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Tödliche Bankenreform Dodd-Frank: Zypern-Modell auch für die USA

[i]Von Leandra Bernstein[/i]

Im Washingtoner Senat und Repräsentantenhaus laufen gegenwärtig immer noch Anhörungen darüber, was der US-Kongreß mit dem Bankenreformgesetz „Dodd-Frank“ (vollständig: Wall-Street-Reform- und Verbraucherschutzgesetz) 2010 eigentlich beschlossen hat, während weiter an der Formulierung der Vorschriften zur Umsetzung dieses Gesetzes gearbeitet wird. Wie EIR von Mitarbeitern des Kongresses erfuhr, ist die wichtigste Bestimmung des Gesetzes im Kongreß kaum bekannt - nämlich Titel II des Gesetzes zur Einrichtung einer Behörde für geordnete Liquidation (Orderly Liquidation Authority, OLA), womit die Bundeseinlagenversicherung FDIC ermächtigt wird, einen „Bail-in“ durchzuführen, also eine Bankenrettung durch Zugriff auf Kundengelder nach dem Zypern-Modell. In der Präambel des Dodd-Frank-Gesetzes wird behauptet, es solle verhindern, daß der amerikanische Steuerzahler durch sog. „Bail-Out“ weiter für Bankenrettungen aufkommen muß. Aber statt dessen kommt nun der „Bail-in“, die Enteignung der Bankkunden - ein wesentliches Element der Methode für „grenzübergreifende Bankenabwicklungen“, auf die man sich international geeinigt hat.

Einfach ausgedrückt, ist der Bail-in das Gegenteil dessen, was die Vereinigten Staaten unter Präsident Roosevelt mit dem Glass-Steagall-Gesetz und allgemein dem Bankengesetz von 1933 taten: Heute werden die Banken gerettet und nicht die Einleger. So heißt es in einem Überblick des Weltwährungsfonds (IWF) vom April 2012 über das geplante Vorgehen: „Die gesetzlich festgelegte Bail-in-Befugnis zielt darauf ab, eine umgehende Rekapitalisierung und Umstrukturierung des in Not geratenen Instituts zu bewirken.“[footnote]Jianping Zhou, Virginia Rutledge, et al., “From Bail-out to Bail-in: Mandatory Debt Restructuring of Systemic Financial Institutions”, IMF Staff Discussion Note, 24. 4. 2012.[/footnote] Im Falle der Abwicklung eines notleidenden „weltweit tätigen, systemrelevanten Finanzinstituts“ (kurz G-SIFI) werden die Gläubiger der Bank teilweise enteignet - und zwar konkret diejenigen Kunden, deren Einlagen die von der FDIC garantierte Summe übersteigen. Es ist ausdrücklich kein gewöhnliches Konkursverfahren. Konten und andere Guthaben werden unter Aufsicht der Abwicklungsbehörde beschlagnahmt und/oder zwangsweise in Aktien umgetauscht. Damit wird verhindert, daß die Bank Bankrott macht. Der Wert von Wertpapieren wird nicht durch Verkauf auf dem offenen Markt abgeschrieben. All dies dient dazu, den Fortgang des Geschäftsbetriebs des Geldinstituts und die Stabilität des Finanzsystems zu sichern.

Unser Bericht liefert die Fakten, hauptsächlich anhand der Gesetzes- und Chartatexte sowie der Erklärungen der Aufseher dieser Bail-in-Abwicklungen, um deutlich zu machen, daß hier ein internationales Syndikat einen Angriff auf die Vereinigten Staaten unternimmt, indem durch Gesetze und Verträge Regelungen in Kraft gesetzt werden, die den Interessen der USA und dem Geist der amerikanischen Verfassung zuwiderlaufen. Das Dodd-Frank-Gesetz enthält in seiner gegenwärtigen Form keine Klausel, die den allgemeinen Effekt massenhafter wirtschaftlicher Verheerung der anvisierten Opfer verhindern würde. Ein solcher Raub quer durch das Spektrum der Volkswirtschaft müßte als unmittelbare Folge dieses Gesetzes unausweichlich zu einer deutlich höheren Sterberate im Land führen. Wenn dieses Gesetz nicht aufgehoben wird, wird die Folge sein, daß Bürger Amerikas massenhaft ruiniert und ihr Leben mit wirtschaftlichen Mitteln zerstört wird. Die Tatsache, daß dies bisher noch nirgends offen ausgesprochen wurde, macht die Argumentation der Befürworter dieses Gesetzes nicht besser.

Bevor dieses Gesetz als Folge irgendeiner der vielfältigen Arten von Finanzkrisen, die jederzeit ausbrechen können, ausgeführt wird, muß es durch Glass-Steagall ungültig gemacht werden. Das Dodd-Frank-Gesetz von 2010 muß aufgehoben und gleichzeitig die Wiedereinführung von Glass-Steagall beschlossen werden, so wie es in Form des Gesetzesentwurfs im Senat (S 985) und im Repräsentantenhaus (HR 129) vorliegt.

