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Das Amerikanische System der politischen Ökonomie

[title]Das Amerikanische System der politischen Ökonomie[/title]

[author]von Lyndon LaRouche[/author]

[date]7. Oktober 2002[/date]

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[i]Die folgende Schrift wurde am 7. Oktober 2002 von Lyndon LaRouches Wahlkampfkomitee für die US-Präsidentschaftswahl 2004 veröffentlicht.[/i]

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Gerade las ich einen wichtigen Artikel von Henry C.K. Liu mit dem Titel [url:"http://solidaritaet.com/neuesol/2002abo/45/drliu.htm"]"Erdrückende Schulden und bankrotte Lösungen"[/url], der am 28.September 2002 in der Online-Ausgabe der Asia Times erschien. Ich halte es für angemessen, auf die zeittypischen, tief verwurzelten, aber von ihm nicht ausdrücklich genannten Implikationen seiner Argumentation zu antworten.

Man definiert klassische Wissenschaft und Geschichtsschreibung am besten, indem man sich auf das tragische Prinzip des selbstverschuldeten Untergangs bezieht, das immer dann auftaucht, wenn eine Nation oder Kultur in eine potentiell fatale Systemkrise eintritt - so wie es heute mit dem Weltsystem des Internationalen Währungsfonds (IWF) der Fall ist. Wie im Falle des gegenwärtig hereinbrechenden Zusammenbruchs dieses Weltwährungs- und Finanzsystems werden die relevanten und interessantesten Paradoxa an Fällen wie dem hier vorliegenden sichtbar: wenn das grundlegende Problem nämlich darin besteht, daß der handelnden Person gar nicht bewußt ist, daß sie sich auf falsche systemische Grundannahmen stützt. Denn auch wenn sie sich dieser Grundannahmen vielleicht nicht bewußt ist, unterwirft sie sich ihnen, als hätten diese die Autorität selbstevidenter Tradition - als wäre sie einer jener berühmten Hunde aus den Experimenten Pawlows oder eine Ratte aus den Experimenten Skinners.

Typisch für dieses klinische Phänomen ist jene Grundeinstellung, die schon in der Erzählung [i]Der entwendete Brief[/i] des amerikanischen Patrioten Edgar Allen Poe den verblüfften Leser für die Auflösung blind macht, weil man "den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht".

Solche potentiell tragischen Systemfehler in den Grundannahmen über die historisch gewachsenen bestimmenden Grundelemente der Gestaltung der amerikanischen Politik der jüngsten Zeit sind heutzutage typisch für die Kommentare sogenannter Autoritäten in den USA und im Ausland. Die Geschichte der europäischen Kultur seit Solon und Platon hat gezeigt: Wenn man an diese Art von Fehler nicht sokratisch herangeht, dann wird die Person oder die Gesellschaft, die diesen Fehler begeht, noch viele Generationen lang selbstgerecht auf dieser fatalen Überzeugung beharren - wenn sich diese Gesellschaft nicht schon viel früher durch die Auswirkungen dieser falschen Überzeugung zugrunde richtet. Eine solche pathologisch halsstarrige "öffentliche Meinung" eines Volkes ist, um es zu wiederholen, die Wurzel aller großen klassischen Theatertragödien, aber auch der wahren Tragödien ganzer Länder und Kulturen.

Ich möchte Herrn Liu im wesentlichen in einer methodischen Frage herausfordern, wie folgt.

Bei meiner jahrzehntelangen Arbeit, solche Tragödien zu diagnostizieren und vor ihnen zu warnen, war mein intellektueller Vorteil gegenüber den meisten Fachleuten, daß ich mich dabei auf die überragende Bedeutung der falschen, mehr oder weniger allgemein verbreiteten Überzeugungen konzentrierte, die auch diese "Fachleute" teilen. Dagegen scheitern die meisten anderen mit ihren langfristigen Prognosen, weil sie Reformen immer nur im Rahmen der häufig als "allgemein anerkannt" hingestellten Institutionen und Methoden vorschlagen. Da alle ernsthaften Gefahren für eine Gesellschaft quasi wie selbstverschuldete Geisteskrankheiten aus weitverbreiteten - vor allem offiziellen - axiomatischen Selbsttäuschungen erwachsen, muß ich einen häufigen, aber völlig unbegründeten Vorwurf meiner "Kritiker" riskieren. Dieser häufige unbegründete Vorwurf ist der, daß ich auf Fragen häufig sokratisch antworte, indem ich mich primär mit den falschen Grundannahmen beschäftige, die der Frage zugrunde liegen, und es dann oftmals dem Frager überlasse, die Einzelheiten der Wahrheit über das entsprechende Thema für sich selbst zu entdecken.

Was nun Lius Artikel angeht, so ist sein offensichtlicher Systemfehler allgemein der gleiche, den praktisch alle seine und meine Konkurrenten unter den heutigen Berufsökonomen und führenden Politikern weltweit begehen. Der Irrtum, auf den man sich hier konzentrieren muß, ist eine Torheit, die unter Akademikern üblich ist: Man berücksichtigt nicht den grundsätzlichen Unterschied zwischen der Geschichte des Amerikanischen Systems der politischen Ökonomie, nach dem die Vereinigten Staaten gegründet wurden, und den geschichtlichen Ursprüngen der noch heute verheerenden Folgen des Zentralbanksystems der europäischen Nationen.

Es ist der gleiche [i]Systemfehler[/i], den eine um die Wall Street gruppierte mächtige Fraktion in den USA aus Europa importierte, seit Aaron Burr mit politischer Unterstützung seines Förderers Jeremy Bentham - dem Chef des "Geheimausschusses" des britischen Foreign Office - die Bank von Manhattan gründete. Dieser [i]Systemfehler[/i], der am extremsten in der neumanichäischen quasireligiösen Ideologie vom "Freihandel" zutage tritt, vergiftet auch die Institution des nunmehr zum Untergang verurteilten amerikanischen Federal-Reserve-Systems. Zugleich ist dieser [i]Systemfehler[/i] die Hauptursache der Tollheiten, welche die Regierung Bush im Namen des "Freihandels" begeht. Diese inhärente [i]systemische[/i] Illusion ist es auch, die das weltweite Währungs- und Finanzsystems des IWF der Zeit nach 1971 im Endeffekt zum selbstverschuldeten Untergang verurteilt.

Ich werde in diesem Fall zwei Kategorien von Argumenten vorlegen. Zuerst verweise ich unter der Überschrift "Die romantischen Wurzeln des Zentralbankensystems" auf die historischen Wurzeln von dem, was Liu hinsichtlich der immer noch wirksamen Ursprünge der relevanten Prinzipien des europäischen Bankensystems übersehen hat. Zweitens behandle ich unter der Überschrift "Den Schleier der Sinnesgewißheit durchdringen" noch tiefergehende Dinge im Bereich der physikalischen Wissenschaft, die als ein Umstoßen sämtlicher Argumente aus der Sicht der gängigen Währungs- und Finanzlehre von heute zu sehen sind.

Zum Abschluß dieser einleitenden Bemerkungen noch eine Warnung: Man muß erkennen, daß alle systemischen Prozesse in den Angelegenheiten des Menschen empirisch durch die Geschichte als gesetzmäßiger Prozeß definiert sind - es sind keine isolierten Dinge mit ein paar Verbindungslinien dazwischen, wie die Aristoteliker, Empiristen, Cartesianer und andere Reduktionisten behaupten. Eine kompetente Beurteilung sozialer Prozesse bezieht sich immer auf die Vermittlung sozialer Institutionen, wie etwa Sprachen, und Ideen (im platonischen Sinne) über mehrere Generationen. Ich werde das in meinen abschließenden Bemerkungen des zweiten Teils präzisieren.

[head]I. Die romantischen Wurzeln des Zentralbankensystems[/head]

Zum Zentralbankenwesen sind zwei Kernpunkte zu sagen.

[i]Erstens.[/i] Vergleicht man die Dimension der gegenwärtigen Verschuldung und darauf geforderten Zinsen mit dem immer schnelleren Zusammenbruch des gegenwärtigen physischen Niveaus der Nationaleinkommen pro Kopf, so wird klar, daß weder im Rahmen der Volcker-Greenspan-Methoden des heutigen Federal-Reserve-Systems nach 1971 noch im Rahmen der IWF-Weltbank-Methoden des Systems "freier Wechselkurse" nach 1971 eine erfolgreiche Reform oder Anpassung möglich ist. Beispielhaft ist der Fall der Forderungen der Bankiers unter Führung des IWF an Argentinien und Brasilien: Unter den Konditionalitäten, die der IWF diesen Nationen auferlegt, können weder die beiden Länder noch der IWF überleben. Auf der anderen Seite würden Bedingungen, die diesen Nationen ein physisches Überleben ermöglichten - wie ich sie vertrete und wie sie beispielsweise das italienische Parlament als Resolution verabschiedet hat - , die führenden Nationen der Welt zwingen, das nunmehr hoffnungslos bankrotte IWF-Systems, wie es seit August 1971 existiert, einer gigantischen Reform zu unterziehen.

