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Hacker-Angriff: Pearl Harbor oder Watergate? Recht auf Deutungshoheit oder Wahrheit?

[i]Von Helga Zepp-LaRouche[/i]

Auch sechs Wochen nach Präsident Trumps Amtsantritt hat sich das neoliberale Establishment noch nicht mit dem Ergebnis einer demokratischen Wahl in den Vereinigten Staaten abgefunden; die neoliberalen Mainstream-Medien überschlagen sich in ihrer durch nichts belegten Kampagne, russische Hacker-Attacken hätten Trump zum Sieg verholfen.

In Wirklichkeit geht es um etwas ganz anderes: Erstens hat Trump versprochen und ist entschlossen, die britisch-imperiale Politik der endlosen Kriege im Nahen Osten zu beenden und statt dessen das Verhältnis zu Rußland und China auf eine vernünftige Basis zu stellen. Und zweitens geschieht das ganze vor dem Hintergrund, daß das transatlantische Finanzsystem jeden Augenblick einstürzen kann, und Trump, laut Pressesprecher Sean Spicer, bei seiner Absicht bleibt, das Glass-Steagall-Trennbankensystem durchzusetzen, was das rote Tuch für die City of London und die Wall Street ist.

Die [i]Washington Post[/i] und die [i]New York Times[/i] wiederholen täglich das „Narrativ“ vom angeblichen Rußlandgate, und [i]NYT[/i]-Kolumnist Thomas L. Friedman holte dieser Tage sogar die mediale „Dicke Berta“ hervor und verglich das angebliche russische Hacken der E-Mails der Demokratischen Partei mit „Pearl Harbor“ (Japans Angriff, der den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg zur Folge hatte) und dem „11. September“; Rußland habe damit den „absoluten Kern der Demokratie“ getroffen.

Aber was ist eigentlich der Inhalt, den die erste Runde der [i]Wikileaks[/i]-Veröffentlichungen dieser E-Mails zu Tage brachte? Es wurde ans Tageslicht gebracht, daß die Führung der Demokratischen Partei den Vorwahlprozeß massiv zugunsten Hillary Clintons und gegen Bernie Sanders manipulierte. Und zweitens veröffentlichte [i]Wikileaks[/i] die Rede, die Hillary Clinton vor Bankern der Wall Street gehalten hatte, worin sie eindeutig klarmachte, daß sie als Präsidentin die Interessen der Wall Street vertreten würde. Robert Parry, der Enthüllungsjournalist, der sich u.a. durch sein Aufdecken des Iran-Contra-Skandals eine unangreifbare Reputation erworben hat, weist in seinem jüngsten Artikel „Die Politik hinter dem Rußlandgate“ darauf hin, daß es ja wohl kaum nachvollziehbar sei, wieso es den „Kern der Demokratie“ treffen soll, wenn der amerikanischen Bevölkerung zu ihrem Anrecht verholfen wird, über diese essentiellen Fakten bezüglich einer Präsidentschaftskandidatin informiert zu werden.

Gerade als die Hexenjagd gegen Trump und mehrere seiner Kabinettsmitglieder und Berater einen neuen Höhepunkt erreicht hatte, begann [i]Wikileaks[/i] eine neue Runde von Informationen zu veröffentlichen, die die Enthüllungen von Edward Snowden noch übertreffen. Der Inhalt dieser Enthüllungen bezieht sich auf die Totalausspähung, die neben der NSA nun auch durch die CIA (und den britischen Dienst GCHQ) gegenüber der ganzen Welt durch die Nutzung von Smartphones, Tablets, Computern, Smart-TVs und anderen elektronischen Geräten geschieht. Dabei handelt es sich um einen beispiellosen Rechtsbruch, der nur noch nicht zu einem Sturm der Entrüstung geführt hat, weil der Frosch im Topf langsam gekocht wird. Der CIA ist es nämlich strikt untersagt, Operationen innerhalb der USA gegen die eigene Bevölkerung durchzuführen. Von Frau Merkel hat man diesmal nicht einmal das leisetreterische „Ausspionieren unter Freunden - das geht gar nicht“ gehört.

Teil dieser neuen [i]Wikileaks[/i]-Veröffentlichungen war aber eben auch die Enthüllung, daß die CIA über die technische Fähigkeit verfügt, sich fremder elektronischer Geräte zu bemächtigen und quasi unter falscher Flagge Hacking und andere Operationen auszuführen, so daß die legitime Frage auftaucht, ob diese angeblich russischen Hackerattacken nicht vielleicht in Langley, Virginia, dem Hauptquartier der CIA, ausgeführt worden sind? Oder vielleicht im US-Konsulat in Frankfurt, das als sekundäre Operationsbasis für derlei Aktivitäten in Europa, China und dem Nahen Osten identifiziert wurde? Gerade die Tatsache, daß in einigen der Hackeroperationen kyrillische Buchstaben und russische Namen auftauchten, wirft die Frage nach Operationen „unter falscher Flagge“ auf, da die äußerst versierten Hacker ja wohl kaum so dumm sein dürften, ihre Visitenkarte auf dem Tablett zu servieren.

Mit diesen Veröffentlichungen hat sich das Blatt in den USA gewendet. Nicht mehr die angebliche Verbindung des Trump-Teams zu Rußland ist der alleinige Fokus, sondern die Frage, wer für die „Leaks“, das illegale Weitergeben von Informationen über Gespräche von Trump-Mitarbeitern mit z.B. dem russischen Botschafter Kisljiak, die diese in völlig angemessener Ausübung ihrer Funktion als Senator oder Mitglied des Übergangteams gehalten hatten, verantwortlich ist. Der diese Fragen untersuchende Senatsausschuß unter Vorsitz des Senators Grassley ermittelt jetzt in beide Richtungen - nicht nur die angeblichen Kontakte des Trump-Teams zu russischen Institutionen, sondern vor allem, wo die illegalen undichten Stellen im Geheimdienstapparat sind.

