Italien erlebte die heftigste ausländische Einmischung in Wahlen, die es je gegeben hat - vielleicht mit Ausnahme des Jahres 1948, als wegen eines möglichen Siegs der Volksfront sein Platz im westlichen Lager auf dem Spiel stand.
Giorgia Meloni, die Vorsitzende der Fratelli d'Italia und höchstwahrscheinlich die neue Ministerpräsidentin, hatte alles getan, NATO, USA und Brüssel die Treue zu schwören. Trotzdem warnten Mainstream-Medien, Denkfabriken und transatlantische Politiker ständig vor der Gefahr eines Sieges des Mitte-Rechts-Bündnisses und Melonis Einzug im Palazzo Chigi in Rom.
Im Ukraine-Konflikt behauptete Meloni, noch anti-russischer zu sein als Mario Draghi, der selbst zu den größten Hardlinern in der EU gehört. Sie schickte ihren Abgesandten, Adolfo Urso, nach Kiew, um Unterstützung für das Selenskyj-Regime zu bekunden. Und am Wahlabend versprach sie in einem Interview mit der taiwanesischen Nachrichtenagentur CNA, die Absichtserklärung zwischen Italien und China von 2019 und Italiens Mitgliedschaft in der Gürtel- und Straßen-Initiative nicht zu verlängern. Zur Wirtschaftspolitik erklärte ein anderer Abgesandter, Guido Crosetto, ihre Regierung werde die von der EU diktierte strikte Haushaltspolitik beibehalten und sogar Draghi auffordern, bei der Ausarbeitung des nächsten Staatshaushalts zu helfen.
Doch den transatlantischen Eliten war das offenbar nicht genug. Beispielhaft ist eine am 22.9. veröffentlichte Analyse des Atlantic Council, einer führenden anglo-amerikanischen Denkfabrik, die zu dem Schluß kommt: „Es scheint wenig Bedenken zu geben, ob Italien ein solider transatlantischer Partner bleibt, aber das große Fragezeichen steht hinter den Beziehungen zu Europa. Wird Italien um jeden Preis für ein umfassendes und freies Europa kämpfen, oder wird es sich einfach mit anderen europäischen Ländern streiten? Wie die Italiener sagen, non si sa - niemand weiß es.“
Meloni ist in der Tat eine enge Verbündete des ungarischen Präsidenten Orban, mit dem sie und ihre Partei die Ansicht teilen, daß nationales Recht Vorrang vor europäischem Recht haben sollte. Die Aussicht, daß Italien als drittgrößtes EU-Land sich mit dem kleinen Ungarn und vielleicht Polen zusammentut, um den sog. „Integrationsprozeß“ zu blockieren, ist ein Alptraum für Brüssel, Paris und Berlin. Dies in einem solchen Maß, daß Ursula von der Leyen am Vorabend der Wahl buchstäblich Drohungen für den Fall eines Mitte-Rechts-Siegs aussprach. In einer Rede in Princeton sagte sie: „Wir werden sehen. Wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln - und ich habe über Ungarn und Polen gesprochen -, haben wir die Mittel dazu.“
Und ein hochrangiger Beamter des Weißen Hauses hatte drei Tage zuvor gegenüber Reportern erklärt, Präsident Biden werde die neue Regierung „messen“ und „eine Entscheidung darüber treffen, was das bedeuten wird“. Sogar Bundeskanzler Olaf Scholz brach eine Woche vor der Wahl mit dem Protokoll und rief die Italiener auf, nicht für „Melonis Postfaschisten“ zu stimmen, die das Land in eine falsche Richtung führen würden. Der einzige, der sich nicht einmischte, war Wladimir Putin!
All dies ist beispiellos und zeigt die hysterische Angst, daß Giorgia Meloni allen Beteuerungen zum Trotz durch den Druck der Ereignisse und ihrer Verbündeten außer Kontrolle geraten könnte.
Tatsächlich haben sich sowohl Matteo Salvini (Lega) als auch Silvio Berlusconi (Forza Italia) für eine Überprüfung der Rußland-Sanktionen eingesetzt, die für Europa und Italien, einen Großverbraucher von russischem Gas, zum Bumerang geworden sind. Wenige Tage vor der Wahl erklärte Berlusconi in einem Fernsehspot, er sei überzeugt, daß Putin mit der Militäroperation ursprünglich beabsichtigt habe, „Selenskyj durch anständige Leute zu ersetzen“. Angesichts der schlechten Wahlergebnisse ist das Gewicht von Salvini und Berlusconi in der Koalition geringer, als sie erwartet hatten, aber sie wissen, daß die Mehrheit der Italiener laut Umfragen die Sanktionen ablehnt, was die künftige Regierung Meloni nicht einfach ignorieren kann.
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