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2019 verspricht eine wunderbare Zukunft - falls Europa moralisch dafür fit ist!

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Neujahrsgedanken von Helga Zepp-LaRouche

Wenn die Wirklichkeit zur Satire wird: Als Antwort auf Trumps Ankündigung, daß er die US-Truppen aus Syrien und Afghanistan abziehen wird und die USA nicht länger die Rolle als Weltpolizist spielen werden, reagieren Liberale und viele Linke in Europa, die sich jahrzehntelang über den „US-Imperialismus“ ereifert haben, nicht etwa mit Lob und Zustimmung, sondern mit hysterischem Geschrei. Trump stürze die Welt ins Chaos, verteile Weihnachtsgeschenke an Putin, Assad und Rohani, etc. etc.

Für unverbesserliche Atlantiker wie Norbert Röttgen bricht sogar die ganze Welt zusammen, die Rolle der USA sei unersetzlich, lamentierte er in der ARD. Wenn die USA diese Rolle aufgäben, werde die Welt „unsicherer, instabiler und egoistischer“. Und ach ja, der zurückgetretene Verteidigungsminister Mattis sei eine „Stimme der Vernunft“ gewesen. An den Reaktionen auf das Phänomen Trump wird deutlich, wie sehr Liberale, Linke und Neokonservative trotz aller vermeintlichen Unterschiede doch zutiefst im neoliberalen Paradigma befangen sind.

Es entbehrt zudem nicht einer gewissen Ironie: die für diese Jahreszeit üblichen Jahresrück- und -ausblicke für das kommende Jahr sind dieses Mal überfrachtet mit Wehklagen, daß das Modell der liberalen Demokratie des Westens extrem gefährdet sei oder vielleicht sogar den „Systemwettbewerb“ verlieren könnte. Aber keiner dieser Autoren der diversen Denkfabriken oder Mainstream-Medien - und natürlich auch nicht der Politiker des Establishments - ist auch nur ansatzweise bereit oder in der Lage, darüber nachzudenken, warum dies so ist. Der Grund dafür liegt in einer schier grenzenlosen Arroganz und Selbstüberschätzung einer Klasse, die die Dogmen ihres „group think“ mit der Realität verwechselt und es schon lange nicht mehr für nötig hält, etwas Neues zu lernen.

Unter dem Titel „Das Ende des demokratischen Jahrhunderts“ erschien in der Dezemberausgabe der Zeitschrift des Council of Foreign Relations, Foreign Affairs, ein Artikel, der den vermeintlich unaufhaltsamen Siegeszug der Demokratien westlicher Prägung des „Amerikanischen Zeitalters“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschreibt. Der Grund dafür habe - so mußte man annehmen - in einem „universellen menschlichen Bedürfnis nach der liberalen Demokratie“ bestanden.

Den gleichen Blickwinkel vertrat schon 1989 der amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama, der voreilig die Auflösung der Sowjetunion als das „Ende der Geschichte“ beschwor. Fukuyama wärmte damit die Theorie des französischen Synarchisten Alexandre Kojève auf, daß es zu einer Phase in der Geschichte kommen werde, in der es keine weltpolitischen Konflikte mehr geben, sondern das Modell der liberalen Demokratie auf dem gesamten Globus dominieren würde. Das System der Synarchie beinhaltete freilich auch, daß das Establishment „auf demokratische Weise“ verhindern müsse, daß jemals noch einmal ein Opponent dieses Establishments an die Macht gelangen kann. Parlamentarische Demokratie, Freihandel und eine prinzipiell grenzenlose Liberalisierung der Werte - und zunehmend ein grünes Negativwachstum der Realwirtschaft bei gleichzeitiger Ausdehnung des Finanz- und Dienstleistungssektors: diese Kombination sollte fortan auf der ganzen Welt herrschen. In einer unipolaren Welt, versteht sich.

Auf dieser Grundeinschätzung beruhte sowohl die Schocktherapie gegenüber Rußland in der Jelzin-Ära der 90er Jahre, die aus der früheren Supermacht Sowjetunion innerhalb weniger Jahre ein rohstoffproduzierendes Dritte-Welt-Land machen sollte und auch tat, als auch die Überzeugung, daß eine Integration Chinas in die WTO unweigerlich dazu führen werde, daß China mit den Prinzipien des Freihandels auch das Modell der liberalen Demokratie übernimmt.

