06131-237384info@bueso.de

Das Recht des Menschen auf eine bessere Zukunft - Die Politische Ökonomie des Friedrich List

Dieser Text wurde für eine Diskussion von rumänischen Aktivisten aus verschiedenen Bereichen vorbereitet, die sich gegen den zerstörerischen Green Deal der EU und für eine Wiederbelebung der eigenen Industrie einsetzen.

Der Bezug zu Friedrich List (1789-1846), dem wichtigsten deutschen Ökonomen seit dem 19. Jahrhundert, ergab sich dadurch, daß dieser in der Gründungsphase der rumänischen Nation und ihrer industriellen Entwicklung im 19. Jahrhundert (wie auch in vielen anderen Nationen der Welt) eine wichtige inspirierende Rolle spielte.

Der kommende 175. Todestag von List am 30. November 2021 sollte in Deutschland gebührend begangen werden, denn wir verdanken ihm die Entstehung als moderner Industrienation. Diese ist heute – durch dieselbe Fortschritts- und menschenfeindliche Ideologie des „Britischen Empire“ akut bedroht, gegen die er als "wichtigster Repräsentant" des Amerikanischen Systems der Politischen Ökonomie außerhalb der USA (Lyndon LaRouche) -im Sinne des Gemeinwohls unermüdlich aktiv war.       

Elke Fimmen

 

Sowohl das Vaterland als auch die Menschheit (Et la Patrie et l'Humanite)

Heutzutage ist eine klare Idee über Prinzipien der Ökonomie wichtiger denn je, also über die Grundsätze, mit denen die Menschheit und die einzelnen Nationen ihr Schicksal gestalten. Das gilt für alle Nationen, denn wir befinden uns in einer globalen Zusammenbruchskrise des alten imperialen Systems der Finanzglobalisierung und der Spekulation.

In den 70er Jahren, nach dem Kollaps des alten Bretton Woods-Finanzsystems 1971 entschied die damalige Finanzoligarchie der City of London und Wall Street, über den Ölpreisschock und die Schaffung des spekulativen Eurodollarmarktes, gefolgt von Hochzinspolitik, eine „kontrollierte Desintegration der Weltwirtschaft“ einzuleiten, die sich auf schnellen Finanzprofit und Finanzglobalisierung konzentrieren sollte. Die Sozialsysteme wurden dereguliert und staatliche Aufgaben des Gemeinwohls wurden privatisiert, der Neoliberalismus wurde eingeführt. Durch immer neue Phasen von Finanzspekulation wurde die Realwirtschaft zerstört. Heute sind wir im Westen in der Endphase dieses Systems, während China und andere Nationen erfolgreich auf wirtschaftliche Entwicklung setzen und die Armut besiegt haben.

Jetzt sind wir wieder in einer entscheidenden Phase, in der die Weichen gestellt werden – diesmal endgültig in den Untergang, wenn die Bevölkerung und verantwortliche Staatsführer weltweit dies nicht stoppen:

Mit dem Green Deal versuchen die Zentralbanken, durch diktatorische Massnahmen alle Liquidität aus dem realen Wirtschaftskreislauf zu ziehen und in die grüne Blase des CO2-Schwindels zu ziehen, um das bankrotte, globale Spekulationscasino weiter zu drehen. Und all die Liquidität, die sie seit 2007/2008 ins globale Finanzsystem gepumpt haben, fliesst nun in die Spekulation in Rohstoffen und führt zur Hyperinflation. Durch das Insistieren darauf, dass die fossilen Energieträger wie  Kohle, Öl, Gas, wegen des erzeugten CO2’s verboten werden müssen, und durch die Sabotage der Atomenergie wird der Bevölkerung die Lebensgrundlage ihrer Existenz entzogen.

Das alles ist kein Zufall, sondern Intention. Klaus Schwab vom World Economic Forum in Davos behauptet in seinem Buch Stakeholder Capitalism: „…Die Fähigkeit, die den Menschen dazu verhilft, die Armut zu überwinden und ein besseres Leben zu führen, ist gleichzeitig dafür verantwortlich, dass der Planet für künftige Generationen zerstört wird. Die Ursachen für den Klimawandel sind nicht nur das Resultat einer selbstsüchtigen Generation von Industriellen und Babyboomern im Westen. Sie sind die Konsequenz des menschlichen Strebens nach einer besseren Zukunft.“ (zitiert aus: https://www.bueso.de/weckruf-gefahr-fuer-menschheit-liegt-klima-sondern-...)

Hier finden wir den entscheidenden Punkt. Wenn den Menschen das Streben nach einer besseren Zukunft verwehrt werden soll, welche Welt will ich dann? Von welchem Menschenbild gehe ich aus? Ist der Mensch nur ein Parasit, Krebsgeschwür der Erde, von dem es am besten möglichst wenige geben soll? 