[h4]Anglo-amerikanische Abwicklung[/h4]

In der verabschiedeten Form umfaßte Dodd-Frank 848 Seiten mit 383.000 Wörtern. Nach Angaben des Finanzrechtsunternehmens Davis Polk kamen bis Juli 2012 weitere 8843 Seiten mit Vorschriften hinzu, doch das waren nur 30% der Vorschriften, die insgesamt formuliert werden sollen. Der endgültige Umfang des Gesetzes wird Schätzungen zufolge rund 30.000 Seiten betragen.[footnote]ibtimes.com/dodd-frank-rules-nearly-9000-pages-its-less-one- third-finished-726774[/footnote] Außerdem gaben die sechs größten Banken der USA 2010 etwa 29,4 Mio.$ für Lobbyarbeit im Kongreß aus und schickten 3000 Lobbyisten zum Kongreß - umgerechnet fünf Lobbyisten auf jeden Abgeordneten.[footnote]Robert Reich, “The Shameful Murder of Dodd-Frank”, 20. 7. 2011, http://robertreich.org/post/7843866058[/footnote] Damit ist das Dodd-Frank-Gesetz für Wallstreet-Reform und Verbraucherschutz heute das längste Gesetz, das jemals von einer amerikanischen Regierung beschlossen wurde.[footnote]http://www.opencongress.org/bill/111-h4173/text[/footnote] Manche Beobachter behaupten, die Länge des Gesetzes habe vor allem dazu gedient, die Kongreßabgeordneten einzuschüchtern. In öffentlichen Kommentaren hieß es, nur wenige Abgeordnete hätten das Gesetz überhaupt gelesen, und die meisten seien unter Druck gesetzt worden, allein aus Loyalität zur Partei dafür zu stimmen, als Präsident Barack Obama während seiner ersten Amtszeit die Partei mit allen verfügbaren Mitteln auf Linie hielt.[footnote]Die jüngsten Skandale des Weißen Hauses, darunter der Lauschangriff auf AP und andere Nachrichtenagenturen, das Vorgehen des IRS gegen konservative Gruppen und die Frage der Legalität von außergerichtlichen Tötungen im In- und Ausland, werfen die Frage auf, welche Methoden Obama wohl angewandt hat, um seine politischen Gegner und Verbündeten zu beeinflussen.[/footnote] Bei der ersten Abstimmung stimmte kein einziger Republikaner für das Gesetz. Die letzte Abstimmung fiel 237:192 aus, dabei waren drei Republikaner dafür und 19 Demokraten dagegen. Im Senat stimmten zusammen mit den 55 Demokraten drei Republikaner und die beiden Unabhängigen für das Gesetz, welches Präsident Obama dann am 21. Juli 2010 mit seiner Unterschrift in Kraft setzte.

Inzwischen ist mehr über die Folgen von Dodd-Frank durchgesickert - aber erst, nachdem es beschlossen wurde. Die Mitglieder von Parlament und Regierung, die für das Gesetz eintraten oder es zumindest nicht verhinderten, haben hierauf unzureichend reagiert. Selbst als die Konsequenzen der europäischen Finanzkrise spürbar wurden, geschah kaum etwas. Darüber hinaus schwärmen die Finanzinteressen mit einer neuen Welle von Interessenvertretern zu den neu gewählten Abgeordneten im Kongreß aus, um geeignete Kandidaten für Wahlkampfspenden herauszusuchen, während die altgedienten Abgeordneten Gesetze vorlegen und beschließen, die buchstäblich von Finanzinstituten selbst geschrieben wurden.[footnote]Eric Lipton & Ben Protus, “Banks Lobbyists Help in Drafting Financial Bills”, New York Times Dealbook, 23.5. 2013.[/footnote]

Zwar ist diese gängige Korruption im Kongreß so alt wie diese Institution selbst. Was jedoch mit den neuen Befugnissen unter Titel II des Dodd-Frank-Gesetzes erlaubt wird und nun jederzeit umgesetzt werden kann, das ist noch einmal eine andere Ebene.

Am 10. Dezember 2012 einigten sich die Bank von England und die US-Einlagenversicherung FDIC auf ein Strategiepapier mit dem Titel [i]Abwicklung weltweit tätiger, systemrelevanter Finanzinstitute.[/i][footnote]„Resolving Globally Active, Systemically Important, Financial Institutions”, gemeinsames Papier der amerikanischen Einlagenversicherung FDIC und der Bank of England, 10.12.2012.[/footnote] Darin vergleichen sie die Abwicklungsmethoden, die in den USA unter Titel II durch die OLA (Behörde für geordnete Liquidation) festgelegt sind, mit der entsprechenden Abwicklungsbehörde in Großbritannien, die sich Prudent Regulation Authority („Behörde für umsichtige Regulierung“, PRA) nennt. Die neue Regelung in Großbritannien trat am 1. April 2013 in Kraft, nachdem die bisherige Finanzaufsicht FSA aufgelöst worden war. Ab Juni wird der bisherige Gouverneur der Bank von Kanada und frühere Chef des Financial Stability Board (Finanzstabilitätsrat), Mark Carney, als neuer Chef der Bank von England auch die Aufsicht über die PRA haben.[footnote]Charles Goodhart, ehemaliges Mitglied des Ausschusses der Bank von England für die Geldpolitik, kommentierte den Übergang von der quasi-autonomen Finanzdienstleistungsaufsicht (FSA) zur PRA: „Man kann sagen, daß der Umfang und die Breite der Befugnisse jetzt größer ist als die irgendeiner anderen Zentralbank.“ Zitiert in: Scott Hamilton and Jennifer Ryan, “BOE Power Shift Takes Hold As Regulation Role Crystallizes”, Bloomberg News, 2.4.2013.[/footnote]