Im Falle Argentiniens und Brasiliens etwa ist die Beziehung zwischen den internationalen Finanz- und Währungswucherpraktiken einerseits und der physischen Wirtschaft andererseits so, daß jeder Versuch, diese Nationen zur Erfüllung der Gläubigerforderungen zu bewegen, die physische Zerstörung der Nation und ihrer Bevölkerung nach sich zöge. Das dann entstehende Verhältnis von kollabierender Produktion zu spiralförmig steigenden Zahlungsverpflichtungen muß dann über kettenreaktionsartige Effekte sehr bald den hoffnungslosen Bankrott des Gläubigers und des IWF-Systems nach sich ziehen. Ein großer Teil der Gläubigerforderungen an die verschuldeten Nationen besteht aus aufgelaufenden Zinsen - "wir haben es nach unseren IWF-Regeln ,ganz fair' gestohlen" - , aus völlig fiktiven Forderungen der Gläubiger. Erst wenn man diesen gewaltigen fiktiven Anteil der erdrückenden Schulden Iberoamerikas praktisch ganz streicht, könnten Brasilien und Argentinien wieder kreditwürdige, produzierende Volkswirtschaften werden.

Damit wäre der IWF bankrott. Und wenn schon! De facto ist er ohnehin schon bankrott - so bankrott, daß seine Wertlosigkeit als Institution schon eine feststehende Tatsache ist. Tatsächlich sind die meisten Großbanken in Europa und den Amerikas sogar schon mehr als bankrott, so daß nur noch ein staatliches Reorganisationsverfahren ihren baldigen chaotischen Zusammenbruch verhindern könnte. Dieser Bankrott von IWF und Weltbank war schon lange vorher axiomatisch in das System eingebaut, als 1971-75 das System "freier Wechselkurse" eingeführt wurde. Der Zusammenbruch war nur eine Frage der Zeit - nun sind Jahrzehnte vergangen, und die Zeit ist gekommen.

Mehr noch, die Existenz des IWF ist eigentlich nur eine von souveränen Regierungen geschaffene Fiktion. Diese Regierungen haben nun die Verantwortung und die Autorität, gemeinsam den IWF einem geordneten Bankrottverfahren zu unterwerfen und ihn durch eine ganz neue Einrichtung zu ersetzen - vorzugsweise ein Goldreservesystem, vielleicht mit einem Goldpreis von 1000 Dollar je Feinunze, frei von der Dummheit freier Wechselkurse und orientiert an den Regulierungen, wie sie mit dem IWF der unmittelbaren Nachkriegszeit 1946-58 verbunden waren.

Kurz, das Wüten dieser Finanzdinosaurier des Räuber-IWF der Zeit von 1971-2002 geht zu Ende. Abgesehen von ein paar finanziellen Sumpfkrokodilen mit den räuberischen Eigenschaften des organisierten Verbrechens wird wahrscheinlich kein Finanzdinosaurier, der seiner Art treu bleibt, dieses Ende der Dinosaurierära überleben - genausowenig wird eine Nation überleben, die jetzt noch auf eine Reform innerhalb des todgeweihten Zentralbanksystems setzt.

[i]Zweitens.[/i] Die Prinzipien einer Wissenschaft der physischen Wirtschaft - wie sie von Leibniz entwickelt wurde und Eingang in den Entwurf der Präambel der Amerikanischen Verfassung 1789 fand - bieten die einzige bewährte, axiomatische und wirksame Alternative zu jener Zentralbankpolitik, die im Zuge des laufenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs des derzeitigen Weltfinanz- und Währungssystems dazu verurteilt ist, in Vergessenheit zu geraten.

Dies ist die alles entscheidende strategische Frage in der heutigen Welt. Wenn die schiere Dummheit der typischen Wirtschaftsnobelpreisträger unserer Zeit Laputa noch in den Schatten stellt, ist das Ausdruck einer Unkenntnis dieser Dinge bei der gesamten heutigen akademischen Welt - mit Ausnahme einer kleinen Minderheit - und einer Feindseligkeit gegenüber der Vernunft überhaupt, die durch das Klima strategischer geistiger Leere in den USA in der Zeit nach Franklin Roosevelt gefördert wurde, das die emotionalen Widerstände gegen die Erkenntnis der Lösungen der derzeitigen weltweiten Probleme verstärkte.

Es sind die Lösungen, die vor dem März 1945 durch den großen Beitrag der Tradition Benjamin Franklins - des führenden Kopfes Nordamerikas im 18.Jahrhundert - zur weltweiten intellektuellen Führung erprobt und bestätigt wurden. Die Tragödie der Vereinigten Staaten und anderer Nationen heute ist, daß die entscheidende Tatsache über die heutigen USA auf der ganzen Welt, selbst unter führenden Persönlichkeiten, im wesentlichen unbekannt ist. Diese Tatsache ist: Die in jüngster Zeit dominierende Stellung einer um Finanzkreise gruppierten amerikanischen Tory-Opposition gegen die amerikanische patriotische Tradition so herausragender Persönlichkeiten wie Benjamin Franklin ist der Hauptfaktor hinter dem wirtschaftlichen und moralischen Niedergang der USA in den letzten 35 Jahren, von der weltweit führenden produktiven Gesellschaft zu einer dekadenten, zum Untergang verurteilten "nachindustriellen" Konsumgesellschaft.

Besonders bemerkenswert ist die Legende, seit der Ermordung des Präsidenten William McKinley sei ein ununterbrochenes Bündnis zwischen den führenden amerikanischen Finanzkreisen und der britischen Monarchie ein feststehendes Gesetz. Die von diesem Aberglauben befallenen akademischen und verwandten Kreise verloren jede Erinnerung an das einzige Mal im 20.Jahrhundert, als Amerika - unter Präsident Franklin D. Roosevelt - von diesen Finanzinteressen systemwirksam unabhängig war. Derartige geistige Fluchten aus der historischen Wirklichkeit - so wie auch Karl Marx' ignoranter Glaube an den gleichen britischen Fehler - förderten im allgemeinen den heute weitverbreiteten Irrtum, das als "Kapitalismus" oder "Freihandelssystem" bezeichnete britische System und das Amerikanische System der politischen Ökonomie hätten im wesentlichen dieselben Wurzeln.

Dieses falsche, aber verbreitete Dogma ist implizit der Ursprung des grundlegenden Fehlers bei der Beurteilung des Bankensystems in Lius Artikel. Um diesen Fehler zu berichtigen und den grundlegenden Unterschied zwischen dem britischen System und dem Amerikanischen System der politischen Ökonomie zu verstehen, beziehe man sich auf die ursprüngliche Entdeckung der Wirtschaftswissenschaft durch Gottfried Wilhelm Leibniz und auf den entscheidenden längerfristigen Einfluß von Leibniz' Arbeiten auf Alexander Hamilton, Mathew Carey, Friedrich List und den führenden Ökonomen des 19.Jahrhunderts, Henry C. Carey.

Zugleich ist es wichtig, daß man sich die weltweite Bedeutung dieses Systemkonflikts in den Vereinigten Staaten vor Augen führt. Die derzeit vorherrschende Tory-Tradition fürchtet, haßt und diffamiert jeden, der die patriotische Anti-Tory-Tradition meiner Nation und deren führende Vertreter verteidigt, wie ich. Wenn das Establishment der amerikanischen Tories und die von ihm völlig kontrollierten Massenmedien in den letzten ca. 30 Jahren mehr Anstrengungen unternahmen, mich durch Tod oder Verleumdung loszuwerden, als bei irgendeinem anderen lebenden Amerikaner im selben Zeitraum, dann ist das nur eine besonders drastische Illustration dieses Punktes. Wenn man die böswilligen Verleumdungen meiner Person, die nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und anderswo verbreitet werden, meiner unübertroffenen Treffsicherheit als langfristiger Wirtschaftsprognostiker gegenüberstellt, sind sie ein besonders typischer Beweis für die systematisch falsche Sicht der amerikanischen Geschichte bei denjenigen, die dumm genug sind, diese verleumderischen Tory-Gerüchte zu glauben.

Folgerichtig stärken irreführende Aspekte der jetzigen wirtschaftlichen Realität in den USA die gängige falsche Auffassung, die derzeitigen akademischen und verwandten Trends seien Teil einer "historisch unausweichlichen" amerikanischen und weltweiten Tradition. Folgerichtig wurden gültige wirtschaftliche Ideen aus den Massenmedien, aus den meisten Universitäten und aus der offenen Aussprache in führenden politischen Parteien verbannt. Nur Dogmen, die, wie das laufende Finanzdebakel gezeigt hat, ebenso verrückt wie populär waren, wurden in den Medien und Universitäten zugelassen. Ein solches Verhalten bildet den Kern einer nationalen Tragödie. Eine Folge dieser korrumpierten Maßstäbe ist eine enorme Leichtgläubigkeit politisch einflußreicher Persönlichkeiten - sie sind einseitig voreingenommen für die impliziten axiomatischen Grundfehler in den offiziellen Ansichten über Schulden- und Bankenreformen.

Wenn ich daher einige Punkte angesprochen habe, die ich schon in zahlreichen früheren Veröffentlichungen behandelt habe, war dies notwendig, weil man in einer Schrift, die sich unter anderem an ein asiatisches Publikum richtet, alle wesentlichen Prämissen meiner Schlußfolgerungen über die Besonderheiten der europäischen Geschichte in einen Rahmen globaler Prädikate bringen muß.