Inzwischen melden sich ehemalige Mitglieder des Geheimdienstapparates zu Wort, so z.B. William Binney, einer der Entwickler des globalen NSA-Überwachungssystems - also einer der Topexperten auf diesem Gebiet und heutiger Whistleblower wie Edward Snowden -, der die Methoden der CIA als absolut verfassungswidrig verurteilt. Diese Praktiken bedeuteten eine vollkommene Korruption des Rechtssystems, die USA seien jetzt ein Polizeistaat und gefährlich nahe daran, ein totalitärer Staat zu sein.

Es könnte sich erweisen, daß keineswegs die Geschichte vom angeblichen russischen Hacken der E-Mails der Demokratischen Partei, das in seiner Konsequenz dann Trump zum Wahlsieg verholfen haben soll, das „Pearl-Harbor-Ereignis“ war, sondern daß im Gegenteil Trumps langjähriger Freund Roger Stone mit seiner Einschätzung recht hat: Stone, der seit seiner Zeit als Mitarbeiter der Nixon-Administration in diversen republikanischen Wahlkämpfen und Administrationen tätig war, sagt als aktiver Zeitzeuge des Skandals, der Nixons politische Karriere beendete, daß die jetzige Affäre ein Skandal ist, der Watergate bei weitem in den Schatten stellt. Es handele sich um den gravierendsten Bruch der Gesetze und der öffentlichen Moral in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Bezüglich einer der jetzt relevant gewordenen Fragen - wer angeordnet hat, daß die Überwachung Trumps durch das sogenannte FISA-Gericht (ein Spezialgericht, das für Spionageabwehr zuständig ist) beantragt wurde -, betonte Stone, es sei unwahrscheinlich, daß dies ohne Obamas Zutun geschehen sei. Im Falle Nixons sei es so gewesen, daß dieser tatsächlich nicht im voraus vom Einbruch in das Watergate-Hotel gewußt habe, aber trotzdem letztlich die Verantwortung dafür übernehmen mußte. Es sei heute nur eine Frage der Zeit, wann Obama, der ehemalige Verteidigungsminister, die Chefs von CIA und FBI vor einer Grand Jury aussagen müßten, und die ganze Angelegenheit könne potentiell zum größten Skandal in der amerikanischen Geschichte werden. Sehr bald werde die Frage sein, was Obama wann wußte.

Die Neoliberalen/Neokonservativen auf beiden Seiten des Atlantik verhalten sich so wie die Kinder, die sich die Augen zuhalten und meinen, sie seien nun unsichtbar. Auf der ganzen Welt unterhält man sich darüber, daß das Modell dieses Establishments, das nur den eigenen Vorteil auf Kosten des Gemeinwohls im Sinn hat, gescheitert ist.

Donald Trump, der mit Sicherheit nicht perfekt ist und noch beweisen muß, ob das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt war, und in dessen Administration alle möglichen U-Boote lauern, wurde gewählt, weil der Teil Amerikas, den das neoliberale Establishment abgeschrieben hatte, absolut genug hatte von den endlosen Kriegen, die in 15 Jahren sechs Billionen Dollar kosteten, zahllose Soldaten und ihre Familien psychologisch ruinierten und mittellos hinterließen, von „Rettungspaketen“ für die Wall Street, von der Drogen-Epidemie in Amerika, von einem Leben ohne Zukunft.

Die arroganten und verbohrten Kommentatoren in Europa sollten sich ein Beispiel daran nehmen, wie die strategische Veränderung in anderen Teilen der Welt wahrgenommen wird. Am 7. März betonte der chinesische Außenminister Wang Yi erneut, daß es das Ziel Chinas sei, durch die Kooperation der USA, Rußlands und Chinas die Lage in der Welt zu stabilisieren und darüber hinaus weltweite wirtschaftliche, technologische und wissenschaftliche Entwicklung zu befördern. Die modernen Infrastrukturprojekte, die China bereits in 60 Nationen entlang der „Neuen Seidenstraße“ initiiert habe, böten eine Plattform für die glänzendsten Aussichten für die ganze Welt, wenn die wichtigsten Nationen sich daran beteiligten. Die Initiative der Neuen Seidenstraße sei von China gekommen, sie gehöre aber der ganzen Welt, und ihre Wohltaten kämen allen Nationen zugute.

Es ist zugegebenermaßen für die Menschen in Deutschland nicht einfach, sich angesichts der völlig gleichgeschalteten Mainstream-Medien und ihrer hysterischen Anti-Trump-Kampagne, der Dämonisierung Putins und der weitgehend negativen Berichterstattung über China ein klares Bild zu verschaffen. Aber eines sollte jedem durch eigenes Nachdenken klar sein: Die Probleme dieser Welt können nur gelöst werden, wenn die USA, Rußland und China zusammenarbeiten. Und nur die politischen Kräfte in Deutschland verdienen es unterstützt zu werden, die sich dieser Perspektive anschließen.

Deutschland hat die phantastische Chance, seine große kulturelle und wissenschaftliche Tradition in die Gestaltung des neuen Paradigmas der Zusammenarbeit aller Nationen in einer Win-Win-Kooperation beim Ausbau der Neuen Seidenstraße einzubringen. Lassen Sie sich den Weg dahin nicht von den „Narrativen“ der Massenmedien versperren.