In dem gemeinsamen amerikanisch-britischen Bericht heißt es in der Zusammenfassung:

[list]„Die Finanzkrise, die 2007 ausbrach, zeigt nachdrücklich die Bedeutung eines geordneten Abwicklungsprozesses für weltweit tätige, systemrelevante Finanzinstitute (G-SIFIs)... Diese Strategien wurden entworfen, um große und komplexe, grenzüberschreitend tätige Firmen abwickeln zu können, ohne die finanzielle Stabilität zu gefährden und ohne öffentliche Gelder Risiken auszusetzen...

In den USA wurde die Strategie im Zusammenhang mit den Befugnissen entwickelt, die das Dodd-Frank-Gesetz für Wallstreet-Reform und Verbraucherschutz von 2010 liefert. Eine solche Strategie würde eine einzige Zwangsverwaltung für die oberste Holdinggesellschaft einsetzen, Aktionären und ungesicherten Gläubigern Verluste zuweisen und gesunde Tochterunternehmen auf eine oder mehrere neue, solvente Einheiten übertragen.“[footnote]Diese Einrichtung wird wahrscheinlich ein finanzielles Überbrückungsinstitut sein. Der Begriff des finanziellen Überbrückungsinstituts bedeutet, daß das Unternehmen ein neues Finanzunternehmen gründet, in Übereinstimmung mit Abschnitt 210 (h), um ein betroffenes Finanzinstitut abzuwickeln. (Dodd-Frank, Title II, Sec. 201; 3.)[/footnote][/list]

Vor der Abwicklung hat das betreffende Geldinstitut das Recht, vor dem Washingtoner Bezirksgericht Widerspruch einzulegen, wenn es die Entscheidung für eine Abwicklung für falsch oder willkürlich hält. Aber die Entscheidung des Gerichts erfolgt „auf strikt vertraulicher Basis und ohne vorherige öffentliche Bekanntgabe“. So wird verhindert, daß ungesicherte Anleger oder andere Betroffene von der bevorstehenden Abwicklung erfahren. Das Gesetz belegt sogar ein verfrühtes oder „unverantwortliches“ Bekanntgeben eines Abwicklungsverfahrens mit bis zu 250.000 $ Geldstrafe und bis zu fünf Jahren Haft (Titel II, Abschnitt 202, 1 A).

Außerdem hat ein Gläubiger, der der Abwicklung widerspricht, nur begrenzt Zeit für Widerspruch. Wenn z.B. die Regierung eines Bundesstaats, die mit dem Pensionsfonds für die öffentlichen Bediensteten Geld in dem notleidenden Institut angelegt hat, sich mit diesem Geld nicht an der „Bail-in“-Rettung des Instituts beteiligen und deshalb gegen die Abwicklung oder deren Bedingungen Widerspruch einlegen möchte, hat sie ganze 24 Stunden Zeit, sich an ein Gericht zu wenden. Im Juni 2012 wurde beim Washingtoner Bezirksgericht eine Klage eingereicht, das Dodd-Frank-Gesetz aus verschiedenen Gründen, u.a. wegen dieser mangelnden Rechtsstaatlichkeit, für verfassungswidrig zu erklären.[footnote]Die ursprüngliche Klage wurde von der State National Bank in Big Spring/Texas, der 60 Plus Association und dem Competitive Enterprise Institute eingereicht. Ihr haben sich die Justizminister von elf US-Bundesstaaten angeschlossen: Michigan, Alabama, Georgia, Nebraska, Kansas, Süd-Carolina, Oklahoma, West Virginia, Texas, Montana, und Ohio. Siehe cei.org/doddfrank[/footnote]

Wir zitieren im folgenden aus der Einleitung des Papiers; sie trägt die Überschrift „Der gesetzliche Rahmen für die Umsetzung der Strategie“.

[list]„Titel I des Dodd-Frank-Gesetzes schreibt vor, daß jedes G-SIFI in regelmäßigen Abständen der FDIC und der Federal Reserve einen Abwicklungsplan vorlegt, der die Pläne des Unternehmens für seine schnelle und geordnete Abwicklung nach dem amerikanischen Konkursrecht darlegen muß...[footnote]Die sogenannte „Patientenverfügung”.[/footnote]

Titel II des Dodd-Frank-Gesetzes erteilt der FDIC neue Vollmachten, durch die Einrichtung der Behörde für geordnete Liquidation (OLA) SIFIs abzuwickeln. Unter der OLA kann die FDIC zum Zwangsverwalter jedes amerikanischen Finanzunternehmens ernannt werden, das bestimmte Kriterien wie Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit erfüllt und dessen Abwicklung nach dem US-Konkursgesetz (oder anderen entsprechenden Konkursverfahren) wahrscheinlich Instabilität des Systems auslösen würde.[footnote]Title II, Abschnitt 203 (a).[/footnote]