[subhead]Wer sind die USA?[/subhead]

Man kann in Ost- und Südasien die europäische Zivilisation nicht wirklich verstehen, wenn man sie nicht im wesentlichen als Ergebnis der Einflüsse der antiken ägyptischen Kultur und der Reaktionen gegen diese Einflüsse sieht. Das, was die Geschichtsbücher als beispielhaften Beitrag der Etrusker und Griechen zur Entwicklung einer Mittelmeerzivilisation aus einem vorangegangenen "finsteren Zeitalter" schildern, ist sehr stark ägyptischen Einflüssen zu verdanken. Nachdem die Römer an den Etruskern kulturellen Völkermord begingen, bildete die überlebende klassische griechische Zivilisation - etwa von der Zeit des Thales (von Milet) und des Pythagoras an - bis heute über einen Zeitraum von mehr als 2700 Jahren den wesentlichen Ausgangspunkt für alle späteren kulturellen Errungenschaften der weltweit ausgedehnten europäischen Zivilisation.

Doch nach einer Riesendummheit namens Peloponnesischer Krieg ging es mit dem politischen Leben Griechenlands bergab, wenn auch der Kern des kulturellen Lebens - hauptsächlich personifiziert in den Anhängern Platons - bei dem gesamten Fortschritt in führenden Aspekten der hellenistischen Kultur weiterhin beherrschend war. Bei dieser Überlegenheit der platonischen klassischen Kultur blieb es bis zur Zeit des Archimedes und des Eratosthenes, als Rom im Zuge seiner militärischen Eroberungen und beschleunigten Ausbreitung der Sklaverei ab etwa 200 v.Chr. in ganz Europa zu imperialer Größe aufstieg.

Seit diesen antiken Zeiten war die gesamte europäische Kultur - der amerikanische Kontinent eingeschlossen - geprägt von einem einzigen tieferen internen Konflikt: dem noch heute bestehenden Konflikt zwischen der römischen Dekadenz - eine Tradition, die auch als [i]Romantik[/i] bekannt ist - und der dieser entgegengesetzten klassischen Tradition, die im wesentlichen auf das Griechenland Platons und seiner Akademie zurückgeht.

Diese politische Spaltung zwischen Klassik und Romantik zeigte sich im 18.Jahrhundert mit ganzer Wucht im englischsprachigen Nordamerika. Der entscheidende Bruch kam 1763, als die britische Krone beschloß, die Freiheiten und die wirtschaftliche Entwicklung ihrer nordamerikanischen Kolonien zunichte zu machen. Die große Spaltung zwischen den Patrioten und den "amerikanischen Tories" (wie sie Präsident Franklin D. Roosevelt zu seiner Zeit nannte) definierte sich philosophisch in dem Gegensatz zwischen den Anhängern des Leibnizschen Dogmas "Leben, Freiheit und Streben nach Glückseligkeit" - den Patrioten - einerseits und den Anhängern von John Lockes Dogma der Sklavereibefürworter "Leben, Freiheit und Eigentum" andererseits.

In der Wissenschaft zeigte sich diese tiefe innere kulturelle Spaltung in den USA mit der von Nikolaus von Kues, Leonardo da Vinci und Leibniz aufgegriffenen klassisch-griechischen Tradition auf der einen Seite und den dieser gegenüber stehenden unterschiedlichen Ausdrucksformen der Romantik unter den verschiedenen Flaggen der neuzeitlichen Reduktionisten wie Empirismus, Positivismus und Existentialismus auf der anderen Seite. Und in der Kunst steht die Klassik gegen den Irrationalismus der Romantik und der Moderne.

Der zentrale Streitpunkt dieser noch heute andauernden philosophischen Spaltung zwischen Patrioten und Tories in den USA zeigt sich auch in der Präambel der Amerikanischen Verfassung, in der drei große universelle Prinzipien der gesamten Verfassung festgeschrieben werden - in scharfem Gegensatz zur Präambel der Verfassung der Sklavenhalter-Konföderation der Südstaaten.

Diese drei amerikanischen Verfassungsprinzipien der Präambel sind folgende:

1. das Prinzip der Souveränität des republikanisch verfaßten Nationalstaates;

2. daß nach dem Naturrecht keine Regierung legitim ist, die sich nicht zur Förderung des Gemeinwohls des ganzen Volkes verpflichtet;

3. die Entschlossenheit, so zu handeln, daß der Fortschritt des Gemeinwohls der zukünftigen Generationen sichergestellt ist und die momentanen Bedürfnissen des Hier und Jetzt nicht von der Zukunft zehren.

Warum diese Prinzipien der späteren Existenz von Zentralbanksystemen oder dem offen verfassungswidrigen Federal-Reserve-System widersprechen, wird weiter unten geklärt.

Aber obwohl diese Details der inneramerikanischen Geschichte für jede kompetente Beurteilung der heutigen USA wichtig sind, sollte man nicht auf den chauvinistischen Gedanken verfallen, die Entwicklung der USA sei im wesentlichen eine innere, nordamerikanische Angelegenheit gewesen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen einer Weltkrise ist es ziemlich wichtig, daß alle Regionen der Welt verstehen, welche tiefgreifenden weltweiten Auswirkungen die entsprechenden Hauptaspekte der internen Geschichte Nordamerikas haben.

Die englische wie auch die französische Kolonisierung Nordamerikas war nicht nur zu großen Teilen eine Errungenschaft der Renaissance des 15.Jahrhunderts, sondern auch - in negativer Hinsicht - eine Flucht vor dem Zustand permanenten Religionskrieges in Europa, den Venedig und die Habsburger zwischen 1511-1648 organisierten und - in positiver Hinsicht - eine Reaktion auf die noch umkämpften Errungenschaften des Westfälischen Friedens von 1648, wie etwa den Arbeiten von Gottfried Wilhelm Leibniz, aus denen sich etwas entwickelte, was wieder den Namen Zivilisation verdiente.

Dieser Frieden von 1648 war im wesentlichen den diplomatischen Fähigkeiten des französischen Kardinals Jules Mazarin zu verdanken. Mazarins politischer Erbe Jean-Baptiste Colbert, der auch den jungen Leibniz förderte, führte in Europa in den Jahren nach 1648 große Entwicklungsbemühungen an. Leider führten die Zerstörung des Werks von Mazarin und Colbert durch den selbsternannten "Sonnenkönig" Ludwig XIV. und die räuberischen Aktivitäten Wilhelm von Oraniens auf dem Kontinent und in England zusammengenommen zu einer Situation, in der es nicht mehr möglich war, kurzfristig wieder an die früheren Versuche zum Aufbau eines modernen Nationalstaates im 15.Jahrhundert anzuknüpfen, die es damals unter Ludwig XI. in Frankreich und Heinrich VII. in England gegeben hatte.

Unter den Bedingungen des kriegsgeschüttelten Europas im frühen 18.Jahrhundert sahen die besten Köpfe der Alten Welt in den englischen Kolonien die einzig verfügbare Chance, das Modell einer wahren Republik zu errichten, welches sie später nach Europa zurückzuimportieren hofften. Die daraus folgende Gründung der USA mit dieser Verfassungspräambel und der langfristigen Führungsrolle Benjamin Franklins war deshalb eine wahrhaft große historische Ausnahme in der ganzen neuzeitlichen Geschichte der weltweit ausgedehnten europäischen Zivilisation. Die Bedeutung der USA im Guten wie im Schlechten hängt davon ab, ob die heutigen USA die Verpflichtung, die mit dieser [i]außergewöhnlichen historischen Tatsache[/i] der ganzen neuzeitlichen Geschichte verbunden ist, annehmen oder nicht.

Leider wurden die Entwicklungen in Frankreich in der Zeit nach dem 14.Juli 1789 bis zum Sturz Napoleon Bonapartes in Europa ein Modell ähnlicher Abläufe, so daß bis heute nirgendwo eine wirkliche Republik sicher und fest aufgebaut werden konnte. Es gab zwar wichtige, sogar große Reformen der Überbleibsel feudalistischer parlamentarischer Systeme, aber alle diese Reformen hatten zwei grundsätzliche Schwächen: Erstens ist das imperialistische "Gen", wenn auch oft nur rudimentär, im ideologischen Erbe der heutigen und früheren monarchistischen Systeme des neuzeitlichen Europas immer noch tief verwurzelt. Das zweite ist die Macht des Zentralbanksystems. Diese prinzipiellen axiomatischen Fehler im Handeln ermöglichten es dem britischen König Eduard VII., im Namen "geopolitischer" Streitigkeiten zwischen den Land- und Seemächten den ersten der beiden Weltkriege des 20.Jahrhunderts vorzubereiten. Bis heute wurde es Kontinentaleuropa nicht gestattet, sich ganz von den tiefgreifenden Folgen dieser beiden Kriege zu erholen.