Der wesentliche Grund für die Verteufelung Putins liegt darin, daß er es gewagt hat - nicht zuletzt durch die militärische Intervention in Syrien -, den Status Rußlands als globaler Macht wiederherzustellen. Das Motiv für die Eskalation der Attacken gegen China liegt in der etwas verspäteten Erkenntnis des westlichen Establishments, daß China keineswegs das westliche Modell der Demokratie übernommen hat, sondern im Gegenteil den „chinesischen Traum“ in der Wiederbelebung seiner 5000 Jahre alten Tradition und der auf konfuzianischen Prinzipien basierenden Vision eines neuen, auf Harmonie beruhenden Modells des Zusammenlebens aller Staaten sieht.

Der wesentliche Grund für den beispiellosen Erfolg des chinesischen Modells, auf Grund dessen es möglich war, in den vergangenen 40 Jahren seit der „Reform und Öffnungspolitik“ 800 Millionen Menschen in China aus der Armut zu befreien, eine wachsende wohlsituierte Mittelklasse zu schaffen und das Land in einigen wissenschaftlichen und technologischen Gebieten (Schnellbahnen, Kernfusionsforschung, Raumfahrt) bereits an die Weltspitze zu führen, liegt in der Fähigkeit der politischen Leitung, Fehler in der Regierungsform zu erkennen und zu korrigieren. Deng Xiaoping ersetzte die katastrophale Politik und Wirtschaftsmethode der Viererbande der Kulturrevolution und nahm sich die erfolgreichsten Prinzipien der europäischen und amerikanischen Wirtschaftstheorie zum Vorbild.

Während in China die Kulturrevolution wütete (1966-76), fand im Westen und nicht zuletzt in Deutschland ebenfalls ein fundamentaler Paradigmenwechsel statt, die „68er-Revolution“, in der diverse sogenannte „K-Gruppen“ eine äußerst positive Sicht der Kulturrevolution in China propagierten. Die Anhänger der 68er-Revolte beschlossen den „Langen Marsch durch die Institutionen“, um dadurch zur Macht zu gelangen und so die Werte der Frankfurter Schule und der 68er-Bewegung umzusetzen, was vielen von ihnen - bis hin zur Erlangung des Außenministeriums - gelang.

Auf dem ideologischen Unterbau der 68er konnten dann die abstrusen Thesen des Club of Rome von der angeblichen Endlichkeit der Ressourcen und der daraus folgenden Notwendigkeit der Grenzen des Wachstums mit Leichtigkeit Fuß fassen - die Ökologiebewegung, die mit maßgeblicher finanzieller Unterstützung durch angloamerikanische Ölmultis und Finanzinstitutionen in alle Schulen hineingetragen wurde, war geboren.

Im Unterschied zu China, wo Deng Xiaoping radikal mit dem wirtschaftlichen Unsinn der Kulturrevolution brach, drang bei uns die Vergrünung der Gehirne in alle Poren der Gesellschaft, in alle Parteien und Institutionen vor. Sie führte u.a. dazu, daß eine ganze Reihe von Technologien, die hier in Deutschland entwickelt wurden, wie z.B. verschiedene Kernkraftwerkstypen und die Magnetschwebebahn, nicht hierzulande, sondern in China und bald in so gut wie jedem Staat des Entwicklungssektors zum Einsatz kommen. Nachdem die ökofaschistische Ideologie (ökofaschistisch, weil die propagierten niedrigen Energieflußdichten im Produktionsprozeß notwendigerweise eine dramatische Bevölkerungsreduktion implizieren) jetzt sogar den CDU-Wirtschaftsrat erfaßt hat, und damit die Institution, die eigentlich die Interessen des deutschen Mittelstandes und damit die wesentliche Quelle des gesellschaftlichen Reichtums repräsentiert - nichts anderes bedeutet die Propagierung der sogenannten „Dritten Industriellen Revolution“ des Jeremy Rifkin -, ist die Existenz Deutschlands als Industrienation in ihrer Substanz bedroht.