Titel II schreibt vor, daß die Verluste jedes unter Zwangsverwaltung gestellten Finanzunternehmens nicht vom Steuerzahler getragen werden, sondern von Stamm- und Vorzugsaktionären, Inhabern von Schuldentiteln und anderen ungesicherten Gläubigern, und daß das für den Zustand des Finanzunternehmens verantwortliche Management abgelöst wird. Wenn die FDIC als Zwangsverwalter eines zahlungsunfähigen Finanzunternehmens eingesetzt ist, muß sie eine Abwicklung des Unternehmens auf eine Weise durchführen, die das Risiko für die Stabilität des Finanzsystems abschwächt und moralisches Fehlverhalten minimiert. Kosten, die den US-Behörden bei der Abwicklung des Instituts entstehen und nicht aus den Einnahmen aus der Abwicklung gedeckt werden, muß die Branche erstatten.“[/list]

Dem Papier zufolge zahlen diejenigen Gläubiger, die die Verluste tragen müssen, die Kosten der Abwicklung, die Verwaltungskosten der Abwicklung übernimmt ein Abwicklungsfonds (Orderly Liquidation Fund). Weiter wird vorgeschlagen, daß die Gläubiger, deren Forderungen nicht liquidiert werden, zu Aktionären gemacht werden - aus den Forderungen werden Aktien, die den Wert des abgewickelten Instituts erhöhen sollen. Das sonst übliche Verfahren bei Konkursen, die Forderungen der Gläubiger nach Priorität zu bedienen, findet nicht statt. Das Unternehmen wird nicht geschlossen, sondern arbeitet weiter und wird mit dem Geld der Gläubiger gerettet.

Eine wichtige Präzisierung, wer ein Gläubiger der Bank ist, lieferte die Vorsitzende der Denkfabrik Public Banking Institute, Ellen Brown, in einem Kommentar zu dem Papier der Bank von England (BoE) und der FDIC vom 28.3.2013. Im Rahmen einer Erläuterung, warum die Enteignung von 40% der ungesicherten Einlagen in Zypern kein Ausnahmefall bleiben wird, stellt sie klar:

[list]„Auch wenn dies wenigen Einlegern bewußt ist, besitzen die Banken rechtlich betrachtet die Gelder der Einleger, sobald diese bei der Bank angelegt sind. Aus unserem Geld wird das Geld der Bank und wir werden ungesicherte Gläubiger, die Schuldscheine oder Zahlungsversprechen besitzen... Unter dem FDIC-BoE-Plan wird man unsere Schuldscheine in ,Bankaktien’ umtauschen... Mit etwas Glück können wir diese Aktien dann vielleicht an jemand anderen verkaufen, aber wann und zu welchem Preis?“[footnote]Ellen Brown, “It Can Happen Here: The Confiscation Scheme Planned for US and UK Depositors”, webofdebt.wordpress.com, 28.3. 2013.[/footnote][/list]

Wie der folgende Abschnitt belegen wird, kann jedem Gläubiger, jedem mit einem Guthaben zwischen einem Dollar und 250.000 $ oder mehr bei der Bank, der Zugang zu seinem Konto gesperrt werden und er wird statt dessen zwangsweise zum Aktionär gemacht. Und die Entscheidung für eine OLA-Abwicklung kann praktisch von heute auf morgen fallen. Damit der Einleger an das Geld kommt, das er vorher als Guthaben auf dem Konto zu besitzen meinte, muß er die Aktien verkaufen.

Aber ein solcher ehemaliger Inhaber eines Kontos mit beispielweise 250.000 $ Guthaben, der nun statt dessen Aktien in entsprechender Höhe erhält, sitzt dann natürlich auf Aktien einer Bank, die gerade eine grenzüberschreitende Sanierung unter staatlicher Zwangsverwaltung durchgemacht hat, weil sie in akuten Zahlungsschwierigkeiten war. Der Verwalter, die FDIC, entscheidet, welche Werte in der Bank im Interesse der „Systemstabilität“ erhalten werden müssen, und dazu gehören mit Sicherheit Derivate und andere exotische Schuldenpapiere, weil deren Verkauf im Zusammenhang mit einer Abwicklung unter Zwangsverwaltung eine Panik im System auslösen würde. Dann stellt sich natürlich die Frage: Wieviel würde der Aktionär für diese Aktien einer Pleitebank bei einem Verkauf noch bekommen?

[h4]Ungesicherte Gläubiger[/h4]

Wie es in einem Bericht des IWF vom 24.4.2012 heißt,[footnote]Jianping Zhou, Virginia Rutledge, et al., a.a.O.[/footnote] ist der Umtausch von Bankschulden in Aktien ein Kernelement der im Dodd-Frank-Gesetz vorgesehenen Bail-in-Bankenrettung. „Der Beitrag des neuen Kapitals wird aus dem Schuldenumtausch und/oder der Ausgabe neuer Aktien kommen, bei einer Aufhebung oder beträchtlichen Verwässerung der Aktien aus der Zeit vor dem Bail-in... Es könnten einige Maßnahmen notwendig sein, um das Risiko einer ,Todesspirale’ des Aktienkurses zu reduzieren.“ Damit wird in der Sprache von Dodd-Frank „sichergestellt, daß ungesicherte Gläubiger die Verluste tragen“.

