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Xi Jinping, die ästhetische Erziehung und Afrika - und die tiefe moralische Krise des Westens

Von Helga Zepp-LaRouche

Während das politische Establishment in Europa immer noch meint, im Besitz der allein seligmachenden Weisheit zu sein, was die angebliche Überlegenheit der „westlichen Werte“ angeht, haben mehr und mehr sogenannte „normale Bürger“ längst gemerkt, daß es eine immer tiefere Kluft gibt zwischen der offiziellen Darstellung der Ereignisse durch Politik und Medien, und der Realität, wie sie sich in den verschiedensten Aspekten des Lebens darstellt. So manchen beschleicht die Ahnung, daß die negative Medienberichterstattung über China und die Neue Seidenstraße vielleicht auch Fake News sind. In der Tat haben wir es bei den sogenannten „westlichen Werten“ und dem Konzept der „Neuen Seidenstraße“ mit dem Aufeinanderprallen zweier diametral entgegengesetzter Wertvorstellungen und einem völlig unterschiedlichen Menschenbild zu tun.

Seitdem sich China seit rund zehn Jahren und verstärkt in den letzten fünf Jahren im Rahmen seiner Seidenstraßen-Initiative in vielen Infrastrukturprojekten engagiert, u.a. Eisenbahnlinien, Industrieparks, Wasserkraftwerke und Industrialisierung der Landwirtschaft in Afrika, hat viele afrikanische Staatschefs ebenso wie die Bevölkerung ein völlig neues Selbstbewußtsein erfaßt: Sie sehen zum ersten Mal die realistische Chance, Armut und Unterentwicklung in absehbarer Zukunft zu überwinden. Dank der chinesischen Hilfe setzen sich eine ganze Reihe afrikanischer Staaten das Ziel, mittelfristig einen sehr guten Lebensstandard für die gesamte Bevölkerung zu erreichen.

Am Vorabend des FOCAC-Gipfels (Forum on China-Africa Cooperation), zu dem 53 afrikanische Staats- und Regierungschefs in Beijing erwartet werden, gab der Botschafter Ghanas in China, Edward Boateng, in einem Kommentar in Global Times dem Geist der Neuen Seidenstraße Ausdruck, der den afrikanischen Kontinent erfaßt hat: „Die Chinesen sind überzeugt, daß es für ein Land wie Ghana möglich ist, innerhalb einer Generation in eine technologisch entwickelte, moderne Volkswirtschaft transformiert zu werden.“

Boateng hat in dem einen Jahr, seitdem er in China akkreditiert ist, mehr als 16 Provinzen und viele Städte besucht, um den Erfolg des „chinesischen Wirtschaftswunders“ zu studieren und um dann in dem GT-Kommentar das Resümee zu ziehen: „Ich glaube, daß Ghana China als Spiegel benutzen kann, um widerzuspiegeln, wie wir einen ähnlich erfolgreichen Entwicklungsweg einschlagen können. Dabei betone ich vor allem, daß China in ein bedeutendes wirtschaftliches und technologisches Powerhouse transformiert worden ist, und wie es gleichzeitig in der Lage war, klare Aspekte seiner reichen Kultur zu erhalten.“ Boateng unterstrich, daß dazu der Aufbau einer starken Industriebasis, Investitionen in das menschliche Kapital, eine verbreitete Disziplin, eine ernsthafte Herangehensweise an die Lösung von Problemen auf allen Ebenen, unermüdliche Innovation, Wirtschaftswachstum und der Ausbau von Infrastruktur beigetragen haben, und daß eine aufgabenbezogene Disziplin und ein Vertrauen in die traditionellen kulturellen und humanistischen Werte zu der Geisteshaltung gehören, von deren Inspiration Ghana sehr profitieren könne. Er erinnerte daran, daß Ghana als erstes afrikanisches Land das Joch des Kolonialismus abgeworfen habe und dessen Gründungspräsident, Dr. Kwame Nkrumah, der Vater des Panafrikanismus gewesen sei, der sich tief in das Bewußtsein Afrikas und der Afrikaner eingegraben habe.

Kolonialistisches Denken im Westen

Natürlich hätten die Europäer seit langem und wie China jetzt seit zehn Jahren den afrikanischen Kontinent infrastrukturell und industriell entwickeln können. Was sie daran hinderte, war ein Fortbestehen des kolonialistischen Denkens, wie es in den brutalen Kreditauflagen des IWF und der eine Entwicklung unterdrückenden Politik der Weltbank zum Ausdruck kam. Während China und die afrikanischen Staaten die sie tief verbindende Freundschaft betonen, scheinen die wenigen Europäer, die allmählich angesichts der gigantischen Veränderungen in Afrika aufwachen, aber bestenfalls Sorge zu haben, daß China und andere asiatische Staaten sich den Zugang zu Afrikas Rohstoffen sichern.

Der deutsche Entwicklungsminister Müller kritisierte während seiner jüngsten Afrikareise, die ihn durch sieben Staaten führte, die Afrikapolitik der EU und der deutschen Regierung, die bisher nur darin bestanden habe, Mauern gegen die Flüchtlinge zu errichten: „In den nächsten zehn Jahren wird in Afrika mehr gebaut als in ganz Europa in den letzten hundert Jahren“, betonte Müller. In Mosambik habe er gesehen, über welch große Ressourcen dieser Kontinent verfüge, die Chinesen, Indien, Japan und die Amerikaner seien schon hier, nur die Deutschen nicht, die viele Chance liegen ließen.

