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Frankreich: Proteste von Pflegekräften gegen soziale Triage

Als Dokumentation drucken wir hier eine Übersetzung des Flugblatts von Solidarite et Progres (S&P), der Partei von Jacques Cheminade in Frankreich ab, mit dem am vergangenen Wochenende S&P-Aktivisten bei großen Demonstrationen  gegen die Zerstörung des öffentlichen Gesundheitssystems und zur Unterstützung des Pflegepersonals in Frankreich intervenierten.  

S&P FLugblatt:

Der Zerfall des öffentlichen Gesundheitswesens und die soziale Triage müssen beendet werden!

Unterstützung für Gesundheitspersonal und Patienten

Die malthusianischen Maßnahmen zur drastischen Verringerung der Anzahl von Ärzten und Krankenschwestern sowie die seit 40 Jahren von aufeinanderfolgenden Regierungen durchgesetzten Haushaltszwänge versetzen das öffentliche Gesundheitswesen in einen nicht hinnehmbaren Verfallszustand. Die Gesundheitsministerien haben "Finanzregelungen ohne Verhandlungen" durchgesetzt, und zwar Jahr für Jahr durch ein ONDAM (Objectif national de dépenses d'Assurance-maladie = nationale Zielvorgabe für die Ausgaben der Krankenversicherung) für Krankenhäuser, die unter dem Anstieg der Ausgaben liegt, was in den letzten 20 Jahren zur Abschaffung von 100 000  Krankenhausbetten führte.

Die Covid-Pandemie ist daher nur ein Indikator für die tiefe Krise des öffentlichen Krankenhauses. Die Verabschiedung des Gesetzes HPST (Hôpital, Patients, Santé et Territoires) im Jahr 2009, das die T2A (Tariffestsetzung nach Einzelfällen) durchsetzte, hat zur Erschöpfung des immer weniger werdenden Personals im Gesundheitswesen geführt.

Mit diesem Gesetz wurden die Dogmen des neoliberalen Denkens, das in den 1980er Jahren aus der ultraliberalen Chicagoer Schule hervorging, auf das öffentliche Krankenhaus angewandt: "Jede menschliche Tätigkeit, die Anlass zu einer tarifierten privaten Tätigkeit geben kann, muss dem Wettbewerb unterworfen werden, denn dieser ermöglicht es, die Qualität zu den niedrigsten Kosten, die beste Effizienz zu erreichen". Seitdem haben Manager - ohne jeglichen medizinischen Hintergrund - an der Spitze von Krankenhäusern, die Unternehmen geworden sind, das bürokratische "Neomanagement" nach dem Just-in-time-Prinzip durchgesetzt. Heute zählen die öffentlichen Krankenhäuser 103 000 Verwaltungsangestellte, die 99 000 Ärzten ihre "Optimierung der Wertschöpfungskette" der medizinischen Behandlung aufzwingen.

Ganz im Gegenteil muss der öffentliche Dienst von verantwortungsbewussten Bürgern beaufsichtigt und unter Beteiligung des Gesundheitspersonals organisiert werden,
- müssen Patientenverbände und Gesundheitspersonal sich zusammenschließen, um ihr Recht zu verteidigen, in die Entscheidungen des Parlaments über die ONDAM einzugreifen und sich nicht mehr dem "Zwangsbudget" zu unterwerfen, dessen jährliche Steigerungsrate von Bercy [dem Sitz des Wirtschafts- und Finanzministeriums] festgelegt wird, das die Haushaltsdisziplin der europäischen Kriterien anwendet;
- die anrüchigen, den öffentlichen Krankenhäusern aufgebürdeten  Schulden gelöscht werden,
- muss die T2A sofort abgeschafft werden;
- müssen die Gehälter der Krankenschwestern und ihre Ausbildung in "fortgeschrittenen Praktiken" für Stellen als spezialisierte Krankenschwestern aufgewertet werden;
- Vorabgenehmigungen für die Niederlassung von Ärzten, freiberuflichen Pflegekräften und Apothekern durch einen integrierten öffentlichen Dienst gegeben werden, um das Problem der "medizinischen Wüsten" anzugehen (wie von Prof. André Grimaldi gefordert) ;
- Pflegekräfte und Nutzer in die Leitung von Krankenhäusern einbezogen werden;
- muss dringend eine nationale Gesundheitsstrategie eingeführt werden, die als Kernstück eine echte Präventionspolitik insbesondere in Bezug auf übertragbare Krankheiten beinhaltet. Das Erlernen von Hygienemaßnahmen bereits in der Grundschule zur Vorbeugung saisonaler Epidemien (Grippe, Magen-Darm-Entzündungen usw.) hätte zum Verständnis der Barrieren für die Bewältigung der Covid-19-Pandemie beigetragen;
- eine echte öffentliche Gesundheitspolitik in allen Ländern der Welt unterstützt werden, da die Bedürftigen aus einfacher menschlicher Moral heraus versorgt werden müssen und um die Entwicklungsherde von Epidemien zu stoppen (vgl. den Aufruf des Schiller-Instituts gegen die COVID-19-Pandemie an Virologen und medizinische Experten auf der ganzen Welt).

Wir rufen zu einer Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk auf, ernsthaft und ohne Hirngespinste von Hurrapatrioten.

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Mehr: Aus den Kernforderungen der BüSo zur Bundestagswahl 2021

GESUNDHEIT

Das öffentliche Gesundheitswesen ist nicht der Platz, um Einkommen von Aktionären zu generieren. Deshalb keine weiteren Privatisierungen!

Das völlig unterfinanzierte Gesundheitswesen muß auf eine neue Grundlage gestellt werden. Spätestens die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, daß das Gesundheitswesen über die letzten Jahrzehnte systematisch totgespart wurde, was sich besonders in Notsituationen wie der Pandemie dahingehend rächt, daß die Kapazitäten des öffentlichen Gesundheitswesens und auch der Kliniken massiv überfordert sind. Hauptursache für die jetzige Finanzmisere war die Einführung der sog. Fallpauschalen oder Budgetobergrenzen in Kliniken und Praxen, was dazu führte, daß vor allem massiv am Personal gespart wurde. Krankenhausschließungen sind besonders in Coronazeiten ein absolutes Tabu. Beschäftigte im öffentlichen Gesundheitswesen müssen deutlich besser bezahlt werden.

Eine wirksame Pandemiebekämpfung – der aktuellen Corona-Pandemie mit ihren verschiedenen globalen Mutationen – wie auch eine Vorbeugung gegen künftige Pandemien ist nur möglich, wenn weltweit die Voraussetzungen für moderne Gesundheitssysteme und die dazugehörige Infrastruktur (Bau von Krankenhäusern, Wasserversorgung, Transport, Energie, Ausbildung) geschaffen werden.

An der raschen Verwirklichung eines solchen „Weltgesundheitssystems“ muß Deutschland aktiv mitarbeiten. Solche Aufbauprogramme müssen im großen Stil durch die Regierung gefördert werden und sollten im Rahmen internationaler Zusammenarbeit mit der jeweiligen Nation mit Hilfe verschiedener Organisationen und der Privatwirtschaft durchgeführt werden. Kirchliche Organisationen und auch die Bundeswehr könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. Die Beteiligung an solchen Projekten bietet jungen Menschen bei uns eine hervorragende Möglichkeit, an einer überaus wichtigen Aufgabe mitzuwirken und sich außerdem für ihre weitere berufliche Tätigkeit zu qualifizieren.

BÜSO-BROSCHÜREhttps://www.bueso.de/deutschlands-rolle-beim-aufbau-weltwirtschaft 

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