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Wie der Heroinzufluss nach Europa gestoppt werden kann - Pino Arlacchi

Der ehemalige Direktor des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC, 1997-2001), Pino Arlacchi, der am 31.7. und am 21.8. bei Seminaren des Schiller-Instituts zur Lage in Afghanistan sprach, hat jetzt eine internationale Medienoffensive gestartet, in der er die Öffentlichkeit auf wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Drogenbekämpfung in Afghanistan, der dafür nötigen Zusammenarbeit mit den Taliban aufmerksam macht und auf die Ursachen des internationalen Terrorismus hinweist.

Medien von Spanien und Italien bis nach China und Rußland führten Interviews mit Prof. Arlacchi. Gleichzeitig beginnen einige US-Medien, wie das Wall Street Journal und die New York Post, anzuerkennen, daß die Taliban nicht unbedingt für den Drogenanbau sind. In der Tat hatte der Taliban-Sprecher bei der ersten Pressekonferenz explizit angekündigt, man werde den Opiumanbau in Afghanistan beenden. Das fand praktisch überhaupt kein Echo im Westen!

Heute liefert Afghanistan das Opium für über 80% des weltweit konsumierten Heroins, in Europa sogar über 95%. Die Vereinten Nationen schätzen diese Summe für das vergangene Jahr auf etwa 350 Mio.$. Doch das ist nur ein Bruchteil des Straßenwerts des in Europa verkauften Heroins, diesen schätzt die UNO auf etwa 10 Mrd. Euro. Ein erheblicher Prozentsatz dieses Geldes wird bekanntermassen über das internationale Bankensystem „gewaschen“, das schon seit Jahrzehnten vom Drogenhandel abhängig ist.

In einem Interview mit dem spanischsprachigen Sputnik Mundo am 27.8. forderte Prof. Arlacchi einen Entwicklungsplan als Priorität, nachdem er drei Tage zuvor in Il Fatto Quotidiano die italienische Regierung aufgefordert hatte, eine Initiative zur Drogenbekämpfung zu starten. In einem vielbeachteten Interview mit Corriere della Sera vom 26.8. befürwortete er eine Kreditvergabe an die Taliban und die Rückkehr der UN nach Afghanistan. Er erklärte:

„Wenn ich Europa wäre, würde ich die Drogenproblematik in den Mittelpunkt der Tagesordnung stellen. Wir haben 1,5 Millionen Drogenabhängige, und es lohnt sich für uns, das afghanische Heroin zu stoppen. Wenn ich die UNO wäre, würde ich auf die internationale Bühne zurückkehren. Die UNO hat sie 2003 mit dem Irak-Fiasko verlassen. Afghanistan, das von den USA im Stich gelassen wurde, könnte ein großes Comeback für die UNO bedeuten.“

Arlacchi berichtete mit anschaulichen Anekdoten, wie es ihm gelang, die Taliban davon zu überzeugen, den Opiumanbau zu verbieten, der unter seinem UN-Mandat bis 2002 fast vollständig durch Alternativen ersetzt wurde.

In einem weiteren Artikel für Il Fatto vom 28.8. warf Arlacchi die Frage nach den wahren Hintermännern des Terroranschlags auf dem Kabuler Flughafen auf und belegte mit Zahlen, daß der Terrorismus durch die „endlosen Kriege“ nicht ab-, sondern zugenommen hat. In dem Interview mit Sputnik Mundo wies Arlacchi auf den entscheidenden Punkt hin: „Der einzige Ausweg ist jetzt ein ehrgeiziger Wiederaufbauplan, der auf der Erschließung der internen Ressourcen Afghanistans basiert.“

Ein solches Programm müsse nicht teuer sein: „Es reicht, die internationale Hilfe auf dem derzeitigen Niveau zu halten und die Militärhilfe durch Entwicklungshilfe zu ersetzen. Wenn wir das nicht sofort tun, besteht die Gefahr, daß die Taliban ... nicht lange an der Macht bleiben und das Land erneut in ein totales Chaos stürzt, mit katastrophalen Folgen.“

Diese Worte sollte sich die deutsche Politik nach dem Afghanistan-Desaster zu Herzen nehmen – und die Länder, die sich um wirtschaftliche Entwicklung und Stabilisierung bemühen – nämlich vor allem Russland, China, Pakistan, und andere Länder der Region bei ihren Bemühungen unterstützen. Und für diejenigen, die nicht sehr weit denken können: das oben erwähnte Drogenproblem allein wäre doch wohl schon Grund genug, endlich die geopolitischen Scheuklappen abzuwerfen!

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