Für einen solchen Zwangsumtausch von Guthaben in Aktien gab es bereits einen Testlauf, nämlich im Rahmen der Konkurssanierung von Bankia und vier anderen spanischen Banken im Frühjahr. Als Folge der Bedingungen eines gegenseitigen Memorandums zwischen der spanischen Regierung und der Troika aus EU-Kommission, EZB, IWF vom Juli 2012 wurden mehr als eine Million kleine Sparer Aktionäre, die für ihre Guthaben Vorzugsaktien, sog. „Preferentes“, erhielten. Diese Aktien verloren sofort nach dem Zwangsumtausch 30-70% an Wert. Wenig später wurden sie in Stammaktien zum Kurs von 2 Euro je Aktie umgetauscht und nach der Umstrukturierung von Bankia im März wurden sie auf nur noch 10 Eurocent je Aktie abgewertet.

Die hohe Wahrscheinlichkeit eines solchen Wertverlusts wird in dem BoE-FDIC-Bericht und von vielen anderen Stellen offen zugegeben. Wenn unter Titel II von Dodd-Frank die oberste Holdinggesellschaft einer G-SIFI-Bank unter Zwangsverwaltung der FDIC gestellt wird, werden die Guthaben zwangsumgetauscht, um die Muttergesellschaft in ihrer alten oder neuen Form wieder mit Kapital auszustatten, und danach abgeschrieben.

[list]„Die FDIC geht davon aus, daß sie, um die neuen Geschäftsoperationen - eine oder mehrere neue private Einrichtungen - mit Kapital auszustatten, auf nachrangige Schulden oder sogar vorrangige ungesicherte Schuldforderungen als unmittelbare Kapitalquelle setzen muß. Die ursprünglichen Forderungsinhaber müssen dementsprechend damit rechnen, daß ihre Forderungen in dem Maße abgeschrieben werden, in dem die Aktionäre Verluste des zwangsverwalteten Mutterunternehmens nicht decken können...“[footnote]Siehe “Cyprus Template: The Case of Spain”, LPAC-TV-Sendung mit dem EIR-Redakteur für Iberoamerika, Dennis Small, 27.3. 2013, http://larouchepac.com/larouchepac.com/node/26013[/footnote][/list]

Das ist kein einfacher Schuldenschnitt für Anleiheninhaber, Gläubiger und andere, sondern eine Garantie, daß diejenigen, die Geld in dem Institut anlegt haben, Einleger mit Guthaben, dafür geradestehen müssen, daß das Institut weiterarbeiten kann. Einleger sowie Gläubiger sind mit ihrem Geld dafür verantwortlich, daß die Bank geöffnet bleibt und ihre Geschäfte weiterbetreibt, anstatt sie in einem Konkursverfahren zu schließen, wie man es mit Banken täte, die kein G-SIFI, also nicht systemrelevant sind. Auf diese Weise werden der Geschäfts- und der Investmentbankbereich in gleichem Maße für die Bankenrettung herangezogen. Der Ökonom Nouriel Roubini schreibt dazu in einem Text im Internet mit dem Titel „Bankenabwicklungsregime“:

[list]„Unter der existierenden Gesetzgebung hat die FDIC die Vollmacht, im Rahmen der Abwicklung zahlungsunfähiger Banken Verluste ungesicherten Gläubigern aufzuerlegen. So hat die FDIC z.B. 2008 Washington Mutual mit der kostengünstigsten Abwicklungsmethode abgewickelt und den ungesicherten Gläubigern und ungesicherten Einlegern (Guthaben über 100.000$) schwere Verluste auferlegt. Die unter dem Dodd-Frank-Gesetz eingerichtete Behörde für geordnete Liquidation (OLA) erweitert die Abwicklungsbefugnisse der FDIC. Unter bestimmten Voraussetzungen hat die FDIC nun auch die Vollmacht, nach Gutdünken zu entscheiden, welche Werte und Forderungen sie auf eine dritte Partei überträgt, und ähnlich gestellte Gläubiger unterschiedlich zu behandeln, z.B. kurzfristige Gläubiger langfristigen vorzuziehen oder betriebliche Gläubiger Kreditgebern oder Anleiheninhabern vorzuziehen.“[footnote]roubini.com/briefings/175500.php[/footnote][/list]

[h4]Internationaler Rahmen bereits geschaffen[/h4]

Die grenzüberschreitende Abwicklung von sog. „globalen systemisch relevanten Finanzinstituten“ bzw. Banken (G-SIFI oder GSIB) war die Schlüsselfrage bei der Ausarbeitung und Inkraftsetzung von Dodd-Frank. Dies erfordert offensichtlich eine Zusammenarbeit mit anderen Nationen. Dodd-Frank gibt ausdrücklich die Vollmacht zu einer solchen Koordination mit ausländischen Behörden, um Institute abzuwickeln, deren Zusammenbruch die Stabilität des Finanzsystems bedrohen würde. So heißt es in Titel II, Abschnitt 210 N, die FDIC wird ihre Tätigkeit als Zwangsverwalter eines solchen notleidenden Finanzinstituts „hinsichtlich einer geordneten Liquidation jedes betroffenen Finanzunternehmens, das Vermögenswerte oder Geschäftstätigkeit in einem anderen Land als den Vereinigten Staaten hat, im größtmöglichen Umfang mit den entsprechenden ausländischen Finanzbehörden koordinieren“.