[subhead]Das anglo-holländische Weltsystem[/subhead]

Der Schlüssel für das tragische Versagen der bisherigen neuzeitlichen Geschichte ist das venezianische Modell, das noch heute in den Zentralbanksystemen übel nachwirkt. Die Spielregeln, die diese Bankensysteme den Nationen aufzwingen, sorgten für genau jenen unnatürlichen Zustand, den Liu in seinem Kommentar nicht erkannt hat (siehe letzte Folge). Wie ich zeige werde, liegt der Irrtum seines Kommentars darin, daß er diese künstlichen Randbedingungen implizit akzeptiert. In seiner Argumentation begrenzt er die vermeintlich verfügbaren Optionen auf Praktiken, die eine weitere Vorherrschaft dieser tödlichen Krankheit des mittelalterlichen Bankenwesens akzeptieren - eine Krankheit, die heute die Dinosaurier des Zentralbankwesens und verwandter Praktiken ebenso dem Untergang weiht wie damals im "neuen finsteren Zeitalter" in der Mitte des 14. Jahrhunderts. Lius Irrtum ist mit anderen Worten kein zufälliger Irrtum, sondern der gleiche [i]systemische[/i] Fehler wie der aller typischen Lehreinrichtungen heute. Er übernimmt implizit die verbreiteten, falschen historischen Grundannahmen über den Unterschied zwischen einem fundierten, korrekt staatlich regulierten Bankenwesen und der schädlichen Rolle von Banken in modernen agro-industriellen Volkswirtschaften.

Die Geschichte der europäischen Zivilisation seit etwa 200 v.Chr. gliedert sich in drei lange Phasen. Die erste Periode wurde von Rom und dessen Hinterlassenschaften beherrscht, und endete mit der aufkommenden neuzeitlichen Zivilisation in Europa während der Renaissance des 15. Jahrhunderts mit Italien im Zentrum, als die klassisch-griechische Tradition in Wissenschaft und Kunst wiederbelebt wurden. Dieser Renaissance verdanken wir die Geburt der ersten souveränen Nationalstaaten, nämlich Frankreichs unter Ludwig XI. und Englands unter Heinrich VII., deren Grundprinzip das [i]Gemeinwohl[/i] war - jenes Prinzip, das man im klassischen Griechenland unter dem Begriff [i]agape[/i] kannte, der Alternative des Sokrates zu den üblen Praktiken von Thrasymachos und Glaukon.

Die zweite Periode, manchmal als "kleines neues finsteres Zeitalter" bezeichnet, drehte das Rad der Geschichte wieder zum Feudalismus zurück. Als dieses "kleine finstere Zeitalter" bezeichnet man den Zustand der von Venedig und dessen Verbündeten, den Habsburgern, angezettelten Religionskriege von 1511 bis zum Westfälischen Frieden 1648. Diese Häufung von Schrecklichkeiten war die Zeit, in der die venezianischen anti-klassischen, romantischen Traditionen, die das mittelalterliche Europa in das "neue finstere Zeitalter" des 14. Jahrhunderts geführt hatten, unter habsburgischer Führung wiederbelebt wurden. In dieser furchtbaren Zeit von 1511 bis 1648 wurde zwar bei einer Minderheit der klassische Einfluß stärker - Sir Thomas More (Morus), Fran?ois Rabelais, Cervantes, Gilbert, Shakespeare, Heinrich IV. von Frankreich und Kepler sind nur einige typische Beispiele - , doch die politische Macht lag vor allem in den Händen der Schrecklichkeit.

Die dritte Periode, welche die Gegenwart einschließt, ist weltweit immer mehr beherrscht von dem sich auch heute noch weiter entfaltenden Konflikt zwischen der aufkeimenden späteren amerikanischen Republik von 1789/1865 und dem imperialen System finanzoligarchischer Seeherrschaft, das dem venezianischen Modell folgt. Dieser an Venedig orientierte Einfluß zeigte sich in dem unmoralischen Liberalismus von Locke, Hume, Adam Smith und Jeremy Bentham bei den Gegnern der amerikanischen Verfassung unter der niederländischen und britischen Monarchie. Das typischste Kennzeichen dieser liberal-monarchischen Form imperialer Seemacht war und ist das venezianische Modell: eine Symbiose aus Staats- und finanzoligarchischer Macht, die über die Tyrannei eines "unabhängigen", privat kontrollierten Zentralbanksystems ausgeübt wird.

Bei dieser modernen Fortsetzung des venezianischen Modells tritt eine fanatisch abergläubische, primitive Anbetung des Geldes - des bloßen Symbols von Reichtum - an die Stelle des realen Anwachsens von Wohlstand, der sich im Anstieg der relativen Bevölkerungsdichte der Menschheit ausdrückt. Die heutige Misere der Weltwirtschaft ist hauptsächlich eine natürliche Folge jener um sich greifenden Geisteskrankheit namens "Monetarismus".

Unser Planet befindet sich immer noch in dieser dritten Periode der neuzeitlichen europäischen Zivilisation. In dieser Periode übten insbesondere drei herausragende Initiativen der patriotischen Tradition der USA eine starke positive Wirkung auf das Schicksal von Nationen auf dem ganzen Planeten aus.

Die erste war die Gründung der amerikanischen Republik 1776-89 - einer Republik, welche die britische Monarchie und die Habsburger zwischen 1782 und 1863 wiederholt aus dem Gedächtnis der Welt zu tilgen suchten.

Die zweite war das Vorbild Präsident Abrahams Lincolns nicht nur bei dem Sieg über die verräterischen Konföderierten - die von der gleichen Kombination aus britischen, napoleonischen und spanisch-monarchischen Interessen mitgetragen wurden, die auch Mexiko unter dem habsburgischen Tyrannen Maximilian vergewaltigten - , sondern auch bei der Entwicklung der USA zu einem vorbildlichen agro-industriellen Nationalstaat, wie ihn die ganze Welt bei der Jahrhundertfeier in Philadelphia 1876 erleben konnte. Die Kabale Lord Palmerstons, Napoleons III. und der Habsburger zur Zerstörung der Vereinigten Staaten - direkt über die Konföderierten Staaten und indirekt über die von ihnen eingesetzte bösartige Tyrannei Maximilians in Mexiko - wurde 1863-65 von den USA gründlich besiegt.

In den Jahrzehnten nach dem Sieg der USA, vor allem ab 1876, diente das amerikanische System der politischen Ökonomie als Modell und Inspiration für die industrielle Revolution in Deutschland unter Bismarck ab 1877, für die Übernahme des amerikanischen Modells in Japan, für die Rolle des Wissenschaftlers Mendelejew bei der industriellen Entwicklung Rußlands und Sun Yat-sens Kampagne für ein Neues China.

Die dritte Entwicklung war das Wirken von Präsident Franklin Roosevelt. Der britische König Edward VII., den man den "Herren der Inseln" nannte, hatte das amerikanische Präsidentenamt unter Theodore Roosevelt, dem konföderiertenfreundlichen Cousin des patriotischen Franklin Roosevelt, und dem Ku-Klux-Klan-Fan Woodrow Wilson unter seine Kontrolle gebracht und in Werkzeuge der britischen imperialen Sache verwandelt. Franklin Roosevelt schuf schließlich die Voraussetzungen für die Beendigung der maritimen Weltherrschaft des anglo-holländischen Systems der Finanzoligarchie (das ich im folgenden näher beschreiben werde). Nach Roosevelts zu frühem Tod gelang es der Finanzoligarchie, das Rad weltweit wieder zurückzudrehen: Während Roosevelt eine gerechte Nachkriegswelt versprochen hatte, ging es nun wieder in Richtung einer utopischen Reinkarnation des alten imperialen Seeherrschaftssystems.

Selbst die beiden inszenierten Weltkriege der Zeit 1914-45 schafften es nicht, in den USA den patriotischen Impuls zur Gründung eines Weltsystems souveräner nationalstaatlicher Republiken zu zerstören.

Leider nutzte man die Gelegenheit von Präsident Franklin Roosevelts Tod für den allgemeinen Zweck aus, für den die ursprünglichen Gründer und Anführer der heutigen anglo-amerikanischen utopischen Fraktion, H.G. Wells und Bertrand Russell, standen. Auf sie geht das Vorhaben zurück, mit einer Triade aus land-, see- und luftgestützten Kernwaffen die Welt so zu terrorisieren, daß sie sich einer Weltregierung der amerikanischen Tories und ihrer britischen Gesinnungsfreunde unterwürfe. Der Konflikt der Supermächte nach 1945, der Krieg der USA in Indochina 1964-72 und die Verwandlung der USA von einer produktiven Volkswirtschaft in eine neoimperiale Konsumgesellschaft wurden von Anhängern der Pläne von Wells und Russell wie den Sicherheitsberatern Kissinger und Brzezinski in Gang gesetzt. Diese letzte Phase der Wells-Russellschen utopischen Pläne für eine angelsächsische Weltregierung ist der wesentliche Grund für die gegenwärtige Weltdepression als Folge eines zusammenbrechenden Weltwährungssystems.

Charakteristisch für die Wirtschaftspolitik von Regierungen und supranationalen Einrichtungen im Rahmen dieser Pläne ist die anglo-holländische Variante des venezianischen Zentralbankmodells, namentlich die Politik des IWF.

