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Unruhen und Chaos in Europa: Die Neue Seidenstraße zeigt den Ausweg

Von Alexander Hartmann

Obwohl Frankreichs Präsident Macron am 10. Dezember in einer Reihe von Punkten den Forderungen der „Gelbwesten“ nachgegeben hat, gehen die Proteste nicht zurück. Macron überstand zwar ein Mißtrauensvotum der linken Parteien im Parlament, aber es sind weitere Demonstrationen geplant.

Helga Zepp-LaRouche kommentierte diese Entwicklungen am 12. Dezember im Internetforum des Schiller-Instituts: „Das zeigt wirklich, daß das ganze neoliberale Paradigma nicht mehr funktioniert.“ Macrons Kapitulation vor den Gelbwesten habe große Aufregung ausgelöst, beispielsweise in Italien, das von Macron und Brüssel unter Druck gesetzt wird, nicht gegen die Regeln des Stabilitätspaktes für das Haushaltsdefizit zu verstoßen. Die italienische Regierung hatte in ihrem Haushaltsentwurf ein Defizit von 2,4% vorgesehen, die EU verlangte jedoch ein Defizit von höchstens 2%. „Aber dann haben sie schnell ausgerechnet, daß wenn Macron alle die Versprechungen erfüllt, die er vor zwei Tagen in seiner Rede gemacht hat, nämlich, den Mindestlohn anzuheben, die Renten anzuheben und die Steuererhöhungen zurückzunehmen, daß dann das Haushaltsdefizit [in Frankreich] auf 3,4% ansteigen würde - und das würde sogar gegen die Maastrichtkriterien verstoßen, die höher sind als die des Stabilitätspaktes. Das bedeutet, daß nun alle Länder, die darunter gelitten haben, die von der EU unter Druck gesetzt wurden, diese verrückten Sparmaßnahmen durchzusetzen, sich bestärkt fühlen werden.“

Aber auch die neoliberalen Medien seien „völlig durchgedreht“. So habe die konservative Zeitung Die Welt geschrieben: „Der Präsident macht Frankreich zum neuen Italien“ und beklagt, daß Emmanuel Macron nun kein Partner mehr bei der Euro- und Europa-Rettung sei, sondern ein „Risikofaktor“, dem die Zeitung „Appeasement“ gegenüber den Gelbwesten vorwarf.

Auch die britische Premierministerin Theresa May mußte sich am 12. Dezember einem Mißtrauensvotum stellen - in ihrer eigenen Partei. Sie überstand es zwar, mit 200 zu 117 Stimmen, aber sie mußte versprechen, den Parteivorsitz noch vor der für 2022 geplanten nächsten Parlamentswahl niederzulegen. Wenige Tage zuvor hatte sie die Abstimmung über ihren „Pseudo-Brexit“ absagen müssen, weil ihr Plan, wie sie selbst zugeben mußte, gescheitert wäre. Viele Beobachter hatten zuvor gewarnt, daß es ihr sehr schwer fallen werde, sich an der Macht zu halten, wenn mehr als 100 Tories gegen sie stimmen. Genau genommen ist Mays Position nur noch dadurch gesichert, daß derzeit niemand ihren Posten haben will, da es keinen Ausweg aus der Sackgasse gibt, in die sie das Land geführt hat.

„Das Brexit-Votum war eine Rebellion gegen die Durchsetzung der EU-Politik, die Austeritätspolitik, und wenn man sich die unglaubliche Armut in Großbritannien ansieht, die schrecklichen Zustände im Gesundheitssystem - nichts davon hat sich gebessert, im Gegenteil“, kommentierte Helga Zepp-LaRouche. „Als May in den letzten Tagen nach Holland fuhr, nach Berlin, nach Brüssel, schrieben einige Zeitungen, sie ,bettelt die EU an’, die Bedingungen zu ändern, aber von der EU und von den anderen Regierungen, die sie besuchte, bekam sie ein glattes Nein. Der Brexit hängt also vollkommen in der Luft.“

Sie betonte: „Wenn es zu einem ungeordneten Brexit kommt, dann ist die Frage, was dann mit den Derivatemärkten in der Londoner City geschieht... Man sollte sich wirklich klarmachen, wenn sich der Krach von 2008 wiederholt, daß alle Instrumente der Zentralbanken verbraucht sind und die Gefahr besteht, daß wir im Chaos versinken.“

Bewegung für die Neue Seidenstraße wächst

Aber während die bisherigen Säulen der Europäischen Union - Frankreich, Großbritannien, Deutschland - mit unglaublichem Tempo auseinanderbrechen, wächst die Bewegung für die Neue Seidenstraße mit ebenso unglaublichem Tempo. Es ist offensichtlich, daß das eine die Lösung für das andere bietet. Immer mehr Stimmen weisen darauf hin, daß Chinas Modell der wirtschaftlichen Entwicklung 800 Millionen Menschen aus der Armut geführt hat und dieser Prozeß sich nun durch Chinas Seidenstraßen-Initiative auf die übrige Welt ausbreitet, während die Europäische Union in wirtschaftlichem Niedergang, sinkenden Löhnen und politischem Chaos versinkt.

