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Die Geopolitik ist ein Auslaufmodell - der Schicksalsgemeinschaft gehört die Zukunft!

von Helga Zepp-LaRouche

Es gibt wirklich gute Nachrichten: Die Präsidenten der drei wichtigsten Nuklearmächte der Welt arbeiten intensiv daran, die Beziehungen zwischen ihren Nationen zu verbessern und auf eine solide Basis der Kooperation im gegenseitigen Interesse zu stellen. Man sollte eigentlich denken, daß diese Entwicklungen mit Begeisterung in Europa kommentiert würden, bedeuten sie doch, daß die Gefahr eines großen, die Menschheit möglicherweise auslöschenden Krieges damit gebannt werden könnte. Aber weit gefehlt, statt dessen haben diese drei Präsidenten dieser Tage eines gemeinsam: sie werden von den Mainstream-Medien gleichermaßen, wenn auch mit verschiedenen Prädikaten, als furchterregende Buhmänner geschmäht - als geistig instabil, als neuer Stalin, als Diktator. Schuld an dieser verzerrten Optik ist die geopolitische Brille.

Weniger als zwei Wochen vor seiner Asienreise, die Präsident Trump nach Japan, Südkorea, in die Philippinen, Vietnam und zu einem zweitägigen Staatsbesuch nach China führen wird, betonte Präsident Trump in einem Interview mit Lou Dobbs im Fernsehsender Fox News, daß es großartig wäre, wenn die USA ein gutes Verhältnis zu der Atommacht Rußland hätten, dies würde die Lösung der Nordkorea-Krise sehr erleichtern. Trump, den das geheimdienstlich inszenierte Märchen von „Russiagate“ gerade in diesem Punkt einschüchtern sollte, betonte: „Wenn wir eine Beziehung zu Rußland hätten, dann wäre das eine gute Sache, und nicht eine schlechte Sache.“

Trump berichtete weiter, er habe soeben mit Präsident Xi Jinping telefoniert und ihm zu seiner Wiederwahl als Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) gratuliert: „Er ist ein mächtiger Mann. Und ich denke, daß er ein sehr guter Mensch ist. Um es auf den Punkt zu bringen: er repräsentiert China, ich repräsentiere die USA. Selbstverständlich wird es immer Probleme geben. Aber wir haben ein sehr gutes Verhältnis, manche sagen, daß wir das beste Verhältnis haben, daß es zwischen zwei Präsidenten gibt.“ Seine kommende Reise nach Asien werde hoffentlich historisch und sehr positiv werden, schloß Trump.

Angesichts der neuen Ära, die von China auf dem gerade beendeten 19. Kongreß der KPC weiter konsolidiert wurde, besteht dazu allerdings berechtigte Hoffnung. Denn von westlichen Kommentatoren weitgehend ignoriert oder mißverstanden, hat Präsident Xi Jinping mit den verschiedenen Aspekten vor allem seiner Außenpolitik die Weichen für ein neues Modell der internationalen Beziehungen gestellt, die „Gemeinschaft für die eine Zukunft der Menschheit“, für deren Erfolg China eine globale Verantwortung übernehmen will.

In den westlichen Medien fand dieses Konzept keinerlei Beachtung, statt dessen fokussierte man lieber auf den angesichts seiner soeben auf fünf Jahre erfolgten Wiederwahl unwichtigen Umstand, daß Xi keinen sichtbaren Nachfolger präsentiert habe. Hegels in der „Phänomenologie des Geistes“ erwähnter Kammerdiener sieht eben immer nur die Unterkleider des welthistorischen Individuums, in dessen Diensten er steht, nicht aber die Ideen, die seinen Herrn beflügeln. Offensichtlich kategorisieren die Medienvertreter dieses Konzept der „Schicksalsgemeinschaft der Menschheit“ ebenso als Propaganda, wie es zum Sprachgebrauch der westlichen Parteien gehört, stets die Verpflichtung auf „Demokratie, freie Marktwirtschaft und Menschenrechte“ zu betonen - es gehört eben zum Kanon des Clubs, aber es sind eigentlich nur Floskeln.

Ganz anders allerdings für Xi Jinping und die KPC, die sich soeben voll und ganz hinter seine Philosophie dieser globalen Schicksalsgemeinschaft gestellt hat. Das eigentliche Ziel der Politik der Neuen Seidenstraße ist es genau, diese höhere Ebene der Vernunft zu schaffen, auf der die wirtschaftliche Kooperation zum gegenseitigen Vorteil, die „Win-Win-Kooperation“, die Geopolitik überwindet und das Interesse der Menschheit als Ganzer vor das Interesse der Nation oder der Allianz von Nationen stellt.

In den letzten Jahren hat Xi Jinping in seinen Reden oftmals das „alte, überholte Modell“ des Westens thematisiert, das die Welt aus geopolitischer Sicht mit einer Mentalität des Kalten Krieges und als Null-Summen-Spiel betrachtet, was von vielen chinesische Gelehrten debattiert wurde. Dem setzte Xi ein völlig neues Konzept entgegen, nämlich die Idee der einen Schicksalsgemeinschaft der Menschheit.