[subhead]Das venezianische System[/subhead]

Von etwa 200 v.Chr. bis zu der Thronbesteigung von Kaiser Otto III. herrschten im Mittelmeerraum und den relevanten angrenzenden Teilen Europas zuerst das Römische Reich und dann Byzanz. Seit Venedig zur Zeit von Ottos Herrschaftsantritt als relativ unabhängige Macht aufzutreten begann, ersetzte es schrittweise das dekadente Byzanz und wurde so nach und nach zur vorherrschenden imperialen Seemacht der Region. Im Zentrum dieser Macht stand Venedig mit seinem politischen System des Dogen und seines Rats an der Spitze - die Diktatur einer einem Schleimpilz vergleichbaren Finanzoligarchie.

Mit dem ziemlich raschen Zerfall der physischen Macht des Staates Venedig nach dem Westfälischen Frieden 1648 ging das venezianische Modell einer von Finanziers kontrollierten imperialen Seemacht auf die Niederlande und auf England unter Wilhelm von Oranien über. Der Hauptrivale dieses anglo-holländischen Klons von Venedig war der Landadel des Fürstenrats, der nominell von den Habsburgern beherrscht war; dieser Rivale wurde insbesondere in den Jahrzehnten nach dem Wiener Kongreß geschwächt.

Mit dem Ruin Frankreichs und der Niederwerfung des "Dreikaiserbunds" durch die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf dem Kontinent errang das von London gelenkte anglo-holländische imperiale Seemachtmodell die Vorherrschaft über ganz Europa. Präsident Franklin Roosevelts Tod brachte diesem venezianischen Modell, das unsere amerikanischen Tories übernommen hatten, die weltweite Vorherrschaft - insbesondere in Verbindung mit den Auswirkungen des politischen Rückzugs von Präsident Eisenhower und der Ermordung Präsident Kennedys.

Infolge dieser stufenweisen Machtergreifung des anglo-holländischen Liberalismus nach venezianischem Vorbild in den letzten drei Jahrhunderten wurde das mit einer herrschenden Finanzoligarchie verbundene venezianische, imperiale maritime Herrschaftsmodell zur axiomatischen Grundlage der Verfassungen und Quasiverfassungen Europas. Die Rolle jenes seltsamen Relikts des Feudalismus, des Zentralbanksystems, ist ein Kennzeichen dieses "liberalen" venezianischen Modells.

So verwandelte sich als unmittelbare Folge der neoliberalen Veränderungen im Weltwährungs- und Finanzsystem seit dem 15. August 1971 die Wirtschaft der ganzen Erde in den letzten drei Jahrzehnten in eine zunehmend verkommene, heute bankrotte Masse moralischen, realwirtschaftlichen und nun auch finanziellen Ruins.

Diese Veränderungen hatten im wesentlichen zwei Ursachen. Die erste, die ich hier nur kurz zu nennen brauche, ist der Faktor, mit dem ich mich in verschiedenen Veröffentlichungen befaßt habe - u.a. kürzlich in einer Wahlkampferklärung über den Wells-Russellschen Plan für ein neurömisches, englischsprachiges Weltreich auf der Grundlage atomarer Ängste ([i]A Boldly Modest U.S. Global Mission[/i]). Die kulturellen Veränderungen, die während der 60er Jahre in der weltweit verbreiteten europäischen Zivilisation zur Beförderung dieser imperialen Zwecke eingeführt wurden, lieferten das Motiv für die radikalen axiomatischen Veränderungen des Weltwährungs- und Finanzsystems und der Wirtschaftspolitik von 1971-2002. Diese Veränderungen brachten den praktisch unvermeidlichen Zusammenbruch des gesamten Weltsystems über uns. Entscheidend war, daß in den letzten dreieinhalb Jahrzehnten die Rolle der USA als führende produzierende Wirtschaft der Welt bewußt beendet wurde, indem man meine Nation in die zunehmend nachindustrielle, parasitäre Konsumgesellschaft verwandelte, die sie heute ist.

Der Mechanismus, durch den die Weltwirtschaft einer solchen kontrollierten Desintegration der bisherigen Wirtschaft unterzogen wurde, bestand aus einem radikalliberalen, vom IWF beherrschten regulierten Netz von Zentralbanken sowie einem amerikanischen Federal-Reserve-System, das auf das gleiche Niveau herabsank. Inzwischen ist der Punkt erreicht, an dem ein Überleben der Weltwirtschaft nur noch möglich ist, wenn man alle Überreste dieses herrschenden Netzes von Zentralbanksystemen beseitigt. Wenn wir das nicht tun, wird die ganze Zivilisation in ein weltweites finsteres Zeitalter stürzen - vergleichbar oder schlimmer als das in Europa im 14. Jahrhundert. Die Entscheidungen von Zentralbanksystemen sind für vernünftige und kompetente Ökonomen nicht mehr relevant - relevant ist nur, was souveräne Nationalstaaten tun, um diese inhärent bankrotten Überreste des Feudalismus namens Zentralbanksystem zu ersetzen.

[head]II. Den Schleier der Sinneswahrnehmung zerreißen[/head]

Jetzt komme ich zur Wirtschaft als solcher - womit ich [i]physische Wirtschaft[/i] meine, und nicht Finanzbuchhaltung.

In dieser Frage ist der entscheidende, systemische Unterschied zwischen klassischen und romantischen Kulturen, daß sie die [i]Sinneswahrnehmung[/i] grundsätzlich verschieden auffassen. Im Gegensatz zu den klassischen Griechen seit Pythagoras und den größten Geistern der neuzeitlichen europäischen Wissenschaft verfallen relativ niedrigere Kulturen der Illusion, daß das, was sie mit ihren Sinnen zu sehen, hören, schmecken, riechen und tasten vermeinen, die Wirklichkeit sei. Wenn man diesen kindischen Irrtum vergleichsweise roher Kulturen wie dem Römischen Reich bedenkt, fällt es schwer, die höchsten Errungenschaften des überlegenen klassischen griechischen Denkens herauszufinden, die in Platons [i]Staat[/i] und dort vor allem im Höhlengleichnis ausgedrückt sind.

Das Verständnis dieses Problems ist der unverzichtbare Ausgangspunkt für jedes kompetente Denken über Wirtschaft.

Die Sinne sind lebendige Organe unseres Körpers, die - ähnlich verläßlich wie Schatten - die Auswirkungen der Erfahrungen widerspiegeln, welche die Sinne nie direkt "sehen" können. Wissenschaft ist die praktizierte Ansammlung von Entdeckungen praktisch beweisbarer universeller physikalischer Prinzipien - Prinzipien, die man mit den Sinnen nicht direkt wahrnehmen kann, die aber den tatsächlich existierenden Wirkungsformen entsprechen, welche die Macht des Menschen in und über das Universum steigern, obwohl sie jenseits des Schleiers der Sinneswahrnehmung wirken.

Nehmen wir als Beispiel die Schwerkraft. Betrachten wir als naheliegende Veranschaulichung die erfolgreiche Methode hinter der wirklichen Entdeckung des Prinzips universeller Schwerkraft durch Johannes Kepler.

Die irrige aristotelische Methode, die vom dekadenten Römischen Reich wiederbelebt und diktiert wurde und dann weiter vorherrschte, verleitete nicht nur Claudius Ptolemäus, sondern auch Kopernikus und Tycho Brahe dazu, Modelle zu entwerfen, welche die Sinneswahrnehmung des astronomischen Himmels (standardisierte Sinnesbeobachtungen) nach aristotelischen Prinzipien zu erklären suchten.

Kepler, der Brahes Messungen durch präzisere ergänzte, zeigte empirisch, daß die Planetenbahnen nicht kreisförmig, sondern elliptisch sind, und daß die Bewegung ungleichförmig ist. Diese Entdeckung Keplers allein diskreditierte schon ein für allemal das ganze aristotelische System und auch den Empiriker Galileo. Tatsächlich diskreditierte dieses Paradox jede Astronomie auf der Grundlage der vereinfachenden Sicht der Sinneswahrnehmung, und führte zu Keplers Entdeckung der universellen Schwerkraft und damit zum ersten umfassenden Ansatz zur Schaffung einer mathematischen Physik.

Kepler bewies damit die Existenz eines universellen Wirkungsprinzips, das sich hinter dem Schleier der Schattenwelt der bloßen Sinneswahrnehmung versteckte. Die Schwerkraft ist wie jedes universell wirkende physikalische Prinzip kein Objekt der Sinneswahrnehmung. Es ist nichts, was man "lernen" könnte, denn Lernen und Symbolismus sind mit Sinnesgewißheit verknüpft; man kann es nur "erkennen": als eine universelle Hypothese, die mit geeigneten experimentellen Methoden als gültig bewiesen ist. Wie Platon in seinem Dialog über die Verdoppelung des Quadrats betonte, und wie u.a. Leibniz und Gauß zeigten, können wir diese Prinzipien erkennen, so daß ihre einzigartige [i]Kraft[/i] es uns ermöglicht, die reale Welt bewußt zu verändern - so etwa die nukleare Mikrophysik, die hinter den bloßen Schatten wirkt, welche die reale Welt auf unsere Sinnesorgane wirft.

