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Der Kampf für Frieden: Schwedt, Jaures und Schillers Glocke

"In Deutschland lassen Demonstranten die Friedensglocke läuten" - so lautet der Titel des Berichtes von Karel Vereycken, VP of Solidarité & Progrès, Paris über die kürzliche Demonstration in Schwedt. 

"Am Sonntag, den 27. November 2022, zog eine Demonstration und ein Autokorso durch die Stadt Schwedt-an-der-Oder im Nordosten des Bundeslandes Brandenburg. Es ging um die Verteidigung des Standorts von PCK, der größten Ölraffinerie, die die deutsche Hauptstadt versorgt.

Die Anlage, die 100 Kilometer von Berlin entfernt an der Grenze zu Polen liegt, wird zu 100 % mit russischem Rohöl über die Druschba-Pipeline beliefert, die wiederum von dem kremlnahen Konzern Transneft kontrolliert wird. PCK verarbeitet jährlich 11,6 Millionen Tonnen Öl und raffiniert 95 % der in Berlin und Brandenburg verwendeten Kraftstoffe, Kerosine und Heizöle. Es bedient auch Nordvorpommern und einen Teil Westpolens. Allein auf das Unternehmen entfallen 10 % des nationalen Raffinationsmarktes.

Da die deutsche Regierung sich weigert, russisches Öl zu kaufen, muss der Standort nun auf Öl aus dem Ostseehafen Rostock zurückgreifen. Der springende Punkt ist, dass dies nur 50% der bisher von den Russen gelieferten Menge bringen wird, was zu ernsthaften Versorgungsengpässen und Preissteigerungen an den Tankstellen, einschließlich Kerosinengpässen am Berliner Flughafen, geführt hat.

Vor den rund 400 Teilnehmern der Kundgebung auf dem Theaterplatz sprach neben Vertretern aus Schwedt und verschiedenen Organisationen auch der Handwerksmeister Karl Krökel aus Dessau (Gründer der überparteilichen Bewegung "Handwerker für den Frieden").

Als Einführung präsentierte der Redner ein Video, das die berühmte Friedensglocke in Dessau zeigte. Sie ist ein Kunstwerk, das an die (friedliche) politische Wende von 1989 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) erinnert. Die Glocke wurde aus dem Metall der Waffen der Kampfgruppen gegossen, die von der Volkspolizei gesammelt, transportiert und gelagert wurden (1250 AK-47 Sturmgewehre, 174 leichte Maschinengewehre, 87 Panzerabwehrgewehre und 171 Pistolen).

Für Krökel symbolisiert diese Glocke von Dessau den gleichen Willen zum Frieden auf fünf Kontinenten. Ist ihm bewusst, dass seine Rede als Echo der Rede von Jean Jaurès widerhallt, die dieser am 24. November 1912 in Basel auf dem Kongress der Sozialistischen Internationale [1] vor dem Ausbruch des "Großen Krieges" hielt, wo er sagte:

    "Wir wurden in dieser Kirche mit dem Klang der Glocken empfangen, der mir eben noch wie ein Aufruf zur allgemeinen Versöhnung erschien. Er erinnerte mich an die Inschrift, die Schiller auf seiner symbolischen Glocke eingraviert hatte: Vivos voco, mortuos plango, fulgura frango! Vivos voco: Ich rufe die Lebenden, damit sie sich gegen das Ungeheuer verteidigen, das am Horizont erscheint. Mortuos plango: Ich weine über die zahllosen Toten, die dort in Richtung Osten liegen und deren Gestank wie eine Reue bis zu uns dringt. Fulgura frango: Ich werde die Blitze des Krieges zerschlagen, die in den Wolken drohen."

Wie seine Nachredner wies Krökel auf die schwerwiegenden Folgen der ideologischen Verbohrtheit der Bundesregierung für den Lebensstandard des Normalbürgers und der Gewerbetreibenden hin.

Frank Bornschein, einer der Organisatoren der Demonstration, sprach das Schicksal der Zulieferer der Raffinerie an, von denen Hunderte von Arbeitsplätzen abhängen. Seiner Meinung nach sei nicht der Krieg in der Ukraine der Grund für die Misere, sondern der lange zuvor von der EU beschlossene "New Green Deal", der den Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen vorsieht.

Klaus Fimmen von der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) verwies seinerseits (Video) auf das nationale und internationale Echo auf den Kampf gegen die Deindustrialisierung Deutschlands. Viele Städte und Gemeinden hätten offene Briefe an die Bundes- und Landesregierungen gerichtet und sie gewarnt, dass die beginnende Insolvenzwelle ihnen die finanzielle Möglichkeit nehmen werde, ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Bürgern nachzukommen.

Anschließend zitierte er den Brief französischer Bürgermeister zur Unterstützung der Friedensinitiative des Rates der Hansestadt Stralsund, der sein Rathaus als Veranstaltungsort für Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine angeboten hatte."

[1] Der Basler Kongress von 1912 war eine Friedenskonferenz, die von der Sozialistischen Partei der Schweiz am 24. und 25. November 1912 im Basler Münster veranstaltet wurde. Ihr Ziel war es, die Aktionen der europäischen Sozialisten zu koordinieren, um zu erreichen, dass die damals herrschenden Balkankriege bestmöglich beendet werden könten. 550 Delegierte aus 23 verschiedenen Nationen und über 10.000 Menschen nahmen an der Konferenz teil. [Plakat des Kongresses der Sozialistischen Internationale in Basel 1912].

Webseite (französisch) zu dem 1914 ermordeten Jean Jaures (französisch) und der Konferenz

 

Hintergrund:

https://www.solidaritaet.com/neuesol/2022/49/schwedt.htm

https://www.bueso.de/franzoesische-buergermeister-unterstuetzen-aufruf-stadt-stralsund-friedensgespraechen

 

 

 

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