Von Andrea Andromidas
Der Klimakongreß des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) am 25. und 26. September in Berlin setzte genau das falsche Zeichen, und so ist zu befürchten, daß es mit der Industrie in Deutschland weiter rasant abwärts geht. Die Rede des BDI-Präsidenten Dr. Siegfried Russwurm brachte durchaus zum Ausdruck, daß man in Industriekreisen schockiert, ja geradezu fassungslos ist über den jüngsten Abwärtstrend. Weil gerade die energieintensiven Teile der Industrie wie Stahl und Chemie wegen der astronomischen Energiekosten unmittelbar bedroht seien, stünde die gesamte Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft auf dem Spiel. Aber dieser realistischen Einschätzung folgte leider keine kritische Analyse, sondern - wie zu erwarten - ein von Ideologie und politischem Druck getriebener Beschluß: Die Große Transformation (Energie-, Verkehrs-, Wohn- und Verhaltenswende) gehe zu langsam, man müsse sie beschleunigen.
Obwohl die Thesen von den „Grenzen des Wachstums“ nun schon über 50 Jahre alt sind und die Industrie von der Propaganda schon jahrzehntelang für den zu erwartenden Untergang des Planeten verantwortlich gemacht wurde, machen sich führende Vertreter der Industrie immer noch kein wirkliches Bild davon, worauf der Begriff der Großen Transformation eigentlich abzielt.
Der einzige, der es überhaupt wagte, seine Zweifel über die gegenwärtigen Ereignisse in die Diskussion zu bringen, war Volker Wissing, Minister für Digitales und Verkehr. Er sagte folgendes: „Manche sind mit ,Degrowth‘ unterwegs und meinen, daß die Schrumpfung der Industrieländer die Lösung sei. Ich halte das für brandgefährlich, weil es den Zusammenhalt unserer Demokratien gefährdet, und ich rufe dazu auf, gemeinsam mit allen Verantwortlichen für eine wachstumsorientierte Transformation zu stehen...“1
Nach dem Verständnis der Urheber dieses Begriffs ist aber eine „wachstumsorientierte Transformation“ gerade das Gegenteil der angestrebten Veränderung.
Dreierlei ist in Erinnerung zu rufen:
1. das Abschalten der Kernreaktoren,
2. die Bombardierung der Nord Stream Pipelines,
3. die Rahmenbedingungen der sogenannten Klimapolitik.
Infolge dieser bewußt herbeigeführten Ereignisse ist die Industrie in Deutschland weitgehend auf Energietechniken angewiesen, die nicht nur niedrige Leistungsdichten aufweisen, sondern dazu noch extrem wetterabhängig sind. Fachleute haben über Jahre hinweg immer wieder davor gewarnt, welche Folgen das für den Industriestandort Deutschland haben würde.
Es wird damit absichtlich ein physikalischer Zwang eingeführt, der seit Mitte der 70er Jahre in den Kreisen des Club of Rome als „Soft Energy Path“, als weicher Weg der Energieversorgung bezeichnet wurde. Seit vielen Jahrzehnten war bei den Gegnern einer wachstumsorientierten Industriegesellschaft bekannt, daß dieser Weg so gut wie automatisch eine Systemveränderung herbeiführen und schließlich in einer nachindustriellen Mangelwirtschaft enden würde. Diese Systemveränderung („Degrowth“) wird in den vom Wuppertal-Institut veröffentlichten Schriften zum Thema „Große Transformation“ ausführlich beschrieben. All das ist ebenfalls bei AGORA in dem Papier „Energie und Dezentralität“ von 2017 ausführlich beschrieben. Agora Energiewende propagiert ganz bewußt auf der Grundlage dieser Umstände eine bevorstehende Zeitenwende. Das Zeitalter „hoher Energiedichten“ wird für beendet erklärt und das neue Zeitalter mit „verdünnter Energie“ angekündigt. 2
Wetterabhängige Technik, digitale Vernetzung immer kleinteiligerer Strukturen, überbordende Dokumentationspflicht und ein zunehmend chaotischer Marktmechanismus benötigen ein krebsartig wachsendes Management, das mit dem Ausdruck „Sand im Getriebe“ nur unzureichend charakterisiert ist.
Im Vergleich mit dem vorher vorhandenen, bestens organisierten Energiesystem, welches wetterunabhängig für sichere, bezahlbare und umweltfreundliche Stromproduktion sorgte, ist es nicht übertrieben, diese Methode als eine Waffe gegen die Industriegesellschaft zu bezeichnen.
Alleine die beim Klimakongreß genannte Liste der umgehend zu bewältigenden Infrastruktur-Aufgaben im Sinne der geplanten Transformation macht deutlich, daß die Ideologie vom Klima-Untergang jede rationale Herangehensweise verdrängt hat: 50 neue Gaskraftwerke, 14.000 km neue Stromnetze, 11.000 km Wasserstoffnetz, dazu die Sanierung von 4000 maroden Autobahnbrücken, eines maroden Schienennetzes und die Sanierung von Schleusen und Engpässen bei den Wasserstraßen.
Man muß kein Industriemanager sein, um zu erkennen, daß unter den entstandenen Rahmenbedingungen alle Voraussetzungen für einen beschleunigten Ruin des deutschen Industriestandorts gegeben sind. Vor dem Hintergrund eines gewaltigen Entwicklungspotentials im Rest der Welt sagte Russwurm dann auch ahnungsvoll: „Ich möchte nicht Außenminister dieses Landes sein, wenn ich nicht mit wirtschaftlicher Stärke argumentieren könnte, denn nur damit zu argumentieren, daß wir die moralisch Stärkeren sind..., das werden unsere Gesprächspartner nicht aufnehmen wollen.“
(Andrea Andromidas ist Mitglied im Landesvorstand des BüSo-Landesverbandes Hessen.)
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