Die Beschäftigung mit international wichtigen Kämpfern für den menschlichen Fortschritt und das Gemeinwohl, wie Friedrich List es war, kann uns dabei helfen, heute eine internationale Allianz gegen Malthusianismus und für das Gemeinwohl zu schaffen.

Friedrich List,  Eisenbahnpionier, Ökonom, Humanist und Weltbürger,  nannte nicht umsonst sein Hauptwerk von 1841 „Das Nationale System der Politischen Ökonomie“. Und die ihm gleichgesinnten Ökonomen und Staatsmänner seiner Zeit, wie Alexander Hamilton, der erste Finanzminister der USA, oder Matthew Carey und Henry Carey, Vertreter des Amerikanischen Systems der Politischen Ökonomie im 19. Jahrhundert, mit denen List in Amerika zusammenarbeitete, betonten ebenfalls die politische, dirigistische Verantwortung des Staates für die Volkswirtschaft und das Gemeinwohl der Bevölkerung.

Wirtschaftskrisen müssen nicht sein, es sind keine mysteriösen Naturereignisse, die vom Himmel fallen. Es gibt konkrete Gründe für Arbeitslosigkeit, Hungersnöte oder Energiepreisexplosion. Auch Währungssysteme sind menschengemacht, können und müssen also geändert werden, wenn sie die physische Grundlage der Staaten ruinieren.

Friedrich List, der im Jahr der französischen Revolution 1789 in Reutlingen geboren wurde und 1846 starb, polemisierte gegen das Britische System, das System des imperialen, britischen Freihandels von Adam Smith. Heute würden wir sagen, gegen das System der Finanzglobalisierung der City of London und Wall Street und des globalen Spekulationskasinos. Der Ideologe dieses Systems, Adam Smith, sprach immer von der unsichtbaren Hand des Marktes, die alles zum besten lenke, und er attackierte jeden Eingriff des Staates in die Wirtschaft und die Privatinitiative als verwerflich.

List führte in seinen Schriften regelrecht „Krieg“ gegen Smith und das imperiale System des unbegrenzten Freihandels, bei dem es nur auf monetären Profit ankommt, ohne Rücksicht auf die ruinösen Folgen für die betroffenen Staaten. Dieses Freihandelsdogma nannte er die „Theorie des verächtlichsten Egoismus“.  

Hier eins seiner Zitate über die Skrupellosigkeit dieser „Händler“ – oder Spekulanten:

„Kann er nicht am Wohlstand des Landes verdienen, so spekuliert er eben auf dessen wirtschaftliche Schwierigkeiten. Hunger, Krieg, der Verkauf des für die Landwirtschaft notwendigen Viehbestandes und selbst des Düngers, der Verkauf der materialbestände zusammengebrochener Fabrikunternehmen, die Auswanderung der ruinierten Fabrikanten, Arbeiter und der Bauern, selbst die Versorgung des Feindes mit Munition – alles wird für ihn zum Gegenstand der Spekulation und des Gewinns. Mit seinem gebrannten Wasser vergiftet er ganze Nationen und edelste Rassen, ohne dabei müde zu werden, immer wieder zu rufen: 'Gehen lassen und geschehen lassen! Laissez faire et laissez passer'.

Und weiter:

„Die Landwirte und Manufakturisten können nur durch die Schaffung neuer Werte gewinnen. Ihre Produktion ist daher für die Allgemeinheit immer nützlich…Nicht so ist es beim Händler… Ihm geht es nur um den Gewinn von Werten durch den Austausch von Gütern. Wenn durch diesen Austausch für die Nation oder die Menschheit Kräfte verloren gehen, so ist ihm dies gleichgültig…. Seine Devise ist: ‚Dort einkaufen, wo man billig einkaufen kann; und dort verkaufen, wo man teuer verkaufen kann.‘

Wenn alle Landwirte ihre Obstbäume absägten oder entwurzelten, um sie ins Ausland zu schicken, so würde sich der Kaufmann persönlich und als Geschäftsmann keinen Skrupel daraus machen, ihnen hierbei noch behilflich zu sein, vorausgesetzt, dass er dabei einen ausreichenden Gewinn erzielen könnte. Am liebsten würde er noch, wenn es  nur möglich wäre, die Felder selbst oder zumindestens den Mutterboden, der sie deckt, ins Ausland verfrachten. Wenn dann auf diese Weise alles vorhandene Land einschliesslich des Bodens, auf dem seine Füße stehen, fortgeschleppt wäre, würde er sein Schiff besteigen und selbst in ein anderen Land überwechseln“.

Friedrich List stellte diesem menschenverachtenden System die „Theorie der Pflanzung von Produktivkräften“ entgegen.

