur bereits vorgeschlagen, und es hat schon ein paralleles Bankensystem geschaffen, mit der AIIB, der Neuen Entwicklungsbank, dem Seidenstraßenfonds, dem Fonds für die Maritime Seidenstraße und der Bank der Shanghaier Kooperation. Das alternative System gibt es also schon, und wenn der transatlantische Sektor, Europa und die Vereinigten Staaten, ihre Kasinowirtschaft abschaffen würden, dann könnten sie sofort in dieses bereits existierende Finanzsystem integriert werden. Das ist also absolut möglich und erreichbar.

[i]Chinas Angebot weltweiter Entwicklung[/i]

Chinas Präsident Xi Jinping forderte auf dem G-20-Gipfel in Hangzhou Anfang September, daß die Weltwirtschaft künftig auf Innovation beruhen müsse. Mit „Innovationen“ sind, wie ich eben schon sagte, nicht bloß irgendwelche willkürlichen Neuerungen gemeint, sondern sie müssen fundamentale Bedürfnisse der Weltwirtschaft erfüllen.

Das bedeutet, nach Lyndon LaRouches Maßstäben der physischen Ökonomie, daß die Steigerung der Energieflußdichte die Grundlage dafür schaffen muß, das relative Bevölkerungsdichtepotential des Planeten zu steigern. Und das muß der wissenschaftliche Maßstab dafür sein, ob eine Innovation tatsächlich produktiv ist oder nicht. Viele der Innovationen, die jetzt eingeführt werden, betreffen Bereiche, die gar nicht produktiv sind, die neuen Innovationen müssen aber darauf ausgerichtet sein, die realen Prozesse im Universum zu verstärken.

Es ist hochinteressant, daß Xi Jinping die chinesischen Wissenschaftler aufgefordert hat, in vier Bereichen fundamentale Durchbrüche zu erreichen:

* 1. Die Evolution des Universums
* 2. Was sind die Entwicklungsgesetze des Universums?
* 3. Die Gesetze des menschlichen Geistes
* 4. Das Gesetz des Lebens: Was ist Leben? Wo kommt es her? Wie entsteht es?

All dies berührt die fundamentalen Fragen, wie es Lyndon LaRouche gestern gefordert hat. Und das ist offensichtlich die Richtung, in die wir gehen müssen.
Sie haben von Kesha Rogers und anderen schon viel gehört über die wundervolle Weltsicht Krafft Ehrickes, der den extraterrestrischen Imperativ als die notwendige nächste Phase in der Entwicklung der Menschheit gefordert hat.

Krafft Ehricke war ein enger Freund von uns, und insbesondere in seinen letzten Lebensjahren führte ich viele Gespräche mit ihm über den Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Kultur. Und er war absolut überzeugt, daß die Bemühungen des Schiller-Instituts ganz entscheidend sind, denn, wie er sagte, muß die ästhetische Erziehung des Menschen zum Fortschritt der Wissenschaften hinzukommen, weil Technologie an sich niemals gut oder schlecht ist, sondern es nur der Mensch ist, der sie zu einem guten oder schlechten Zweck verwendet. Deshalb sei die entscheidende Frage, daß wir die menschliche Gattung veredeln, und genau darum geht es bei der ästhetischen Erziehung.

Deshalb legen wir so großes Gewicht auf die Schönheit, und darauf, daß Kunst schön sein muß. Denn nur dann kann sie die Seelen der Menschen veredeln. Schiller sagt, die Schönheit ist sehr wichtig, weil sie sowohl eine Qualität der Sinne ist, weil die Schönheit mit den Sinnen wahrgenommen wird, aber auch dem Bereich der Vernunft angehört; denn was Schönheit ist, ist keine Frage der Erfahrung, sondern eine Frage der Bestimmung durch den Geist, die Vernunft.

Deshalb, sagt Schiller, müssen wir die Gefühle erziehen; sie sind mit den Sinnen verbunden, aber nicht identisch mit ihnen. Wir müssen diese Emotionen so erziehen, daß sie die Ebene der Vernunft erreichen, damit der Mensch blind dem folgen kann, was ihm seine Gefühle sagen, ohne dabei die Kontrolle über sich selbst zu verlieren oder auf eine niedrigere Ebene abzurutschen.

