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Kann die Null negativ sein? – Ja, wenn sie schwarz ist! Rußland und China setzen auf Kreativität

[i]Von Helga Zepp-LaRouche[/i]

Daß es in der Welt heute zwei völlig unterschiedliche Paradigmen gibt, die die Verhaltensweise von Nationen bestimmen, wird täglich offensichtlicher. Während in der transatlantischen Welt der Widerstand gegen das gescheiterte Paradigma der Globalisierung immer stärker wird und das Establishment um so verbissener daran festzuhalten versucht, setzen die Staaten, die mit der Neuen Seidenstraße kooperieren, immer klarer auf die Kreativität ihrer Bevölkerung und auf Kooperation für die gemeinsamen Ziele der Menschheit.

Die westlichen Politiker und Medien, die gewohnt sind, Putin nur durch die Dämonisierungs- Brille zu sehen, täten gut daran, sich den Inhalt von Putins diesjähriger Rede vor der russischen Bundesversammlung einmal vorurteilsfrei durchzulesen. Nach der Abwahl Obamas – denn das war die Niederlage Hillary Clintons auch – und den ersten Telefongesprächen Donald Trumps mit Wladimir Putin und Xi Jinping hat sich die reale Chance einer Normalisierung der Beziehung zwischen den drei wichtigsten Nationen dieser Erde eröffnet. Und nur ein selbstmörderischer Narr würde diese Möglichkeit verwerfen wollen.

Wenn man die gesamte Chronologie aller Offerten Putins an den Westen, einschließlich seiner hoffnungsvollen Rede vor dem deutschen Bundestag 2001 und der starke Enttäuschung ausdrückenden Rede 2007 vor der Münchner Sicherheitskonferenz in Rechnung stellt, dann sollte man seine Worte für bare Münze nehmen, wenn er sagt: „Wir wollen mit niemandem Konfrontation. Wir haben dafür keinen Bedarf, ebenso wenig wie unsere Partner in der globalen Gemeinschaft. Im Gegensatz zu unseren Kollegen im Ausland, die Rußland als Feind betrachten, suchen wir keine Gegner, noch haben wir sie gesucht. Wir brauchen Freunde. Aber wir werden nicht erlauben, daß unsere Interessen verletzt oder ignoriert werden.“

Im weiteren Verlauf seiner Rede betonte Putin als Prioritäten für das Erziehungssystem die Förderung des Wissens und der Moral als Voraussetzung der Lebensfähigkeit der Gesellschaft. Das Interesse der jungen Menschen für die nationale klassische Literatur, Kultur und Geschichte müsse geweckt werden, die Schulen müßten die Kreativität fördern, indem die Kinder lernen, unabhängig zu denken, sowohl selbständig als auch als Teil eines Teams zu arbeiten, ausgefallene Aufgaben zu bewältigen und Ziele zu formulieren und zu erreichen. Zwar sei die Begabtenförderung wichtig, aber grundsätzlich müsse die Erziehung auf dem Prinzip basieren, daß alle Kinder und Teenager begabt seien und Erfolge in der Wissenschaft, in kreativen Bereichen und im Leben erzielen können. Die Aufgabe des Staates sei es, ihre Talente zu fördern.

Putin unterstrich auch die fundamentale Bedeutung der Grundlagenforschung als Basis für Wirtschaftswachstum und sozialen Fortschritt. Mehr als 200 Laboratorien seien bereits etabliert, die dank ihrer Mega-Subventionen in der Lage seien, auf globaler Ebene zu operieren, und die von Wissenschaftlern geleitet würden, die die Trends globaler wissenschaftlicher Entwicklungen mit bestimmten. Es sei in diesem Zusammenhang auch wichtig, die in Rußland seit dem Zarenreich bestehenden Engpässe zu überwinden, diese Forschungsergebnisse auch für die Produktion kommerzieller Güter nutzbar zu machen.