Dieselbe Sichtweise der Naturwissenschaft war schon das Kennzeichen des klassischen wissenschaftlichen Denkens von Archytas und Platon bis zu Archimedes und Eratosthenes. Typisch sind klassisch-griechische Themen, wie die Konstruktion eines Quadrats, dessen Fläche doppelt so groß sein soll wie die eines anderen Quadrats, oder die entsprechende Verdoppelung eines Würfels bzw. die enormen Implikationen der Reihe der fünf Platonischen Körper. Dieses Konzept ging der europäischen Zivilisation überall da, wo der rohe, zersetzende Einfluß des Romantizismus vorherrschte, zeitweise verloren. Über die gleichen Fragen löste Carl Gauß eine Revolution in der modernen mathematischen Physik aus, als er in seinem Bericht über die Entdeckung des ersten gültigen Fundamentalsatzes der Algebra 1799 das Konzept der komplexen Zahlen begründete. Platon verband in seinem Dialog [i]Theaetetus[/i] diesen Bereich komplexer Zahlen mit dem Bereich der [i]physikalischen Kräfte[/i] jenseits der Sinneswahrnehmung - dem Bereich, der die im sinnlichen Bereich unmöglichen Dinge zum Leben erweckte, so daß sie in der Schattenwelt der Sinneswahrnehmung Schatten werfen.

Ähnlich verwendete Leibniz bei seiner Entdeckung des Grundprinzips einer physischen Wirtschaftswissenschaft den platonischen Namen [i]Kraft[/i], um die Auswirkungen der Anwendung von Entdeckungen physikalischer Prinzipien zur Verbesserung der wirtschaftlichen Praxis auszudrücken. Gauß verwendet denselben Begriff [i]Kraft[/i] bei der Definition der komplexen Zahlen. Der Leibniz-Bernoullische Beweis, daß die Kettenlinie als charakteristisches Abbild der komplexen Zahlen ein Prinzip universeller geringster Wirkung ausdrückt, ist die wirksam einfachste Demonstration von Leibniz' [i]physikalischem[/i] Prinzip der Infinitesimalrechnung - im Gegensatz zu den berühmten Einbildungen von Carl Gauß' Gegnern Lagrange und Cauchy.

Die Ableitung der wirkenden Existenz solcher, universelle physikalische Prinzipien genannten Kräfte, die von der anderen Seite des Schleiers der Sinnesgewißheit her auf unsere Sinne wirken, mit Hilfe der sokratischen Methode, zeigt experimentell den grundlegenden Unterschied zwischen dem menschlichen Individuum und den niederen Lebensformen. Keine andere Gattung ist fähig, ihre potentielle relative Bevölkerungsdichte gezielt immer weiter zu erhöhen.

Der Unterschied zeigt sich daran, daß die relative potentielle Bevölkerungsdichte der Menschheit über die wenigen Millionen hinaus, die bei Menschenaffen möglich sind, bis heute auf mehrere Milliarden gestiegen ist. Das Potential der Menschheit, nicht nur die individuelle Entdeckung eines hinter dem Schleier der Sinnesgewißheit wirkenden Prinzips hervorzubringen, sondern auch nachfolgende Generationen dazu zu bewegen, diese Entdeckung nachzuvollziehen, ist die wesentliche Handlungs- und Wirkungsweise, die menschliche Kulturen wissenschaftlich von den Kulturen niederer Lebensformen unterscheidet. Der allgemeine Ausdruck hiervon ist der daraus resultierende Anstieg der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der Menschheit, gemessen pro Kopf und pro Quadratkilometer Landfläche.

Mit dieser Erkenntnismethode, die uns individuell und kollektiv hinter den Schleier greifen läßt, verbessert der Mensch nicht nur seine individuelle Macht über die Natur, die er vorfindet, sondern er verändert seine Umwelt - etwa durch wissenschaftliche Revolutionen und durch Kapitalinvestitionen in physische Verbesserungen der Produktionsbedingungen, wie z.B. grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur.

Durch Erhaltung und Steigerung dieser willentlichen Verbesserungen im menschlichen Wissen und im physischen Kapital wird die produktive Arbeitskraft erhalten und verbessert. In der Wissenschaft der physischen Ökonomie betrachtet man die Schattenwelt der Sinne von einem Standpunkt hinter diesem Schleier und mißt entsprechend den Erfolg der Wirtschaft physisch, und nicht finanziell.

[subhead]Nützliches und schädliches Geld[/subhead]

In einem gesunden nationalstaatlichen System, wie etwa unter der amerikanischen Bundesverfassung, ist die Befugnis zur Ausgabe und Regulierung von Währungsgeld in jeder Form auf die souveräne Macht des Staates beschränkt; [i]außerhalb der Regulierungskompetenz des Staates ist keine Währungsautorität zulässig[/i]. Das übergreifende Ziel dieser Aktivitäten zur Geldschöpfung und Regulierung sollte dabei sein, den Geldumlauf so zu kontrollieren, daß die Resultate mit den gewünschten Absichten der realwirtschaftlichen Ziele im Dienste des Erhalts und der Verbesserung des Gemeinwohls übereinstimmen. Diese verfassungsmäßige Beschränkung zieht eine Trennlinie zwischen nützlichen und schädlichen, wucherischen Formen jener rein symbolischen, leeren Existenz namens "Geld".

Die Bedeutung dieses Arguments läßt sich am einfachsten anhand zweier besonders verbreiteter, aber inhärent psychopathischer Meinungen über Geld veranschaulichen. Die erste ist die Illusion, es gebe eine natürliche Höhe für die Zinsen auf geliehenes Geld. Die zweite ist, daß der richtige Zinssatz auf eine bestimmte Summe geliehenen Geldes von einem "Gesetz von Angebot und Nachfrage" (das in Wirklichkeit gar nicht existiert) bestimmt werde.

Zunächst einmal - anders als einige behaupten, die von einer nichtexistenten Größe namens "Nützlichkeit" sprechen - wird die Investition von Geld als solches den von der Gesellschaft produzierten Reichtum nicht erhöhen. Papier bleibt Papier, und innerhalb der Grenzen der realen Welt werden Papierwerte tendenziell eher brennen als brüten.

Verbesserung - d.h. reales Wachstum, erhöhte reale Produktivität, physisch verbesserte Produkte - erfolgt nur durch [i]reale Investitionen in die Produktion jener physischen Effekte[/i], die tendenziell das Durchschnittsniveau der physisch-produktiven Arbeitskraft in der Gesamtgesellschaft erhöhen. Der Staat mit seiner unbegrenzten souveränen Befugnis zur Schöpfung und Zirkulation seiner Währung muß die Regeln des Kredits und Geldumlaufs so gestalten, daß die physisch erwünschten langfristigen Auswirkungen möglichst gefördert werden. Dies muß genauso oder noch mehr betont werden als die kurzfristigen Auswirkungen.

Die schwierigsten Aufgaben stellen sich bei Fragen in den Kategorien mittel- bis langfristiger [i]Kapitalzyklen[/i]. Um hinsichtlich dieser Kategorien eine kompetente Politik zu definieren, muß man immer den physischen Zyklus als primär betrachten, und den finanziellen Ausdruck dieses physischen Zyklus mit der physischen Bemessung in Übereinstimmung bringen.

Der elementarste langfristige Wirtschaftszyklus bemißt sich in Generationen: die Investition, die man in die Entwicklung des neugeborenen Kindes zu einem ausgebildeten, wirtschaftlich wirkenden jungen Erwachsenen eine Generation später insgesamt erbringen muß. So müssen beispielsweise die Kosten und Preise von Produktion und Handel die entstandenen physischen Kosten dieser Investition in die Entwicklung einer neuen Generation mit einem bestimmten produktiven Potential widerspiegeln.

Wie sich die Qualität realer Investitionen einer Gesellschaft in eine Generation verändert, beurteilt man am besten bezogen auf den Pro-Kopf-Zuwachs der physischen Produktivität dieser Gesellschaft über einen Zeitraum von mindestens zwei Generationen, also etwa 50 Jahren, oder, noch verläßlicher, drei Generationen. Die Qualität der politischen Führung eines Staates bemißt sich im wesentlichen daran, inwieweit sie die intellektuelle Fähigkeit und den Willen hat, heute Errungenschaften künftiger Generationen auf den Weg zu bringen, die innerhalb einer einzigen Generation nicht zu bewerkstelligen sind. Im Frankreich unter Charles de Gaulle zeigte sich das an dem Begriff der "indikativen Planung" langfristiger Investitionsprioritäten. Auf derartiger "indikativer Planung" beruhten auch das amerikanische Wirtschaftswunder von 1861-76, Präsident Franklin Roosevelts Wirtschaftsaufbauprogramm und der phänomenale technische Nutzen von Kennedys Raumfahrt-"Crashprogramm" für die Gesamtwirtschaft.