Der Vorsitzende der FDIC, Martin Gruenberg, sprach am 9. Juni 2012 in einer Rede in Chicago über die grenzüberschreitenden Strategien, die im Dodd-Frank-Gesetz festgelegt sind. Seit dem Inkrafttreten von Dodd-Frank habe die FDIC Maßnahmen ergriffen, um ihre neuen Abwicklungsbefugnisse wahrzunehmen, und dazu u.a. die Koordinierung der grenzüberschreitenden Abwicklung mit ausländischen Aufsichtsbehörden verstärkt, insbesondere mit dem Vereinigten Königreich, wo sich die Geschäftstätigkeit der amerikanischen SIFIs besonders konzentriert. Gruenberg sagte:

[list]„Wie ich schon erwähnte, wird ein Unternehmen der Art, wie wir es abwickeln müssen, wahrscheinlich bedeutende internationale Aktivitäten haben. Dies schafft eine Reihe von Herausforderungen...

Die FDIC beteiligt sich an der Arbeit des Finanzstabilitätsrates über ihre Mitgliedschaft in der Abwicklungs-Lenkungsgruppe (Resolution Steering Group), die ,Schlüsselelemente wirksamer Abwicklungsregelungen für Finanzinstitute’ ausgearbeitet hat. Wir waren auch an der Arbeitsgruppe für die Bewältigung grenzüberschreitender Krisen und an mehreren technischen Arbeitsgruppen beteiligt und sind Mitvorsitzende der Arbeitsgruppe für grenzüberschreitende Bankenabwicklung des Baseler Komitees seit ihrer Gründung 2007...

Wir haben eine Heatmap-Übung durchgeführt, bei der festgestellt wurde, daß die Geschäftstätigkeit der US-SIFIs sich auf eine relativ kleine Anzahl von Ländern besonders konzentriert, insbesondere Großbritannien. In Zusammenarbeit mit den britischen Behörden machen wir substantielle Fortschritte beim Verständnis, wie man mit möglichen Abwicklungsstrukturen der USA im bestehenden britischen rechtlichen und politischen Rahmen umgehen könnte. Wir haben potentielle Hindernisse für eine effiziente Abwicklung gründlich untersucht und stehen auf einer kooperativen Grundlage im Prozeß der Prüfung von Methoden zu deren Überwindung.“[footnote]Martin J. Gruenberg, Chairman, Federal Deposit Insurance Corporation. Rede vor der Federal Reserve Bank of Chicago Bank Structure Conference, 9.6. 2012.[/footnote][/list]

Man kann sagen, daß die erste ernstzunehmende Regelung für grenzübergreifende Abwicklung im April 2009 beim G-20-Gipfel in London auftauchte, dem ersten Gipfeltreffen, an dem der damals neugewählte Präsident Barack Obama teilnahm. Damals entstand der Finanzstabilitätsrat (FSB) als Einrichtung mit dem breitgefaßten Mandat, die Finanzstabilität zu fördern. Der Rat besteht heute aus den Zentralbanken aller G-20-Staaten, einer Handvoll weiterer Nationen, internationalen Organisationen und internationalen Gremien für Finanzvorschriften.[footnote]Zu den Mitgliedern des FSB gehören (Stand 4.4. 2013) die Länder Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Hongkong, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, die Niederlande, Republik Korea, Rußland, Saudi-Arabien, Singapur, Südafrika, Spanien, die Schweiz, die Türkei, Großbritannien, Vereinigte Staaten von Amerika, sowie die internationalen Organisationen Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Europäische Zentralbank, die Europäische Kommission, der Weltwährungsfonds, die OECD und die Weltbank. (Die vollständige Liste finden Sie im Internet unter financialstabilityboard.org.)[/footnote]

Im Oktober 2011 veröffentlichte der Finanzstabilitätsrat ein Dokument, das einen Konsens der im FSB beteiligten Gremien widerspiegelt, grenzüberschreitende Abwicklungen von Finanzinstituten durchzuführen. In dem Dokument ist ausführlich davon die Rede, im jeweiligen nationalen Recht grenzüberschreitende Abwicklungsbehörden zu schaffen. Zu Beginn des Berichtes wird empfohlen:

[list]„Um die koordinierte Abwicklung von Unternehmen, die in mehreren Ländern tätig sind, zu erleichtern, sollten die jeweiligen Länder eine Konvergenz ihrer Abwicklungsregelungen durch entsprechende Gesetzesänderungen anstreben, die notwendig sind, um die in diesen ,Schlüsselelementen’ enthaltenen Instrumente und Befugnisse in ihre nationalen Regelungen einzubeziehen.“[/list]

Der Bericht zählt dann auf, welche Anforderungen an eine nationale, legale und aktive Behörde zur Abwicklung systemrelevanter Finanzinstitute gestellt werden. Angesichts der Ähnlichkeit der Formulierungen des Dodd-Frank-Gesetzes und des FSB-Berichtes wäre es lohnenswert, zu analysieren, ob die gleichen Anforderungen des FSB-Berichtes tatsächlich alle auch in dem US-Gesetz von 2010 enthalten sind.