Als 1989 die Berliner Mauer fiel und sich in der Folgezeit der COMECON auflöste, warnte ich wiederholt, daß es, wenn man den Fehler mache, auf das kollabierte System des Kommunismus das Modell der zügellosen freien Marktwirtschaft aufzupfropfen, nach einer gewissen Boom-Phase zu einem noch dramatischeren Systemkollaps kommen werde, als es der Zusammenbruch des kommunistischen Systems bereits war. Genau an diesem Punkt sind wir jetzt angekommen. Es droht ein neuer Finanzkrach, der weitaus gravierender sein wird als der von 2008, die Infrastruktur in den USA und Europa ist marode, die Armut in Europa liegt bei 90 Millionen und nimmt zu. Mehr und mehr Menschen haben das Vertrauen in das Establishment verloren, dessen Politik sie für den Zustand der Gesellschaft verantwortlich machen. Die neoliberalen Regierungen und die EU befinden sich längst in der „Tacitus- Falle“, d.h. von Regierungen, die das Vertrauen der Regierten verloren haben, wird angenommen, daß sie lügen, egal ob sie lügen oder die Wahrheit sagen.

Deng Xiaoping wird zitiert, er habe nach dem Ende der Kulturrevolution gesagt, China werde entweder eine grundlegende Reform durchführen oder ruiniert werden. Anschließend brachte er China auf den Erfolgskurs, den heute die ganze Welt bestaunt. Die theoretische Basis dieser Erfolgsgeschichte liegt übrigens dem Amerikanischen System des Alexander Hamilton und dem System der Nationalökonomie von Friedrich List viel näher, als es der Öffentlichkeit bewußt ist. Das gleiche gilt heute für uns: Entweder wir machen eine grundsätzliche Reform - oder wir werden an den Rand der Geschichte gespült.

Die Tatsache, daß Trump mit der Politik der permanenten Interventionskriege seiner Vorgänger brechen will, anstatt Weltpolizist zu spielen, und die Souveränität eines jeden Landes der Erde respektieren will, wie er in seiner Rede vor der 73. Sitzung der UN-Vollversammlung im September 2018 betont hat, gibt uns die Chance für eine positive strategische Neuausrichtung der gesamten Menschheit. Es sei der kulturelle Reichtum der verschieden Nationen und die damit zusammenhängende Souveränität aller, „warum Amerika die Unabhängigkeit und Kooperation über globale Herrschaft, Kontrolle und Dominanz“ stelle, betonte Trump in dieser Rede.

Wir haben in Europa und insbesondere in Deutschland jetzt die Wahl: Entweder, wir  versuchen, das sogenannte „westliche Modell“, das so offensichtlich nicht funktioniert, in alter Manier der Geopolitik zu verteidigen (Macrons Chimäre einer europäischen Armee, Sicherung der EU-Außengrenzen durch Militarisierung von Frontex, Frontenbildung gegen Rußland, China und die USA), und riskieren einen nuklearen Weltkrieg. Oder wir arbeiten konstruktiv an einem völlig neuen Modell der Beziehungen zwischen den Nationen dieser Welt mit, das auf Souveränität, Kooperation und einem Dialog der klassischen Kulturen basiert.

Wenn wir in Deutschland das Äquivalent von dem tun, was Deng Xiaoping und Xi Jinping für China getan haben, dann initiieren wir damit eine Renaissance des wissenschaftlichen Fortschritts in der Tradition des Nikolaus von Kues, von Kepler, Leibniz, Riemann und Einstein, und eine Renaissance der klassischen Kultur in der Tradition von Bach, Beethoven, Schiller und von Humboldt.

Im Übrigen liegt es im ureigensten Interesse Deutschlands, die Beziehung zu Rußland und China auf eine solide Basis der Kooperation zu stellen und Trump darin zu unterstützen, wenn er genau dies versucht. 2019 kann ein phantastisches Jahr für die Menschheit werden, wenn wir diese Chance nicht aus ideologischer Verbohrtheit verspielen.

zepp-larouche@eir.de