„Der jetzige Zustand der Nationen ist eine Folge der Anhäufung aller Entdeckungen, Erfindungen, Verbesserungen, Vervollkommnungen und Anstrengungen aller Generationen, die vor uns gelebt haben, sie bilden das geistige Kapital der lebendigen Menschheit, und jede Nation ist nur produktiv in dem Verhältnis, in dem sie diese Errungenschaften früherer Generationen in sich aufzunehmen und durch eigene Erwerbungen zu vermehren gewußt haben“.

Als Beispiel dieser Erwerbungen der Menschheit nennt List die Erfindung der Dampfmaschine:

„Erinnern wir uns hier nur an die Leistungen der Wenigen, deren Arbeiten man die Erfindung und Vervollkommung der Dampfmaschine verdankt… Sie haben einer geringen Anzahl Menschen die Kraft verliehen, Arbeiten zu verrichten, zu deren Zustandebringung früher Millionen Menschen erforderlich gewesen wären.“ Allein diese Erfindung bedeute für das 19. Jahrhundert in der Steigerung der Produktivität soviel wie „alle Erfindungen und Entdeckungen des 15. Jahrhunderts zusammengenommen.“

Für List ist der größte Reichtum das Geisteskapital der Bevölkerung. Er vergleicht die geistige Arbeit in der Gesellschaft mit der Seele im Körper, die durch neue Erfindungen fortwährend die Kraft des Menschen vermehrt und durch technologische Revolutionen einen Fortschritt für die ganze Menschheit hervorbringt.

Der Gegenstand der Politischen Ökonomie ist nach List, produktive und politische Kraft dazuzugewinnen und nicht, kurzfristig monetären Profit zu erzielen.

Der Staat muss dirigistisch die Voraussetzungen schaffen, , damit die Wohlfahrt der Nation langfristig geschützt werden kann, damit ein stetiges Wachstum der produktiven Kräfte erfolgen kann. Dazu gehören auch Schutzzölle. Der Staat muss außerdem für eine funktionierende Infrastruktur sorgen, um die Produktivität der Nation zu erhöhen, also Kanäle, Straßen, Eisenbahnen, Energieversorgung und natürlich die Bildung.

Außerdem muss der Staat das Prinzip des Staatskredits einsetzen: List schreibt, als Schüler von Alexander Hamilton, dem ersten Finanzminister der USA:

„Das Statskreditsystem ist eine der schönsten Schöpfungen der neuern Staatskunst und ein Segen für die Nationen, insofern es als Mittel dient, die die Kosten derjenigen Leistungen und Bestrebungen der gegenwärtigen Generation, welche der Nationalität für alle künftigen Zeiten zugute kommen und ihr Existenz, Wachstum, Größe, Macht und Vermehrung der Produktivkraft verbürgt, auf viele Generationen zu verteilen….“. Es darf aber nicht, so List, zur Deckung laufender Kosten benutzt werden oder zur Bezahlung von Bezahlung von Schulden. Er spricht also über eine Art „Kapitalhaushalt“  für produktive staatliche Kreditschöpfung.

List war aus Überzeugung Patriot und Weltbürger. „Auch wir sind Kosmopoliten, doch unser Kosmopolitismus beruht auf einer gesunden Grundlage, der Nationalität… Schliesslich ist es in erster Linie die Nation, der wir unsere Bildung, unsere Sprache, unsere Lebensfähigkeit und unsere geistige Reife verdanken. …“

„Die Freiheit des Handels ist kein leerer Traum. Sie ist ein Gesetz der Vernunft und unter ihrer Herrschaft werden alle Völker der Erde den höchsten Grad des physischen Wohlbefindens erreichen; doch erst dann, wenn sich alle Nationen auf die gleiche ökonomische, moralische, soziale und politische Entwicklungsstufe erhoben haben werden. Dazu gebietet es aber die Politische Ökonomie jeder Nation, die zur höchsten Stufe der Unabhängigkeit, Zivilisation und Prosperität strebt, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um ihre wirtschaftliche Verfassung gegen jeden äußeren Angriff zu sichern. Zur Erreichung dieses Ziels ist es in erster Linie unerlässlich, eine Manufakturkraft zu begründen und zu fördern.“

Das Nationale System der Ökonomie, die Kampfansage an das Britische System, überschrieb er mit dem Motto „Sowohl das Vaterland als auch die Menschheit – Et la Patrie et l’Humanite“. Ein anderes Werk, „Le Monde Marche“ zeichnet das Bild der Verbindung des eurasischen Kontinents durch ein modernes Eisenbahnsystem – eine Art moderner Seidenstraße . List betont darin, wie wichtig es ist, dass die Menschen nicht mehr für die Ewigkeit an die Scholle gebunden sind, wie im Feudalismus, sondern ihre kreativen Kräfte und die Kräfte ihrer Nationen endlich entwickeln können.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, daß Friedrich List und das von ihm in Europa repräsentierte System der Amerikanischen Politischen Ökonomie (Hamilton, den Careys, Lincoln), das er als politischer Flüchtling in den 20er und 30 Jahren des 19. Jahrhunderts in Amerika kennenlernte und weiterentwickelte, in vielen Ländern der Welt als Gegenpol gegen das Britische imperiale Modell, begrüßt wurde.