Von diesem Blickwinkel aus gesehen, ergibt sich in der Tat eine Perspektive, aus der alle Probleme auf dieser Erde von einer höheren Ebene her zu lösen sind. Damit ist die rückwärts gerichtete, imperiale Sichtweise Churchills, daß es keine ewigen Freunde oder Feinde gibt, sondern nur permanente Interessen, ebenso überwunden wie die - trotz aller Sympathie zu der Person - in diesem Punkt begrenzte Überzeugung De Gaulles, daß Nationen keine Freunde, sondern nur Interessen haben.

Die Idee der Gemeinschaft für die eine Zukunft der Menschheit hingegen entspricht dem Denken von Nikolaus von Kues, der Coincidentia Oppositorum, des „Zusammenfallens der Gegensätze“, der Idee, daß der Mensch eine höhere Ebene der Vernunft denken kann, auf der die Widersprüche auf der niederen Ebene des Verstandes aufgehoben werden können, oder anders ausgedrückt, daß das Eine eine höhere Mächtigkeit besitzt, als das Viele. Vom Standpunkt der Universalgeschichte ist es offensichtlich, daß die Realisierung der gemeinsamen Ziele der Menschheit das Zeitalter bestimmen wird, in dem die menschliche Gattung sozusagen erwachsen wird und ihren wahren Charakter als kreative Gattung demonstriert.

Ebenfalls dank der Arroganz westlicher Politiker und Medien weitgehend unbemerkt wurde Xi Jinpings Konzeption der gemeinsamen Zukunft der Menschheit bereits am 23. März dieses Jahres von der 34. Sitzung der UN-Menschenrechtskommission als offizielle Resolution beschlossen, also gewissermaßen in das internationale Völkerrecht aufgenommen.

Während die meisten Staaten Asiens von der Dynamik der Neuen Seidenstraße erfaßt sind und sich strategische Neuausrichtungen von dieser Perspektive ergeben, wie zum Beispiel die Annäherung Japans an Rußland und China, kommentieren westliche Medien diese Entwicklungen mit dem schon erwähnten Knick in der Optik. Der japanische Außenminister Taro Kono sagte in einem Interview gegenüber der Tageszeitung Nikkei, er wolle anläßlich des bevorstehenden Besuchs von Trump einen Dialog zwischen Japan, den USA, Indien und Australien auf höchster Ebene initiieren, um so die Zusammenarbeit in Fragen des Freihandels und der Sicherheit für den gesamten Raum vom Südchinesischen Meer über den Indischen Ozean bis nach Afrika verbessern zu können. Die Deutsche Welle meint, darin eine Alternative zu Chinas OBOR-Politik erkennen zu können.

Und was sagt der indische Foreign Secretary S. Jaishankar gegenüber Sputnik dazu? „Ich denke nicht, daß es der Sache gerecht wird, unsere Zusammenarbeit als Konkurrenz zu China zu bezeichnen. Es ist wichtig, die indisch-japanischen Beziehungen nicht in negativer Weise zu bezeichnen. Nicht jeder Film braucht einen Bösewicht. Asien, und insbesondere Südasien, ist so wenig ausgebaut, daß der Ausbau jeglicher Konnektivität gut ist, solange sie auf umfassenden Prinzipien beruht, nachhaltig ist und lokalen Sensitivitäten entspricht.“ Sputnik führt aus, daß Japan in den nächsten fünf Jahren 110 Milliarden Dollar in asiatischen Staaten investieren und Indien sich bei Konnektivitätsprojekten in Myanmar und Bangladesch beteiligen und mit Japan gemeinsam die Andamanen- und Nikobaren-Inseln entwickeln wolle. Jaishankar betonte, angesichts des enormen Defizits an Infrastruktur mache es Sinn, zusammenzuarbeiten, anstatt sich untergraben zu wollen.

Geopolitisch denkende Kommentatoren halten es für entscheidend, daß in Südasien nicht von der mit China assoziierten „Gürtel und Straßen-Initiative“ gesprochen wird, sondern vom Ausbau der „Konnektivität“. Praktisch gesehen ist es für die dort lebenden Menschen wichtig, daß sie durch die neuen Finanzinstitutionen wie die AIIB, den New Development Fund, den New Silk Road Fund, den SAARC Development Fund und ähnliche Institutionen endlich die Kredite für Infrastrukturinvestitionen erhalten, die ihnen zuvor IWF und Weltbank verweigert haben. „Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke“, heißt der Titel einer von EIRpublizierten Studie, und sie wird alle Kontinente infrastrukturell verbinden und die landeingeschlossenen Regionen mit den gleichen Standortbedingungen ausstatten, wie es bisher nur für die an Ozeanen oder Flüssen gelegenen Regionen der Fall war.

Die gute Neuigkeit ist, daß die Mehrheit der Menschheit sich in eine bessere, schönere Ära entwickelt, die schlechte Nachricht ist, daß die meisten europäischen Politiker und Medien im alten überholten Denken verharren und weit hinter die Kurve der Entwicklung zurückgefallen sind.

Aber, wie das Motto der Neuen Solidarität schon sagt: „Nun kommt die Schillerzeit!“