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Durchbruch im Schweizer Nationalrat: Parteibündnis setzt Trennbanken-Initiative durch

Ein Bündnis der linken SP, der konservativen SVP und der Grünen hat die Herbstsitzung des schweizerischen Nationalrats mit einem Paukenschlag eröffnet. Die Finanzwelt ist schockiert: Die drei Parteien stellten Anträge für die Einführung des Trennbankensystems. Der SVP-Gründer und Vordenker Christoph Blocher enthüllte, daß im Hintergrund Kontakte mit den Sozialisten geknüpft wurden, um in dieser Frage eine Allianz zu bilden. Tatsächlich setzte das Bündnis die drei Anträge, in denen der Bundesrat — die schweizerische Regierung — beauftragt wird, entsprechende Regelungen auszuarbeiten, am 9. September mit der breiten Mehrheit von 100:70 Stimmen durch.

Am folgenden Tag explodierte die Berichterstattung in den schweizerischen Medien. Von einer „unheiligen Allianz“ zwischen den drei Parteien und vor allem den beiden Vätern des Bündnisses, dem SP-Abgeordneten und früheren Gewerkschaftsfunktionäre Corrado Pardini und dem SVP-Gründer Christoph Blocher war da die Rede, und die Bankenwelt mobilisiert ihre Sprachrohre, um die Vorschläge anzugreifen. Tatsächlich gibt es jedoch breite Unterstützung für den Vorschlag, und etliche Medien berichteten sehr ausgewogen und fair darüber.

Philipp Löpfe schrieb z.B. im [i]Tagesanzeiger[/i] unter der Überschrift [url:"http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/Eine-v..."]„Eine vernünftige Scheidung“[/url], das Trennbankensystem sei „keine exotische Idee von wirtschaftsunkundigen Politikern“, und beschrieb dann die „Erfolgsgeschichte“ von Glass-Steagall, die 60 Jahre lang gedauert habe. Die Bankentrennung würde der Schweiz und ihren beiden größten Banken, der UBS und der Crédit Suisse nützen: [list]„Fazit: Grundsätzlich ist auch in der Schweiz ein Trennbankensystem möglich. Für die UBS wäre ein Rückzug auf das Vermögensverwaltungsgeschäft möglicherweise sogar das bessere Geschäftsmodell. Die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze dürften sich in Grenzen halten, die beiden Großbanken betreiben ihr Investmentbanking vor allem in London und New York. Bei der Einführung eines Trennbankensystems würden die beiden somit zwar kleiner, aber wieder sehr viel schweizerischer werden.“[/list]

In einem [url:"http://bazonline.ch/schweiz/Die-SP-praesentierte-eine-Initiative-Blocher..."]Interview mit der [i]Basler Zeitung[/i][/url] verteidigte Pardini das Bündnis mit der konservativen Volkspartei für das Trennbankensystem und erläuterte die Initiative. Das „Too big to fail“-Gesetz der Regierung sei eine „Scheinlösung“, sagte Pardini. [list]„Unsere Volkswirtschaft steht noch immer unter dem Damoklesschwert, den drei system-relevanten Großbanken im Krisenfall mit Steuergeldern helfen zu müssen. Die Schweiz würde daran zerbrechen. Es ist höchste Zeit, uns von diesem Damoklesschwert zu befreien.“[/list]

Die Frage, die es zu beantworten gelte, laute: [list]„Was ist die Rolle der Bank in der Volkswirtschaft? Welche Risiken, die von Banken ausgehen, kann eine Volkswirtschaft überhaupt tragen? Es gilt Banken und Finanzgesellschaften so zu regulieren, daß sie operieren können und durch ihre Tätigkeiten die reale, wertproduzierende Wirtschaft nicht mehr gefährden. Diesen Ansatz verfolgen wir... Dazu ist es notwendig, das risikoreiche und oft spekulative Investmentbanking von den Geschäftsbanken abzutrennen.“[/list]