Die Putin-Dämonisierer sollten auch die Rede studieren, die Putin am Tag zuvor beim Internationalen Forum Primakow-Vorlesungen zu Ehren des vor 18 Monaten verstorbenen früheren Premierministers und „Vordenkers“ Jewgenij Primakow gehalten hat.

Auch hier standen die amerikanisch-russischen Beziehungen weit oben auf der Agenda. Putin verwies auf Primakows Überzeugung, daß es „ohne eine ernsthafte Partnerschaft zwischen Rußland und den Vereinigten Staaten“ schwierig sein werde, die „großen Herausforderungen“ der Welt zu meistern – insbesondere im Kampf gegen den Terrorismus im Nahen Osten.

Primakow, so der russische Präsident, habe eine „wahrhaft strategische Vision gehabt“, die es ihm erlaubt habe, „in die Zukunft zu schauen und zu sehen, wie unhaltbar und einseitig“ das Modell einer unipolaren Welt sei. Primakow sei es gewesen, der sich als erster für die trilaterale Kooperation zwischen Rußland, China und Indien einsetzte, woraus sich die BRICS entwickelte, „die an Gewicht und Einfluß in der Welt gewinnt“. Primakows Festhalten an den engen Beziehungen zu den Partnern in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten „ist das Rückgrat unserer Integrationspolitik in Eurasien... Wir hoffen, daß Gespräche mit unseren Partnern, einschließlich der über die Verbindung mit Chinas Projekt des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße, uns in die Lage versetzen werden, eine große eurasische Partnerschaft aufzubauen.“

[h4]Unveräußerliches Recht auf Entwicklung[/h4]

Ein weiteres Dokument, das geopolitisch denkende westliche Politiker und Medien studieren sollten, ist ein neues Weißbuch der chinesischen Regierung über „Das Recht auf Entwicklung: Chinas Philosophie, Praxis und Beiträge“, in dem es bekräftigt, daß es ein „unveräußerliches Recht“ aller Länder und Völker gibt, sich zu entwickeln. „Das Recht auf Entwicklung muß von allen Völkern genossen und geteilt werden. Die Realisierung des Rechts auf Entwicklung ist die Verantwortung aller Länder und auch die Pflicht der internationalen Gemeinschaft“, heißt es in dem Dokument. „Es verpflichtet die Regierungen aller Länder, Entwicklungsstrategien und Maßnahmen zu formulieren, die ihrer eigenen Realität angemessen sind, und es erfordert konzertierte Bemühungen der internationalen Gemeinschaft als ganzer. China fordert alle Länder auf, eine gleichmäßige, offene, umfassende und innovative gemeinsame Entwicklung anzustreben, es fördert eine inklusive Entwicklung und schafft Bedingungen, damit alle Völker am Recht auf Entwicklung teilhaben.“

Das Weißbuch zeigt noch viel mehr – nämlich, daß Chinas Entwicklungsmodell und Chinas politische und soziale Struktur ein uneingeschränkter Erfolg war. Und während sich dieses Modell weiter entwickelt, geschieht dies mit einer Geschwindigkeit und in einer Form, die vom chinesischen Volk selbst bestimmt wird. Es wird darauf hingewiesen, daß China bereits 700 Millionen Menschen aus der Armut gehoben hat und heute nur noch 5,7% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben – die erste Nation, der es gelungen ist, die Millenniumsziele der UN zu erreichen. Aber China ist sogar entschlossen, die Armut ganz zu überwinden. Im März 2016 wurde der „Entwurf des 13. Fünf-Jahres-Plans für die nationale wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Volksrepublik China“ veröffentlicht, in dem die Regierung eine Strategie vorlegte, um die Armut in der ländlichen Bevölkerung bis 2020 ganz zu beseitigen.

[h4]„Neue Welle der Prosperität“[/h4]

Wer nicht auf Putin oder China hören will, der kann auch ein neues Weißbuch des Baumaschinen-Konzerns Caterpillar über die Bedeutung der Initiative „Straße und Gürtel“ studieren. Sie werde „eine neue Welle der Prosperität“ für China und die übrige Welt auslösen, heißt es darin. Der Aufbau eines Infrastruktur-Netzwerks, eine Priorität der Initiative, werde den freien Fluß und eine effizientere Nutzung der Ressourcen, die Integration der Märkte und die Koordinierung der Wirtschaftspolitik zwischen den Nationen ermöglichen.

