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Der Staat muß das Steuer wieder übernehmen

Der französische Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade unterstützt mit der folgenden Erklärung die Belegschaft des EADS-Konzerns.

Angesichts der Produktionskrise beim Airbus A380 und der Unterschätzung der Entwicklungskosten des A350 will das Management des EADS-Konzerns die Arbeitnehmer für Fehler zahlen lassen, die sie nicht begangen haben. 10.000 Arbeitsplätze sollen abgebaut werden. Das ist ebenso sozial ungerecht wie wirtschaftlich absurd. Es stellen sich drei grundlegende Fragen: Wie kam es dazu? Ist der Umstrukturierungsplan „Power 8“ brauchbar? Wie kann man die Luft- und Raumfahrtindustrie retten?

Die beiden Hauptursachen des gegenwärtigen Schlamassels sind einerseits das Fehlen eines integrierten Unternehmens (EADS ist ein unorganischer Zusammenschluß von vier Herstellern mit 17 Standorten) und andererseits der hohe Wert des Euro gegenüber dem Dollar, der dem amerikanischen Konkurrenten Boeing Vorteile verschafft. Außerdem hat EADS bis jetzt wie eine Art Luftfahrt-Investmentfonds gearbeitet und verfügte nicht über die Hebel für Entscheidungen über die eigene Entwicklung. Das ist der Hintergrund, daß sich die beiden wichtigsten beteiligten Industriekonzerne, Lagardère und Daimler-Benz, seit 18 Monaten um ihren Rückzug bemühen. Der Staat kann nicht eingreifen, weil er, wie Politiker wie Jospin, Fabius und Strauss-Kahn selbst einräumen müssen, praktisch ausgeschaltet ist und seine Macht zur Ernennung der Geschäfts- und Unternehmensführung verliert.

Kurz gesagt, mit mehreren staatlichen und privaten Piloten am Steuer und ohne Schiedsrichter sitzt EADS mitten im Finanzsturm und soll trotz hervorragender Arbeitskräfte und Technik und auf fünf Jahre übervoller Auftragsbücher Harakiri begehen!

[h3]Der Plan „Power 8“[/h3] Dieses Harakiri ist der Plan „Power 8“, der vom berüchtigten „Sanierungsschlachter“ Christian Streiff entwickelt und vom „sozialverträglichen“ Louis Gallois im großen und ganzen aufgegriffen wurde. Er sieht vor:

[list][item] Abbau von 10.000 der 57. 000 Arbeitsplätze, 4.300 davon in Frankreich; [/item][item] schnelle Ausgliederung einiger bestehender Fertigungsstätten (die Werke Méaulte und Saint-Nazaire); [/item][item] die Montage größerer Flugzeugteile im Ausland, außerhalb der Eurozone, als „Schutz vor Währungsschwankungen“. [/item][/list] Auf diese Weise wird also der Familienschmuck veräußert: Man lagert aus, demontiert die Werkstätten der Nation und entläßt Leute, um die Kassen wieder zu füllen - die bornierte Logik eines Finanzbuchhalters anstelle industriellen Unternehmertums.

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[h3]Die „Lösungen“ von Sarkozy und Royal[/h3] Und was sagen die Präsidentschaftskandidaten? Der konservative Nicolas Sarkozy würde aus Airbus „ein Unternehmen wie jedes andere“ machen, indem er den Staat (welcher 15% besitzt) von seinen Verpflichtungen entbindet und dies eventuell durch zeitweise staatliche Unterstützung ausgleicht. Die Sozialistin Ségolène Royal ist für „eine klare Industriepolitik mit einer verstärkten Unterstützung durch die an Airbus beteiligten Staaten“ und Geldspritzen von acht linksorientierten Regionalregierungen.

Keine dieser „Lösungen“ ist der Herausforderung angemessen. Zunächst einmal verbietet die Europäische Kommission im Namen der WTO jegliches System rückzahlbarer staatlicher Vorschüsse. Vor allem aber behandeln beide EADS als isolierten Einzelfall, während das Dilemma nur im Rahmen einer allgemeinen Änderung der Politik zu überwinden ist.

[h3]Der wahre Einsatz[/h3] Was die Luft- und Raumfahrtindustrie braucht, ist eine einheitliche, verantwortliche Führung, stabiles Kapital und organisierte Märkte. Deshalb muß man Lagardère und Daimler-Benz, die sich auf Medien und Automobile spezialisieren möchten, ziehen lassen und darf weder die anglo-amerikanischen Pensionsfonds noch das Emirat Qatar hereinlassen.

Die Geldmittel, die Airbus unmittelbar benötigt, müssen aus den europäischen Staaten kommen. Aber wie?

Formell, indem man wieder Luftfahrt-, Raumfahrt- und Rüstungsunternehmen schafft, die bei den einzelnen Programm nach Bedarf Partnerschaften eingehen, so wie es auch vor der Zusammenlegung 1998 der Fall war. Diese Partnerschaften müssen jeweils so angepaßt werden, daß das verantwortlich zeichnende Unternehmen auch das Sagen hat.

Und grundsätzlich, indem die neuen Unternehmen organischer Bestandteil einer neuen Weltwirtschafts- und Währungsordnung werden, die langfristig Währungsstabilität und organisierte Märkte sichert.

Dies ist unser Vorschlag für ein neues Bretton Woods. In Frankreich muß das Ministerium für Industrie und Forschung das „Projekt“ Airbus mit einem für Planung verantwortlichen Minister im Ganzen unterstützen, um die Ziele zu setzen, sowie mit einer öffentlichen Nationalbank, um die Herausforderung der Finanzierung anzupacken. Eine Verstaatlichung oder staatliche Geldspritzen würden in der Praxis nicht ausreichen; das eigentliche Problem ist die Logik des gegenwärtigen Systems an sich.

Wir müssen die Programme mit den Käuferländern erneuern, schützen und koordinieren durch eine Politik der Zusammenarbeit von Nationalstaaten statt finanzieller Strangulierung. Aus dieser Perspektive heraus unterstütze ich die französischen und deutschen Arbeitnehmer.

 

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