In den Gesprächen mit der SVP könnten Details durchaus verändert werden aber, so Pardini: „Die Architektur unserer Initiative steht. Sie enthält drei Elemente. Das erste ist die Trennung von Kreditbankwesen und Investmentbanking. Das zweite ist die Abkoppelung der öffentlichen Hand von den Risiken des Investmentbanking: Bund und Kantone sollen Investmentbanken nicht mehr vor einem Konkurs retten dürfen. Das dritte Element ist die Erhöhung des ungewichteten Risikokapitals. In Bezug auf die Höhe des vorgeschriebenen Eigenkapitals sind wir gesprächsbereit. Wir schlagen 20 Prozent vor... Wir halten an den Eckwerten fest. Bleiben diese gewahrt und bleibt der Charakter der Initiative erhalten und findet die SVP in ihren Reihen eine Mehrheit dafür, haben wir zusammen mit den anderen involvierten Kreisen nicht nur eine Mehrheit im Parlament, sondern auch im Volk.“

Pardini beschreibt dann, wie die Initiative zustandekam. Schon 2009 hätten der SP-Vorsitzende Christian Levrat, Blocher und der Unternehmer Nicolas Hayek (Gründer der Swatch-Gruppe) eine gemeinsame Pressekonferenz veranstaltet, in der sie ein Trennbankensystem forderten. „Wir haben das seither konkretisiert. Heute diskutieren wir mit allen, die interessiert sind, nicht nur mit der SVP. Will man in der Politik mehrheitsfähig sein, braucht es eine gute Idee und eine sachkundige Vorbereitung. Dies ist bei unserer Initiative offensichtlich der Fall. Wenn Herr Blocher, der in den 1990er-Jahren selbst ein Finanzakteur war und das Investmentbanking gepusht hat, jetzt auf eine Position kommt, die einer sozialdemokratischen Tradition entspricht, dann freut mich dies. Wenn ich und die SP hier etwas in Gang bringen konnten, finde ich dies in Ordnung.“

Tatsächlich verfolgt Pardini eine zweigleisige Strategie: Neben dem parlamentarischen Weg bereitet die SP auch eine Volksinitiative vor, um den Druck auf das Parlament zu erhöhen und das Gesetz gegebenenfalls auch per Volksabstimmung durchzusetzen: „Es wäre sicher keine Belästigung des Volks, denn der Souverän soll die wichtigen Fragen entscheiden. Aber klar ist, daß man überlegen muß, welches der richtige Weg ist: Jener mit einer Volksinitiative über die Verfassung oder Änderungen auf dem Gesetzesweg, also im Parlament. Der Gesetzesweg ist schneller. Wenn es uns gelingt, auf dem parlamentarischen Gesetzesweg Lösungen zu erarbeiten, wäre dies sicher begrüßenswert. Wir werden unsere Initiative im Herbst zur Vorprüfung an die Bundeskanzlei einreichen. Es wäre nicht das erste Mal, daß eine Volksinitiative den Weg für eine parlamentarische Lösung ebnet. Beide Optionen sind somit offen.“

Die SP habe nicht die Absicht, gemeinsam mit der SVP in einen Wahlkampf zu ziehen. „Unsere gesamten Gesellschaftsbilder unterscheiden sich fundamental. Aber wenn wir ausnahmsweise in einer wichtigen Sachfrage einig werden, gilt diese dem Wohle des Landes. Es geht nicht um den Wahlkampf 2015, es geht um eine gesunde Wirtschaft und um die Sicherheit des Landes.“ Er strebe bei einem Referendum nicht 30%, sondern 60% Zustimmung an.

Eine Online-Umfrage des [i]Tagesanzeigers[/i] mit der Frage: „Sollen Geschäfts- und Investmentbanken in der Schweiz getrennt werden?“ ergab bei rund 4000 abgegebenen Stimmen eine Zustimmung von gut 84%, gegenüber knapp 16% Nein-Stimmen. Eine entsprechende Umfrage der [i]Basler Zeitung[/i] ergab eine Zustimmung von 77%. Die Chancen stehen also nicht schlecht, daß in der Schweiz tatsächlich schon bald ein Trennbankengesetz beschlossen wird. Dies brächte das ganze System der „Too big to fail“-Banken ins Wanken — und es hätte Signalwirkung für die ganze Welt, wenn ein Land auf diese Weise seine Souveränität gegenüber der Finanzwelt behauptet.

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