Das wichtigste bei den ,Schlüsselelementen’ des FSB ist, daß die Koordinierung der Bail-in-Bankenrettungsmethode über und jenseits der nationalen Grenzen besonders stark betont wird. Der Bericht bringt zum Ausdruck, daß man entschlossen ist, dafür in allen Ländern, in denen eine Muttergesellschaft oder Tochtergesellschaften sitzen, aktive Behörden zu schaffen.

Es folgen Auszüge aus Abschnitt 7 über den rechtlichen Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit:

[list]„7.1: Das Statut einer Abwicklungsbehörde sollte die Behörde ermächtigen und besonders dazu anhalten, eine Lösung in Zusammenarbeit mit ausländischen Abwicklungsbehörden zu finden, wo immer dies möglich ist.

7.2: Die Gesetze und Vorschriften in den jeweiligen Ländern sollten keine Regelungen enthalten, die automatische Maßnahmen in diesen Ländern als Folge einer staatlichen Intervention oder der Einleitung von Abwicklungs- oder Insolvenzverfahren in einem anderen Land einleiten, aber das Recht auf Maßnahmen im nationalen Ermessen vorbehalten, wenn dies in Ermangelung wirksamer internationaler Zusammenarbeit und Informationsaustauschs notwendig ist, um für Stabilität im Inland zu sorgen. Wenn eine Abwicklungsbehörde nach ihrem Ermessen nationale Maßnahmen ergreift, sollte sie dabei deren Folgen für die Finanzstabilität in anderen Ländern berücksichtigen.

7.3: Die Abwicklungsbehörde sollte Abwicklungsbefugnisse für örtliche Zweigstellen ausländischer Unternehmen haben und die Befugnis haben, ihre Vollmachten zu nutzen, um entweder eine von der Behörde des Heimatlandes durchgeführte Abwicklung zu unterstützen (beispielsweise indem sie eine Übertragung von Besitz in ihrem Land auf ein von einer ausländischen Behörde geschaffenes Überbrückungsinstitut anordnet), oder, in Ausnahmefällen, Maßnahmen aus eigener Initiative zu ergreifen, wenn die Behörden des Heimatlandes nicht tätig werden oder in einer Weise vorgehen, die die Notwendigkeit der Erhaltung der Finanzstabilität des betroffenen Landes nicht ausreichend berücksichtigt. Wo eine Abwicklungsbehörde als Behörde des Gastlandes im eigenen Ermessen nationale Maßnahmen ergreift, sollte sie die Behörde des Heimatlandes vorher informieren und konsultieren.“[/list]

Wie in Punkt 7.3 dargelegt ist, ist es vollkommen denkbar, daß eine Abwicklung einer Bankholding in einem anderen Land in Gang gesetzt wird, was Schritte zur Abwicklung mit einem Bail-in erforderlich macht, die das Gastland dieser Bank beschließen muß. Im Fall der Vereinigten Staaten etwa könnte eine solche Abwicklung z.B. einer großen britischen Bank, wie HSBC oder Barclays, oder einer europäischen Bank wie der Deutschen Bank, der UBS etc. ausgelöst werden, und die Vereinigten Staaten wären dann aufgrund des FSB-Abkommens verpflichtet, sich an dieser Abwicklung zu beteiligen.[footnote]Im November 2012 veröffentlichte der FSB eine Liste von 28 G-SIFIs, für die eine grenzüberschreitende Abwicklung notwendig wäre: Citigroup, Deutsche Bank, HSBC, JP Morgan Chase, Barclays, BNP Paribas, Bank of America, Bank of New York Mellon, Credit Suisse, Goldman Sachs, Mitsubishi UFJ FG, Morgan Stanley, Royal Bank of Scotland, UBS, Bank of China, BBVA, Groupe BPCE, Group Crédit Agricole, ING Bank, Mizuho FG, Nordea, Santander, Société Générale, Standard Chartered, State Street, Sumitomo Mitsui FG, Unicredit Group, Wells Fargo.[/footnote] Nach den Vorschriften des Dodd-Frank-Gesetzes sind diese Abwicklungsbehörden vom Gesetz her faktisch bereits geschaffen. Ein solche koordinierte Regelung wurde im April 2009 von den Staats- und Regierungschefs der G-20 bereits in der Charta des Finanzstabilitätsrates vereinbart, was das Interesse dieser Körperschaft zeigt, die Arbeit der nationalen Finanzbehörden und der internationalen Standards setzenden Gremien (SSBs) auf internationaler Ebene zu koordinieren, um „die Umsetzung wirksamer Regulierungs-, Aufsichts- und anderer Regeln für den Finanzsektor zu entwickeln und zu fördern“.[footnote]Charta des Finanzstabilitätsrates, 25.9. 2009, geändert von Staats- und Regierungschefs der G-20-Staaten am 19.6. 2012.[/footnote]

[h4]Als erste an der Reihe[/h4]

Es gibt zahlreiche Schriften mit Vergleichen zwischen der Behörde für geordnete Liquidation im Dodd-Frank-Gesetz mit einem ordnungsgemäßen Insolvenzverfahren nach amerikanischem Recht. Am auffälligsten bei dem Vergleich ist, wer bei der Abwicklung Vorrang erhält und auf welcher Grundlage dies entschieden wird.