Bundeskanzlerin Merkel, die zur gleichen Zeit Senegal, Nigeria und Ghana bereiste, wo sie mit Müller zusammentraf, hatte dort nach einem Treffen mit Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo die plötzliche Erkenntnis, daß die EU nur eine wohlhabende Zukunft haben werde, wenn man die Frage der Migration und die Frage einer Partnerschaft mit Afrika „managen“ könne; sie glaube nicht, daß der Zusammenhalt der EU andernfalls garantiert werden könne.

Nun bleibt aber zu sehen, was dieses „Managen“ konkret bedeutet, und ob es über die zynische bisherige Politik, nur Abkommen mit afrikanischen Regierungen über den Stopp der Migration und den Bau von Lagern, die Papst Franziskus schon mit Konzentrationslagern verglichen hat, hinausgeht. Wenig Gutes verheißt der jüngste Vorschlag des Sonderbeauftragten der deutschen Regierung für afrikanische Angelegenheiten, Günter Nooke, der allen Ernstes einen neuen Kolonialismus vorschlägt (Reuters, 29.8.): „Warum schafft man da nicht Sonderentwicklungszonen, in denen die Staaten für 50 Jahre ihre Hoheitsrechte abgeben und vielleicht die EU den Rechtsrahmen für Investitionen von Firmen aus dem Ausland garantiert?”

Noch ungeheuerlicher ist allerdings der Artikel „Auf dem Weg nach ,Eurafrika’“ im Bayernkurier vom 26. August, der im wesentlichen die absolut horrenden Thesen des jüngsten Buchs von Stephen Smith La Ruée vers L’Europe („Ansturm auf Europa: Das junge Afrika auf dem Weg zum Alten Kontinent“) nachleiert. Afrika erlebe das „rasendste Bevölkerungswachstum“, das die Welt je gesehen habe, es gebe eine „Bevölkerungsexplosion“ und einen „Jugendüberschuß“; mit ihrer Entwicklungshilfe „schießen sich die reichen Länder selbst ins Bein“, wird Smith zitiert, „indem sie den armen Ländern helfen, die Wohlstandsschwelle zu erreichen, die den Menschen erlaubt, sich überhaupt auf den Weg zu machen, schütten sie eine Prämie auf die Migration aus.“ Für die „Rückkehr zum Protektorat“ (so wie es auch Nooke fordert), in der er die einzige Möglichkeit sieht, die „Migranten-Sturmflut“ abzuwehren, sieht er durchaus Ansätze in den EU-Bemühungen um Verträge mit afrikanischen „Diktatoren“.

Offensichtlich ist sich der Bayernkurier knapp sieben Wochen vor der Landtagswahl nicht zu schade, ganz im Geiste Björn Höckes mobil zu machen. Also mit anderen Worten: Entwicklungshilfe geschweige denn Investitionen sollen unterbleiben, die Menschen lieber arm bleiben und möglichst früh sterben. Und mit diese „christlichen Werten“ will der Bayernkurier Wahlhelfer für die CSU sein?

Ganz anders dagegen die führende Nachrichtenagentur Chinas, Xinhua, die am 31. August als die Top-Meldung des Tages berichtete, daß Präsident Xi Jinping in einem Brief an die Professoren der Chinesischen Akademie der Schönen Künste (CAFA) die Bedeutung der ästhetischen Erziehung für die gesunde physische und geistige Entwicklung der Jugend betont habe. Die ästhetische Erziehung spiele eine wichtige Rolle in der Ausformung eines schönen Geistes, einer schönen Seele.

Auch wenn die Scheinwelt, die die Mainstream-Medien in Deutschland aufrecht zu erhalten suchen, es nie vermuten ließe: Die Welt bewegt sich mit schnellen Schritten in die Richtung, die Lyndon LaRouche und die mit ihm verbundene Assoziation seit Jahrzehnten zu verwirklichen sucht. So verwirklicht China heute die Politik, die wir schon 1980 in einem Buch zur Industrialisierung Afrikas veröffentlicht und seitdem in vielen Konferenzen präsentiert haben, u.a. im Landtagswahlkampf der BüSo 2009 mit dem Slogan: „Hessens Zukunft liegt in Afrika!“

Und die Betonung der ästhetischen Erziehung durch Präsident Xi beweist auch die Richtigkeit der These der Autorin in einer Rede in New York im April 2017, daß es eine große Affinität zwischen dem Menschenbild und der Methode der ästhetischen Erziehung zwischen Konfuzius und Friedrich Schiller gibt. Der Unterschied besteht darin, daß China seine klassische Tradition hoch hält, während wir uns in Deutschland weit von unserer klassisch-humanistischen Kultur entfernt haben. Aber vielleicht ist es ja noch nicht zu spät - wir müssen nur Nikolaus von Kues, Kepler, Leibniz, Bach, Beethoven, Schiller, von Humboldt, um nur einige zu nennen, im Geist und in den Seelen unserer Jugend lebendig werden lassen und mehr Betonung auf ihre ästhetische Erziehung legen als auf Karriere, möglichst viel Geld zu verdienen, und die Befriedigung aller Begierden im Hier und Jetzt. Wenn Sie, verehrter Leser, diesen Zeilen beipflichten können, dann sollten sie bei der BüSo aktiv werden.