Das 66. wöchentliche Online-Meeting der Internationalen Friedenskoalition (IFK) in Folge brachte am 6.9. eine einzigartig hochkarätige Gruppe von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Militär und Politik zusammen, die sich alle mit verschiedenen Facetten des Wahnsinns jener führenden Politiker in den USA und Europa befassten, die sich einer Politik verschrieben haben, die Oberst Larry Wilkerson treffend als Politik des „Mord rufen und des Krieges Hund entfesseln“ bezeichnete. [Das Original „Cry ‘Havoc!’ and let slip the dogs of war“ stammt aus William Shakespeares Julius Cäsar, 3. Akt, 1. Szene, Anm. d. Red.] Hier geht es zum englischsprachigen Video.
Helga Zepp-LaRouche eröffnete die Sitzung mit der Warnung, dass „das Ziel darin besteht, Russland eine strategische Niederlage beizubringen“, was angesichts des Status Russlands als nukleare Supermacht ohne einen Atomkrieg unmöglich sei. Sie betonte die Rolle der Briten und zitierte die jüngsten Äußerungen der russischen Regierungssprecherin Maria Sacharowa, wonach London hinter den Drohnenangriffen und der ständigen Eskalation im Ukraine-Krieg stehe. Präsident Biden habe dem Kongress einen Änderungsantrag zum amerikanisch-britischen Verteidigungsabkommen von 1958 vorgelegt, um dieses dauerhaft zu machen und die Notwendigkeit einer Erneuerung alle zehn Jahre zu beenden.
Sie erinnerte an die neue Atomwaffendoktrin Bidens, die so geheim sei, dass es offenbar keine elektronische Version gebe. Aus Gesprächen mit Militärexperten konnten wir erfahren, dass die Entscheidung, Raketen in Deutschland zu stationieren, tatsächlich 2021 gefallen ist. Trumps Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) von 2017 erklärte Russland und China erstmals zu geopolitischen Rivalen, 2018 folgte eine Nationale Verteidigungsstrategie (NDS) zur Modernisierung der Atomwaffen. Als Reaktion darauf kündigte Russland die Einführung neuer Waffensysteme an, darunter Hyperschallraketen. Im Jahr 2022 wurde in der Überprüfung der Nuklearpolitik der USA festgestellt, dass die USA Atomwaffen einsetzen könnten, um „ihre vitalen Interessen zu verteidigen“. Deutschland folgte den jüngsten politischen Veränderungen in den USA in vorauseilendem Gehorsam.
Im August 2019 zogen sich die USA aus dem Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (INF) zurück. Zepp-LaRouche schlug vor, dass beide Seiten das Verifikationsregime wieder einführen sollten.
Dr. Ted Postol, emeritierter Professor am MIT und einer der weltweit führenden Experten für Atomwaffen, bezeichnete die jüngste Aufrüstung der US-Atomwaffensysteme als „prompt preemptive strike forces“. Die USA haben mit großem Aufwand „Super-Fuse“-Waffen entwickelt, die dazu dienen, nukleare Raketen präventiv zu zerstören. Man würde diesen Ansatz nur verfolgen, wenn man einen Atomkrieg führen und gewinnen wollte, eine außerordentlich wahnhafte Denkweise. Ein russischer Militäroffizier würde daraus schließen, dass die USA einen Angriff planen.
Colonel Larry Wilkerson, ehemaliger Stabschef von US-Außenminister Colin Powell, erinnerte sich an Gespräche mit Powell über die Nationale Sicherheitsstrategie von 2002, vor der Wilkerson warnte: „Wir sind auf dem Gipfel des Berges, und wenn wir unten jemanden sehen, der sich bewegt, … werden wir ihn töten. … Wir werden in etwas hineingezogen, das zunächst konventionell ist … sobald wir anfangen zu verlieren – und das werden wir“ – werden wir auf Atomwaffen zurückgreifen.
Es ist das erste Mal seit dem Kalten Krieg, dass hochrangige Militärs über den Nutzen von Atomwaffen sprechen, die für Rüstungskonzerne sehr lukrativ sind. Als 1991/92 sowohl die USA als auch Russland Atomwaffen vernichteten, habe er erlebt, dass dies die Chefs des militärisch-industriellen Komplexes „zu Tode erschreckt“ habe.
Der in Dresden geborene Oberst a.D. Prof. Dr. Wilfried Schreiber, Senior Research Fellow am WeltTrends-Institut für Internationale Politik in Potsdam, berichtete, dass Dresden nach Ansicht von Militärhistorikern eines der ersten Ziele einer amerikanischen Atombombe sein sollte. Der Krieg endete, bevor es dazu kommen konnte. Die Gefahr eines Atomkrieges ist wieder da, heißer als je zuvor. Deutschland geht mit der Stationierung von Raketensystemen ein größeres Risiko ein als jedes andere Land. Folgt man der militärischen Logik, sind die Stationierungsorte dieser hochentwickelten Systeme die wichtigsten Ziele. Die einseitige Entscheidung des Bundeskanzlers, diese Raketen zu akzeptieren, ist ein Armutszeugnis für die deutsche Demokratie.