Zwei neue Studien untermauern diesen Kontrast:

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) veröffentlichte Ende November ihren Global Wage Report für 2017, aus dem hervorgeht, daß das Wachstum der Löhne weltweit auf den niedrigsten Stand - fast Null - seit 2008 gesunken ist, obwohl es, vor allem aufgrund der Gürtel- und Straßen-Initiative, in den Schwellenländern 4,3% erreichte. In Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien sind die Löhne sogar gesunken - mit ein Grund, warum sich Italien und Spanien nun der Neuen Seidenstraße anschließen wollen.

Auf der anderen Seite vermeldet eine Studie von Aid Data am College of William and Mary (in Williamsburg/Virginia) über „Chinas Infrastrukturprojekte und die Verteilung der wirtschaftlichen Aktivität in den Entwicklungsländern“, daß im Gegensatz zu der wachsenden Einkommensschere, die sich als Folge vieler westlicher Investitionsprojekte im Entwicklungssektor ergab, „Chinas Entwicklungsprojekte im allgemeinen und vor allem chinesische Verkehrsprojekte die wirtschaftliche Ungleichheit innerhalb und zwischen den subnationalen Lokalitäten reduzierten“. Dadurch seien „wirtschaftliche Übertragungseffekte“ erzeugt worden, „die zu einer gleichmäßigeren Verteilung der wirtschaftlichen Aktivität führten“. Die Studie wurde von den UN, dem Bildungsministerium von Singapur, USAID und verschiedenen Stiftungen in den USA und Europa finanziert.

Überall auf der Welt finden inzwischen Konferenzen statt, auf denen für die Gürtel- und Straßen-Initiative geworben wird - bis zu einem Dutzend pro Woche. Die Behauptungen über Chinas angeblichen „Imperialismus“ und seine „Schuldenfalle“ verfangen nicht.

Wie attraktiv das „chinesische Modell“ im Kontext der Krise der EU geworden ist, zeigen die Beispiele Portugal und Italien.

Während des Besuches des chinesischen Präsidenten Xi Jinping am 4.-5. Dezember vereinbarte Portugal als erstes EU-Mitgliedsland mit China ein Memorandum über die „Zusammenarbeit im Rahmen des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße und der Maritimen Seidenstraße“. Offene und verdeckte Drohungen aus Brüssel, das keine Beteiligung der EU-Mitgliedstaaten an der BRI will, konnten dies nicht verhindern.

Die beiden Regierungen sind sich darin einig, daß Portugal ein Hauptumschlagspunkt für den Handel und besonders für den Seehandel zwischen China und Europa werden soll. Sehr wichtig ist zudem, daß in dem gemeinsamen Abschlußkommuniqué nach dem Treffen von Xi mit Ministerpräsident António Costa am 5. Dezember ausdrücklich das Interesse daran betont wird, „die Zusammenarbeit mit Drittländern in Regionen wie Afrika und Lateinamerika zu fördern“. Insgesamt wurden in Lissabon 17 Vereinbarungen unterzeichnet, u.a. für den Aufbau der „Wissenschafts- und Technologiepartnerschaft Portugal-China 2030“ in Bereichen wie Raumfahrt, Nanotechnik und moderne Computer, sowie ein separates Memorandum über die Gründung eines gemeinsamen Forschungslabors für Weltraumtechnik in Portugal.

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Costa, er mache sich keine Sorgen, daß China durch seine Investitionen übermäßigen Einfluß in Portugal bekommen könnte: „Portugal ist seit fünf Jahrhunderten ein Land, das sich der Welt öffnet... Gleichzeitig sind wir Teil der EU und erfüllen die gesetzlichen Vorgaben des Binnenmarkts... Wir brauchen dringend Auslandsinvestitionen in Portugal.“

Der italienische Finanzminister Giovanni Tria sprach sich am 7. Dezember ebenfalls nachdrücklich für eine Beteiligung seines Landes an Chinas Neuer Seidenstraße aus. Am Rande einer Konferenz des Boao-Forums in Rom, an der rund 300 führende Politiker, Unternehmer und Akademiker aus 15 Staaten teilnahmen, sagte Tria: „Italien muß sich aktiv am Integrationsprozeß [der BRI] beteiligen, nicht nur, um alle möglichen Vorteile aus der Beteiligung an großen Infrastrukturprojekten zu ziehen, sondern auch, um langfristig eine strategische Position an den Handelsrouten der BRI zu behalten. Die BRI ist ein Zug, den Italien nicht verpassen darf. Besonders wichtig ist die Beteiligung italienischer Unternehmen an Projekten, insbesondere in Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen auf den Märkten in Drittländern.“

In ihrem Internetforum betonte Helga Zepp-LaRouche, der Brexit, die Niederlage Hillary Clintons, die Wahl der neuen italienischen Regierung und nun die Bewegung der Gelbwesten seien „allesamt Symptome der gleichen Sache: daß man das Gemeinwohl der einfachen Menschen nicht endlos zugunsten der sehr Reichen verletzen kann. Und in Frankreich richtet sich die Wut gegen die sehr Reichen, als deren Präsident Macron gilt. Man kann diese Interessen nicht ständig verletzen, ohne Erdbeben auszulösen.“

Sie glaube, daß diese Entwicklungen ein Vorbote des Endes der EU sind, „weil die EU sich als absolut unfähig zur Reform erwiesen hat. Und deshalb glaube ich, daß uns noch viele weitere turbulente Tage und Wochen und möglicherweise sogar Monate bevorstehen... Ich denke, die Menschen müssen sich entscheiden: Wollen sie auf der Seite des gewinnenden Neuen Paradigma stehen oder nicht?“