Deshalb, sagte er, müssen wir alle Menschen dazu erziehen, schöne Seelen zu werden, so daß die Menschen blind ihren Instinkten folgen können, weil ihre Instinkte ihnen niemals etwas sagen würden, was nicht von der Vernunft geleitet ist, und deshalb Freiheit und Notwendigkeit, Gefühl und Vernunft das gleiche werden.
Ich denke, eine solche emotionale Entwicklung ist der einzige Weg, wie der Mensch die Erfordernisse des extraterrestrischen Imperativs meistern kann, denn wenn der Mensch nicht edler und besser wird, dann glaube ich nicht, daß wir es schaffen.

Deshalb fügte Schiller zu der Frage der Schönheit noch die des Erhabenen hinzu. Das Erhabene ist diejenige Eigenschaft, die dem Menschen gewissermaßen Größe verleiht, selbst dann, wenn er mit Tragödien und Katastrophen konfrontiert ist, weil er seine Identität mit einer höheren Sache und höheren Prinzipien verbindet als jenen, die sein sterbliches Leben bedrohen. Und ich denke, es ist diese Qualität des Erhabenen, die durch große klassische Kunst hervorgerufen wird, so wie wir es in der Kraft sehen, die durch die Konzerte entfesselt wurde, die zu diesem großen Durchbruch in dem Kampf im Kongreß geführt hat.

Diese Art des Denkens ist notwendig, um jene Durchbrüche zu schaffen, die Lyn [Lyndon LaRouche] verlangt. Nikolaus von Kues sagte, die einzigen Menschen, die zu Durchbrüchen der notwendigen Art fähig sind, sind diejenigen, die auf der Ebene der coincidentia oppositorum, des Zusammenfallens der Gegensätze denken, denn nur wenn man auf dieser Ebene denkt, hat man das, was Lyndon LaRouche als „Vorahnung“ bezeichnet. Nikolaus sagt, die Person, die eine Entdeckung macht, muß bereits im voraus wissen, wonach sie sucht, denn wenn man etwas entdeckt, ohne zu wissen, wonach man sucht, dann weiß man nicht, ob das, was man gefunden hat, das richtige ist.

Um diese Art der schöpferischen Intuition muß es uns hier gehen. Es ist die gleiche emotionale und geistige Qualität, die man braucht, um klassische Gedichte zu schreiben oder um eine wissenschaftliche Endeckung zu machen, das alles kommt aus der gleichen Fakultät Ihres Geistes. Und wir müssen die gesamte Bevölkerung so erziehen, daß sie die gegenwärtige pragmatische oder sogar satanische Freude im Hier und Jetzt, die Lust der Sinne oder bloß erniedrigende Formen der Unterhaltung zurückweisen. Wir müssen die Menschen dazu bringen, daß sie die Süßigkeit des Denkens als schöpferische Menschen schmecken, denn das ist der einzige Weg, auf dem die Menschen wirklich menschlich werden.

Und ich habe eine wunderschöne Vorstellung, was das neue Paradigma sein kann. Stellen Sie sich nur einmal vor, wir brächten die besten Köpfe aller Kulturen in allen Nationen dazu, daß sie sich in Liebe und Bewunderung der schöpferischen Kräfte des jeweils anderen aufeinander beziehen, so wie die größten Weltraumwissenschaftler zusammenarbeiten, oder die Astronauten, die übereinstimmend berichten, mit welcher Sichtweise man aus dem Weltraum auf unseren Planeten herabschaut. Die Idee, daß die Menschen sich so aufeinander beziehen wie in den Beziehungen zwischen Einstein und Planck oder zwischen Schiller, Körner oder den Humboldt-Brüdern. In gewissem Sinn müssen wir für eine solche Art der Menschheit kämpfen, in der die Menschen sich gegenseitig wegen ihrer schöpferischen Kräfte respektieren und lieben und keine größere Leidenschaft haben, als die schöpferischen Fähigkeiten ihrer Zeitgenossen und ihrer Mitmenschen zu fördern.

Und ich denke, wir stehen kurz davor. Ich denke, daß wir mit diesem jüngsten Sieg die Macht zum Guten demonstriert haben, und ich denke, wir müssen das absolut weiter vorantreiben. Dann ist der Sieg in Reichweite.

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