Oberstleutnant a.D. Ralph Bosshard von der Schweizer Armee, Berater für militärstrategische Angelegenheiten, verglich die Entscheidung von Biden und Scholz, Raketen in Deutschland zu stationieren, mit der Entscheidung von Bundeskanzler Helmut Schmidt im Jahr 1979, der der Stationierung von Pershing-II-Raketen zustimmte, aber auch Verhandlungen führte, die zum INF-Vertrag führten. Biden und Scholz wollen ohne Verhandlungen stationieren. Bosshard sagte, so genannte „Enthauptungsschläge“ wie die „shock and awe“-Kampagne im Irak hätten die UN-Charta geschwächt. „Die NATO ist nichts anderes als ein sicherer Schutzwall, hinter dem die westlichen Mächte ihre geopolitischen Ambitionen verfolgen. Europa sollte seine Lektion lernen und sein Schicksal nicht bedingungslos an die globalen Akteure ketten“.
Zepp-LaRouche zeigte sich bewegt von den Ausführungen ihres Landsmannes Professor Schreiber, der sagte, er habe angesprochen, „was vielen Menschen in Deutschland am Herzen liegt“ und dass im Zeitalter der thermonuklearen Waffen der Krieg so barbarisch geworden sei, dass er geächtet werden müsse.
Der New Yorker Kongresskandidat Jose Vega fragte Oberst Wilkerson, ob jemand im Außenministerium oder in einer anderen Behörde die Rolle von Daniel Ellsberg übernehmen könne, der Pläne zum Einsatz von Atomwaffen gegen China aufgedeckt hatte. Wilkerson antwortete, Ellsberg sei „ein Held par excellence“. Er fügte hinzu, dass die USA „das einzige Land der Welt sind, das die Welt in Lehen aufteilt und jedem Lehen einen Vier-Sterne-General gibt. Wir hatten Pläne, in Länder in der gesamten Levante einzumarschieren, wenn der Irak ein Kinderspiel gewesen wäre. Die Äußerungen von Außenminister Blinken über die Unantastbarkeit der Grenzen seien der Gipfel der Heuchelei.
Postol fügte hinzu, dass die Planung von Atomkriegen in ritualisierter Weise von Leuten durchgeführt wird, die keine wirkliche Kenntnis über die tatsächlichen physischen Auswirkungen von Atomwaffen haben. Nebenwirkungen wie massive Feuerstürme würden bei der Planung nicht berücksichtigt. „Sie kennen nicht einmal die grundlegenden physikalischen Effekte“, sagte er. Wilkerson erwiderte: ‚Meine Erfahrung aus 31 Jahren Militärdienst ist, dass ich mehr Angst vor den zivilen Führern als vor dem Militär habe‘, worauf Postol antwortete: „Ich auch!“.
Botschafter Jack Matlock, ein Kenner der russischen Geschichte und Kultur, der von Präsident Reagan für den wichtigen Posten des Botschafters in der Sowjetunion ausgewählt wurde, erinnerte an die Ereignisse nach dem Zusammenbruch der UdSSR. Außenminister James Baker und seine Amtskollegen versicherten Gorbatschow, dass es keine NATO-Erweiterung geben werde – keinen Zentimeter. Für Russland ist jedoch nicht die NATO-Erweiterung das Problem, sondern die Stationierung amerikanischer oder NATO-Basen in diesen Ländern. Besonders provokativ sei auch die Entscheidung der westlichen Mächte gewesen, sich in die Politik der Ukraine einzumischen.
Donald Ramotar, ehemaliger Präsident von Guyana, drückte seine Bewunderung für Matlock aus und fragte: „Wie viel von dieser Situation würden Sie dem Verfall der westlichen Führung zuschreiben? Matlock antwortete, ein großes Problem sei, dass für alle Probleme militärische Lösungen bevorzugt würden. Ramotar fuhr fort, dass die Welt derzeit in zwei Blöcke geteilt sei: die ehemaligen Kolonialmächte, die versuchten, ihre Vorherrschaft aufrechtzuerhalten, und der globale Süden. Er unterstützte den von Zepp-LaRouche vorgeschlagenen Rat der Vernunft, um aus dieser Falle herauszukommen.
Abschließend forderte Zepp-LaRouche die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, die Ergebnisse des Treffens weit zu verbreiten und bei den bevorstehenden Demonstrationen auf die Straße zu gehen. Sie forderte die USA auf, mit dem geopolitischen Unsinn aufzuhören“ und mit dem Süden zusammenzuarbeiten. „Lasst uns nach Lösungen suchen, denn wenn wir nur gegen das Negative protestieren, wird das nicht ausreichen.
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