Der Aufbau der Infrastruktur werde helfen, die Kosten der Logistik zu senken, die Wettbewerbsfähigkeit der aufstrebenden Volkswirtschaften steigern und die Unausgewogenheit zwischen den Ländern reduzieren. Caterpillar betrachtet die Initiative „Straße und Gürtel“ als einen „offenen und inklusiven“ Rahmen, der es allen Ländern entlang der Routen erlaubt, sich am Aufbau des Projektes zu beteiligen. „Dies soll und kann keine Anstrengung von China allein sein“, heißt es in dem Papier.

Das Unternehmen schätze die Geschäftsmöglichkeiten, die diese Initiative eröffnet, und hoffe, noch mehr an Projekten entlang der Routen teilhaben zu können, erklärte Chen Qihua, Vizepräsident von Caterpillar und Vorsitzender von Caterpillar China.

Und schließlich sollten die westlichen Politiker und Medien sich klarmachen, daß es in der Bevölkerung breite Unterstützung für die internationale Zusammenarbeit gibt, gerade im Bereich des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts. Der Bürgerdialog der Europäischen Weltraumbehörde ESA in ihren 22 Mitgliedstaaten ergab, daß 88% der Befragten das Weltraumprogramm der Behörde unterstützen, 96% waren überzeugt, daß der Weltraum Möglichkeiten bietet, die auf der Erde nicht existieren, aber wahrgenommen werden sollten.

In seinem Bericht über die Umfrage beim „Frieslandmahl“ auf dem Fliegerhorst Upjever sagte der frühere ESA-Astronaut Thomas Reiter, der heute Chefkoordinator der ESA für Angelegenheiten der Internationalen Weltraumstation ist, es gebe Grund zum Optimismus – trotz des endlosen Budgetstreits auf europäischer Ebene. Die 8 Mrd. Euro, die in den letzten fünf Jahren ausgegeben wurden, hätten 14,5 Mrd. Euro an wirtschaftlichem Nutzen für Europa und seine Bürger generiert.

„Es geht auch um den politischen Aspekt der Zusammenarbeit: Die funktioniert trotz der Konflikte auf der Erde durchaus gut“, sagte Reiter. 95 Staaten seien an der Forschungsarbeit der ISS beteiligt, „dort oben werden Ziele zum Wohle aller Menschen verfolgt“.

Reiter sprach auch optimistisch über die Aussichten für die Erforschung des Mondes, insbesondere der erdabgewandten Seite des Mondes. Von dort aus könnten später auch Missionen zur weiteren Erkundung des Alls gestartet werden.

Bernhard von Weyhe, der Leiter der Kommunikationsabteilung des Kontrollzentrums (ESOC) in der ESA-Zentrale in Darmstadt, sprach in einem Interview der [i]Allgemeinen Zeitung[/i] von einer „Brückenfunktion“ der Weltraumforschung für die Menschheit. „Die gemeinsame bemannte Raumfahrt fördert den Zusammenhalt, auch damals im Kalten Krieg. Raumfahrt ist schon immer ein Bereich gewesen, in dem intensiv international zusammengearbeitet wurde – und die Brückenfunktion bleibt bestehen. Raumfahrt ist per se ein Kooperationsprojekt.“

Der gemeinsame Nenner aller dieser Äußerungen ist: Die Zukunft der Menschheit liegt in der Zusammenarbeit der Nationen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Länder der Welt und für die gemeinsamen Ziele der Menschheit, insbesondere in der Entwicklung von Technologie und Wissenschaft und der Kreativität der Menschen. Es lohnt sehr, in diese Zusammenarbeit zu investieren. Wer das nicht begreift und statt dessen nur eine „schwarze Null“ anpeilt, wird am Ende mit leeren Händen dastehen.