Neben den Investitionen der Gesellschaft in die Entwicklung der folgenden Generationen im typischen Familienhaushalt sind noch andere langfristige Zyklen physischer Investitionen zu betrachten. Das sind etwa Investitionen in die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur, wie das allgemeine Verkehrswesen, Energieerzeugung und -verteilung, Wasserversorgung, Landerschließung, Abwassersysteme und das Bildungswesen. Auch dies sind Zyklen, die man über den Zeitraum von einer oder mehreren Generationen abschätzen und messen muß. Dann gibt es die in der Regel privaten Investitionen in örtliche produktive Anlagen wie Landwirtschaft und Güterproduktion. Und es gibt zwei besondere individuelle Tätigkeitsbereiche: die wissenschaftliche Entdeckung und das produktive Unternehmertum an sich.

Mit diesen beiden letztgenannten Kapitalzyklen - Wissenschaft und produktives Unternehmertum - berühren wir am direktesten die entscheidendsten Aspekte einer modernen Wirtschaft: der souveräne Beitrag der Erkenntniskraft des Einzelnen zur Schaffung von Fortschritt. Zwar üben nur einige im Produktionsbereich tätige Unternehmer ihre wirtschaftliche Führungsrolle als Wissenschaftler aus, doch ist effektives Unternehmertum von Landwirten und Fabrikanten immer mit der gleichen wichtigen Bedeutung der souveränen Fähigkeiten des individuellen Geistes verbunden, wenn auch auf relativ schwächere und indirekte Weise.

Das wesentliche Element realer Produktivitätssteigerungen bei der Herstellung landwirtschaftlicher, industrieller und verwandter physischer Güter betrifft die Folgen schwankender Investitionen in den grundlegenden wissenschaftlichen Fortschritt und den bestimmenden Einfluß dieses Fortschritts auf die potentielle Rate technischen Fortschritts. Mathematisch ausgedrückt sind diese wissenschaftlich-technischen Determinanten für die Grenzen steigender Produktivität [i]physikalische Kräfte[/i] in dem Sinne, wie der Gauß-Riemannsche Bereich die [i]physikalische[/i] Bedeutung des mathematischen Bereichs der komplexen Zahlen definiert (im Gegensatz zu den Auffassungen von Gauß' reduktionistischen Gegnern Lagrange und Cauchy).

Weder irgendein System der Finanzbuchhaltung noch irgendwelche aus der reduktionistischen Elfenbeinturm-Mentalität der "Systemanalyse" von Bertrand-Russell-Klons wie Norbert Wiener und John von Neumann abgeleiteten Methoden können solche Aspekte der physischen Wirtschaftsprozesse kompetent erfassen. Finanzbuchhaltung, Systemanalyse und andere "Elfenbeinturmkonstrukte" der Analyse von Realwirtschaften werden immer völlig falsche politische Vorgaben hervorbringen, weil derartige, auf bloßer Sinnesgewißheit beruhenden mathematischen Konstrukte mit dem realen Universum, in dem die physische Wirtschaft existiert, nicht übereinstimmen.

Lassen wir den für gewöhnlich fragwürdigen Fall, daß der Firmeneigentümer nicht selbst im Unternehmen tätig ist, einmal beiseite. Konzentrieren wir uns auf das Beispiel des vom Inhaber persönlich geleiteten mittelständischen Betriebes, dessen wesentlicher Beitrag zur Gesellschaft es ist, technische Fortschritte bei Produkten und Produktionsprozessen hervorzubringen oder, was häufiger ist, umzusetzen. Vergleichen wir diese eigentliche klassische Rolle des Unternehmers in der Gesellschaft mit dem Beitrag der entdeckten universellen physikalischen Prinzipien, die nach der Definition von Platon, Leibniz, Gauß u.a. die physikalischen Geisteskräfte sind, mit denen die hinter dem Schleier der Sinneswahrnehmung existierende reale Welt verändert wird.

Im letzteren Fall, beim wissenschaftlichen Entdecker, besteht seine charakteristische physisch-wirtschaftliche Aktivität in der nur in der souveränen Schöpferfähigkeit des einzelnen Menschen ruhenden [i]Kraft[/i], gültige funktionale Definitionen universeller physikalischer Prinzipien zu finden. Im Falle des genannten Unternehmertyps läßt sich diese Frage am besten verstehen, wenn man ihn mit einem wissenschaftlichen Entdecker vergleicht. Ich verwende den Begriff "Kraft" hier in der gleichen Bedeutung wie Platon bei seiner Behandlung des geometrischen Problems der Konstruktion der Verdoppelung eines Quadrates oder Leibniz bei der Definition der Wissenschaft der physischen Ökonomie und in dem physikalischen Sinne in Gauß' Beschreibung seiner Entdeckung des Fundamentalsatzes der Algebra und Riemanns Definition der experimentalphysikalischen Bedeutung von Kraft im Schlußteil seiner Habilitationsschrift von 1854.

[subhead]Naturwissenschaft und Gesellschaft[/subhead]

Entwicklung und Einsatz der Erkenntnisfähigkeit des individuellen menschlichen Geistes sind das Prinzip, das jeder kompetenten Wirtschaftswissenschaft zugrundeliegt. Das Ziel einer modernen Republik - wie es etwa die Präambel der historisch einzigartigen Verfassung der USA formuliert - besteht darin, die Volkswirtschaft so zu entwickeln, daß diese individuellen schöpferischen Fähigkeiten zum maßgeblichen Aspekt unserer mittel- bis langfristigen politischen Entscheidungen werden. Es gibt kein populistisches oder anderes reduktionistisches Gesellschaftssystem oder überhaupt ein System, das diese spezifischen "Früchte" des menschlichen Geistes irgendwie "kollektiv" wachsen lassen könnte.

Man muß die Republik politisch so gestalten, daß die sozialen und physischen Bedingungen geschaffen werden, unter denen die Entwicklung der schöpferischen Kraft jedes einzelnen ("Kraft" im Sinne von Platon, Leibniz und Gauß) gefördert wird und die Menschen unabhängig von ihrer früheren Stellung in der Gesellschaft die Möglichkeit erhalten, ihre erworbenen souveränen Schöpferkräfte der Gesellschaft als ganzer zur Verfügung zu stellen - so wie etwa der kreative Wissenschaftler, Unternehmer oder Facharbeiter diese Fähigkeiten in den wirtschaftlich-sozialen Prozeß einbringen.

Der Wert eines solchen Menschen und seiner Arbeit läßt sich nicht arithmetisch berechnen. Alles, was wir tun können, ist, solche Menschen hervorzubringen und ihnen dann die geeigneten Umstände zu bieten, unter denen sie ihre Arbeit tun können. [i]Wirtschaftswachstum mißt man nicht in einfachen arithmetischen Größenordnungen, sondern als "Kräfte".[/i] ("Kraft" auch im Sinne der mathematischen Potenz.) Eine jede derartige Kraft zeigt sich in Form einer Entdeckung eines universellen physikalischen Prinzips. (Auch künstlerische und gesellschaftliche Prinzipien, für die eine bestimmte physische Wirkung experimentell nachgewiesen werden kann, sind physikalische Prinzipien. Diese Prinzipien werden genauso entdeckt, wie man universelle naturwissenschaftliche Prinzipien abiotischer und biologischer Prozesse demonstriert. Die Einschränkung ist, daß man künstlerische und verwandte gesellschaftliche Prinzipien nur als Prinzipien in diesem Sinne definieren kann, wenn sie klassischen Prinzipien nicht widersprechen.) Die Akkumulation überlieferter und neu entdeckter Prinzipien als [i]Kraft[/i] (Potenz) definiert wissenschaftlich den Stand des menschlichen Fortschritts. So erkennt man, daß forschungsintensive Großprogramme in der Art des von Präsident Kennedy inspirierten Mondprogramms der Typ von Volkswirtschaft sind, der den größten Gewinn bringt.

Deshalb dürfen wir auf keinen Fall zulassen, daß ein Finanzbuchhaltungssystem der heute gängigen Definition, oder Ableitungen davon, die Wirtschaftspolitik unserer Regierungen bestimmt. Die charakteristische Produktivität einer Gesellschaft (d.h. Volkswirtschaft) wird allein dadurch verbessert, daß man Entdeckungen solcher [i]Kräfte[/i] hervorbringt, weitervermittelt und anwendet. Diese Kräfte definieren die [i]physische Wirkung[/i] im Universum, anhand derer man den Anstieg der Arbeitsproduktivkraft sinnvoll messen kann. Letztlich ist keine Definition von [i]Gewinn[/i] (Profit) gültig, wenn wir darunter nicht etwas verstehen, was den Erfolg einer Volkswirtschaft als unteilbarer Einheit mißt. Eine Wirtschaft ist genausowenig die Summe ihrer Einzelteile wie ein Mensch.

[subhead]Noch einmal zur Noosphäre[/subhead]

Die Fähigkeit, ein experimentell nachweisbares, universelles Prinzip hervorzubringen und weiterzuvermitteln, ist die einzige Definition der spezifisch menschlichen Natur, die uns in den Grenzen der sogenannten Naturwissenschaften zur Verfügung steht. Zu dieser spezifisch menschlichen Handlung ist kein Menschenaffe fähig - auch keiner, der gelernt hat, einen durch Computer ausgewerteten Multiple-Choice-Test an der Universität zu bestehen.