Lists Buch Das Nationale System der Politischen Ökonomie von 1841 wurde u.a. 1843 ins ungarische, 1856 ins englische, 1888 ins schwedische, 1891 ins russische und 1927 ins chinesische übersetzt.

Lists Werk spielte auch für die indische Freiheitsbewegung eine wichtige Rolle, ebenso wie bei der Modernisierung Japans im 19. Jahrhundert, der Meji-Revolution.

In Russland war der wichtigste Vertreter der Listschen Ideen Graf Witte, Eisenbahnpionier und Staatsmann. Er war Verkehrsminister, Finanzminister mit Wirtschafts- und Verkehrsressort und dann von 1905-06 Ministerpräsident Russlands. Man bezeichnete ihn als russischen Lincoln. Er verfasste in den 80e Jahren des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Schrift über Friedrich List und die Nationalökonomie und veröffentlichte später seine Vorlesungen über Volks- und Staatswirtschaft, mit denen er Russland für Industrialisierung und Entwicklung gewinnen wollte.

Interessant ist, daß praktisch zur gleichen Zeit Petre S. Aurelian, später Landwirtschafts- und Industrieminister und dann Ministerpräsident Rumäniens, ebenfalls ein großer Anhänger und Befürworter der Listschen Ideen und Konzepte war, um eine eigenständige industrielle Entwicklung Rumäniens zu ermöglichen. Er verfasste schon 1872 eine Studie über die rumänische Wirtschaft und erwähnte List darin. Er hielt es für seine Pflicht, dessen Lehren in Rumänien zu verbreiten und wollte das Nationale System übersetzen. Aus Zeitgründen konnte er dies nicht vollenden, und so schrieb er schliesslich das Vorwort und die Einleitung für das von J.N. Papiniu 1887 herausgegebene Werk .  Darin bezeichnet er List als wahren Meister der Politischen Ökonomie mit prophetischem Weitblick. In einem „heissen Aufruf an die Rumänen“ schrieb er, jeder sollte versuchen, in seinem Kreis in der Wirtschaftsorganisation Rumäniens die meisterhaften Ansichten Lists anzuwenden, die er von allen Standpunkten aus für nützlich hielt. 

Und besonders China hat Lists Lehren genau studiert und List  ist dort seit langem der beliebteste Ökonom, nicht Adam Smith! Schon der chinesische Staatsgründer Sun Yat Sen entwarf seinen Plan zur Nationalen Entwicklung Chinas durch Infrastruktur am Anfang des 20. Jahrhunderts ganz im Geiste von Friedrich List. List war der Vater des deutschen Eisenbahnsystems und des Deutschen Zollvereins, der zusammen mit den Konzepten von Henry Carey für Bismarck die Grundlage zur industriellen Entwicklung Deutschlands schuf. Betrachtet man die Erfolge der chinesischen Politik in der Armutsbekämpfung, ihre rasante wissenschaftlich-technologische Entwicklung, das ausgezeichnete Eisenbahnnetz, und die entwicklungsorientierte Belt and Road Initiative, dann sollte man sich in Europa fragen, ob man nicht lieber die fortschrittsorientierten Konzepte von List wieder studieren sollte, statt weiter der Brüsseler EU-Ideologie mit ihrem Green Deal und selbstmörderischen Wirtschaftszerstörungspolitik zu folgen. 

Fazit

Wirtschaftspolitik muss von menschlichen Prinzipien ausgehen, vor allem dem unveräusserlichen Recht auf Entwicklung! Das gilt für jeden einzelnen Menschen, und für jede Nation. Nur ein solches Paradigma ist menschenwürdig und kann auch auf Dauer Frieden schaffen. Das britische Modell der Finanzglobalisierung und die Green Deal-Diktatur der Zentralbanken, die jetzt unsere Lebensgrundlage zerstört, muss ersetzt werden durch ein neues Paradigma von Kooperation und Entwicklung, in dem die einzelnen Nationen ihr eigenes Potential entwickeln können.  

Das Wesen des Menschen ist Fortschreitung, Verbesserung. Jeder Mensch, der heute geboren wird, ist eine Bereicherung für die ganze Menschheit, keine Last oder Plage, wie dies die Malthusianer von heute behaupten. Denn der größte Reichtum der Nationen ist die menschliche Kreativität, die alle Probleme überwinden kann!