Wladimir Wernadskij in Rußland, der als erster dauerhafte Definitionen der Bio- und der Noosphäre lieferte, hat diesen Unterschied besonders hervorgehoben - diese Erkenntnisfähigkeit des menschlichen Geistes, die etwas erreichen kann, was Immanuel Kant, Bertrand Russell, Norbert Wiener und John von Neumann für unmöglich hielten: die Erkenntnis eines universellen physikalischen Prinzips willentlich hervorzubringen. Diese Fähigkeit erhebt den Menschen kategorisch über alle anderen Lebensformen. Das definiert die Noosphäre.

Die menschliche Erkenntnis ist die einzige funktionell sinnvolle Unterscheidung zwischen einer Volkswirtschaft und einer Gesellschaft von Pavianen. Somit ist wissenschaftlich nachgewiesen, was viele Beobachter der amerikanischen Wirtschaft schon lange vermuten: Im Bereich der Finanzbuchhaltung oder der Systemanalyse gibt es nichts, was auf irgendeinen erkennbaren Unterschied zwischen dem Werk von Pavianen und dem Werk von Ökonomen der Universität Chikago oder der Harvard Business School hindeutete.

Dies sollte uns eine Warnung sein: Ein Handlungsmaßstab, der zwischen Gesellschaften von Pavianen und Menschen nicht unterscheidet, verfehlt völlig den Zweck jeder kompetenten wirtschaftlichen Praxis. Ja, wenn man die moralischen Implikationen genauer betrachtet, fällt das Urteil über die Ökonomen der Universität Chikago - als zoologische Gattung betrachtet - sogar noch schlechter aus. Die Lehre vom "Freihandel" - die Adam Smith, wie Turgots Anhänger bitter beklagten, aus den Werken von Physiokraten wie Turgot und Quesnay abgeschrieben hat - , beschreibt mit ihren neomanichäischen [i]laissez-faire[/i]-Dogmen eine Wirtschaft, die auf der brutalen Ausbeutung von Menschen durch vielfältige Formen der Sklaverei beruht.

Die besondere Errungenschaft der anti-romantischen, klassischen Renaissance war, daß mit der Entstehung des gemeinwohlorientierten modernen Nationalstaats unter Ludwig XI. in Frankreich und Heinrich VII. in England die Ideen des Kardinals Nikolaus von Kues in [i]Concordantia catholica[/i] und [i]De docta ignorantia[/i] (dem Beginn der modernen Experimentalwissenschaft) zumindest teilweise verwirklicht wurden. Da nunmehr, dem Gemeinwohlprinzip zufolge, der Staat für die Entwicklung der menschlichen Kräfte aller Bürger verantwortlich war, wurden die Sklaven aus ihrer bestialischen Unfreiheit befreit und zu Bürgern gemacht. Indem der Codex Diokletians, der die Praktiken des imperialen ([i]ultramontanen[/i]) Feudalismus geprägt hatte, auf diese Weise über den Haufen geworfen wurde, setzte man die schöpferischen geistigen Fähigkeiten frei, die vorher unterdrückt worden waren, als die Menschen noch unter viehischen Bedingungen lebten, wie sie Leute wie Quesnay, Locke und Adam Smith für die Masse von Knechten und Billigarbeitern vorsehen.

Der entscheidende Fehler, wenn man anstelle physischer Wirtschaftswissenschaft Finanzbuchhaltung und Systemanalyse betreibt, ist der, daß diese auf einem unmenschlichen Menschenbild beruhen. Entgegen der Meinung Quesnays und Smiths ist es der Mensch, der mit seiner Schöpferkraft neuen Reichtum schafft, und es sind Unmenschen wie die Oberbuchhalter Quesnay, Locke und Smith, die sich auf seine Kosten bereichern.

[head]III. Bankenwesen in der imperialen Wirtschaft und in der Nationalökonomie[/head]

Bei der typischen Struktur des venezianischen Modells, das wir in der Form des anglo-holländischen liberalen Gesellschaftsmodells kennen, ist die Kontrolle über die Gesellschaft zwischen zwei Mächten geteilt: dem Staat und dem schleimpilzartigen kollektiven Organ der Finanzoligarchie. Letzteres hat in der Regel die Form moderner, sogenannt "unabhängiger" Zentralbanken oder des Internationalen Währungsfonds (IWF) der Zeit nach 1971.

Letzterer ist von seinem Wesen, seiner Macht und seiner üblichen Praxis her ein unmenschlicher Parasit der Menschheit. Unter diesem Arrangement ist der Staat, der nominell dem Volk verantwortlich ist, in Wirklichkeit weitgehend - wenn nicht sogar ausschließlich - beherrscht von seinen Verpflichtungen gegenüber einer auswärtigen räuberischen Institution, einer Besatzungsmacht, einem Finanzinteresse, das in der Gesellschaft operiert, sich aber jeglicher Verantwortung gegenüber den ausgeplünderten Gesellschaften entziehen darf. Das ist die schlichte Wahrheit hinter der wundersamen Phrase von der "Unabhängigkeit der Zentralbanken", bei der die hinters Licht geführten Anhänger dieses Kults andächtig die Augen verdrehen (wenn auch sicherlich nicht gen Himmel).

Die Folge hiervon ist, daß die ökonomische Lehre und Praxis unter dem Einfluß des Systems der Zentralbanken, wie etwa dem heutigen IWF-System, Ausdruck einer auswärtigen Macht ist - Räuberbanden aus einer anderen Welt vergleichbar - , die von ihren Opfern Tribut erpreßt, etwa so wie die asiatischen Khane die Fürstentümer und Klöster im mittelalterlichen Rußland plünderten.

Betrachtet man das Phänomen vor einem breiteren und älteren Hintergrund, ist dieses Arrangement zwischen einer Nation und räuberischen Zentralbanken eine Erweiterung einer älteren Praxis, die man damals oft als [i]Imperialismus[/i] bezeichnete. Die Imperien des antiken Mesopotamien, die internationalen Finanzpraktiken des delphischen Apollo-Kultes und das römische, pantheistische System des [i]Pontifex Maximus[/i] stehen für das gleiche Modell wie die "unabhängige" Zentralbank in der Neuzeit. Das Gemeinsame bei allen diesen Ableitungen des gleichen Prinzips ist, daß die herrschende Institution für die Folgen der Politik und der Praktiken, die sie den Nationen aufzwingt, nicht zur Verantwortung gezogen werden kann.

Der moralische und wirtschaftliche Niedergang der USA unter dem Einfluß einer solchen utopisch-imperialistischen Zentralbankpolitik, vor allem in den letzten drei Jahrzehnten, verwandelte die Vereinigten Staaten aus der vormals weltweit führenden produktiven Gesellschaft in eine dekadente, räuberische Konsumgesellschaft: ein Nachhall des wirtschaftlichen und moralischen Niedergangs Italiens in der Zeit imperialer Eroberungen seit dem Zweiten Punischen Krieg.

Die Alternative zum Zentralbanksystem in der weltweit ausgedehnten Geschichte der neuzeitlichen europäischen Zivilisation waren die Erste und Zweite Nationalbank der USA. Auch wenn es New Yorker und anderen Tory-Bankiers - wie Aaron Burr, Martin van Buren und dem Konföderiertenfreund August Belmont - in Zusammenarbeit mit London gelang, die amerikanischen Nationalbanken zu unterdrücken, bleibt das Nationalbankprinzip implizit in der amerikanischen Verfassung verankert. Hier liegt der wichtigste Unterschied zwischen der schlechten Definition von "Kapitalismus", die sich in Europa leider durchgesetzt hat, und dem wesentlichen axiomatischen Prinzip des Amerikanischen Systems der politischen Ökonomie, das der deutsch-amerikanische Ökonom Friedrich List als "nationales System der Ökonomie" bezeichnete.

Das entsprechende moralische und wirtschaftswissenschaftliche Prinzip ist: Keine fremde Macht, die nicht die volle Verantwortung für die Folgen ihrer Politik gegenüber der Regierung des souveränen Nationalstaats übernimmt, darf als eine über der souveränen Nation stehende Macht zugelassen werden. Die Institutionen des Banken- und Finanzwesens müssen die gleiche Last tragen und das gleiche Schicksal erleiden, das sie mit ihrer Politik und Macht den souveränen Nationen und deren Bevölkerung aufzwingen. Die Leute, die sich unbedingt weiterhin so verhalten wollen, als wären sie räuberische Wesen aus dem Weltraum, sollten sich dann auch im Weltraum einen Ort suchen, der ihrem Wesen eher entspricht. Die Alternative zu diesem Exodus wäre, daß sie sich den gleichen Mühen und Verantwortlichkeiten unterziehen wie alle anderen auch.

Das muß die Richtschnur für unsere heutige Reform sein. Andernfalls wird die Zivilisation in ein langes und weltweites neues finsteres Zeitalter stürzen.

Daher müssen Regierungen gemeinsam ein Bankensystem neuen Typs schaffen, das die "unabhängigen" Zentralbanken ersetzt. Dieses neue System müssen Nationalbanken sein, die über den richtigen Rahmen wachen, innerhalb dessen man das private Bankenwesen und verwandte Funktionen der Gesellschaft reguliert und auf andere Weise dazu anspornt, dem Gemeinwohl zu dienen.