In einer Schrift des Instituts für Rechtsinformation der Cornell-Universität heißt es, Titel II ziele darauf ab, daß „die Gläubiger mindestens soviel Geld erhalten, wie sie in einem Konkursverfahren erhalten würden“. Das hört sich unparteiisch an, aber das Problem dabei ist, daß die Liquidation während der Abwicklung nach dem Gutdünken des Zwangsverwalters, der FDIC, nach Maßgabe dessen geschieht, was er für notwendig hält, um die Finanzstabilität zu sichern. Unter Titel II, Abschnitt 9 E heißt es: „Die FDIC wird, soweit dies praktikabel ist, ihre Tätigkeit in der Weise durchführen, daß sie ... (iii) das Potential schwerwiegender negativer Auswirkungen auf das Finanzsystem verringert.“

Das derzeitige Finanzsystem und ganz besonders die G-SIFIs sind stark kreditfinanziert, massiv unterkapitalisiert, und sie stützen sich auf bestimmte Klassen von Finanzwerten in Form von Wertpapiergeschäften, besicherten Schuldverschreibungen, Derivaten und anderen Kreditinstrumenten, um den Anschein der Solvenz aufrecht zu erhalten. Wenn ein ungewöhnliches Ereignis, wie beispielsweise die Ankündigung der Abwicklung einer Großbank, Unsicherheit über den Wert einer dieser Kategorien auslöst, hätte dies eine breite Abwertung sämtlicher solcher Werte und der sie haltenden Institute zur Folge und damit „negative Auswirkungen auf das Finanzsystem“. Diese Auswirkungen auszulösen, wäre eine „ungeordnete Liquidation“, sie zu vermeiden ist eine „geordnete Liquidation“.

Wie es in dem IWF-Bericht „Vom Bail-out zum Bail-in“ heißt, kann eine ungeordnete Liquidation Risiken für die Finanzstabilität insgesamt erzeugen:

[list]„i. durch direkte Risiken für die Gegenpartei, wenn das gescheiterte Institut seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann;

ii. durch Liquiditätsrisiken und die Wirkung von Notverkäufen auf den Wertpapiermärkten, wenn das notleidende Institut gezwungen ist, Werte zu veräußern, um Liquidität zu erhalten, was die Wertpapierpreise noch weiter herabdrückt (und so weitere Nachschußforderungen auslöst);

iii. durch das Ansteckungsrisiko, wenn die Panik, die das Scheitern eines Instituts auslöst, auch andere Finanzinstitute erfaßt.“[footnote]Jianping Zhou, Virginia Rutledge, et al., a.a.O.[/footnote][/list]

Wiederum gilt: Wenn diese drei Risiken wirksam vermieden werden sollen, dann müssen die Vermögenswerte dieser Institute, unabhängig von ihrer Legitimität und ihrem tatsächlichen Marktwert, durch eine Bail-in-Rettung geschützt werden. Sie würden - vermutlich im Überbrückungsinstitut - erhalten bleiben, um sicherzustellen, daß ähnliche Papiere, die von anderen Instituten gehalten werden, nicht unter einer Ansteckungswirkung leiden, wie man sie beim Crash von Lehman Brothers und seinen Folgen erlebt hat.

Hinzu kommt, daß Parteien, die verbriefte Derivate halten, nach dem US-Konkursreformgesetz von 2005 im Fall einer Pleite Vorrang haben.[footnote]Weitere Dokumente über den Vorrangstatus der Derivate bei Abwicklungs- und Insolvenzverfahren werden auf www.larouchepac.com und www.larouchepub.com veröffentlicht werden. Siehe auch Ellen Brown, “Winner Takes All: The Super-priority Status of Derivatives”, webofdebt.wordpress.com, 9. 4. 2013.[/footnote] Das ist von größter Bedeutung für die G-SIFIs, da diese Institute den größten Teil der Derivate weltweit halten. Nach vielzitierten Schätzungen belief sich der Nennwert der weltweiten Derivate 2010 auf rund 1,2 Billiarden Dollar - etwa das 20fache des kombinierten BIP der Weltwirtschaft. Aufgrund der Undurchsichtigkeit der Derivatmärkte ist es praktisch unmöglich, genaue Zahlen zu erhalten. Aber die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) schätzte den globalen außerbörslichen (OTC-) Handel mit Derivaten - der Derivate, die in irgendeiner Weise erfaßt sind - auf 632 Billionen Dollar im Dezember 2012.[footnote]BIS Quarterly Review für Juni 2013, Tabelle 19.[/footnote]

Wenn es der Fall ist, wie es das Institut für Rechtsinformationen andeutet, daß die Auszahlungen an die Gläubiger dem entsprechen sollen, was sie bei einer Liquidation in einem normalen Insolvenzverfahren erhalten würden, dann würden trotz der im Dodd-Frank-Gesetz[footnote]Das Institut für Rechtsinformation der Cornell-Universität zitiert das Dodd-Frank-Gesetz, Titel II, Abschnitt 209 (c) bezüglich der Reihenfolge, in der Forderungen zu bedienen sind: (1) Verfahrenskosten; (2) die Regierung; (3) Löhne, Gehälter oder Kommissionen der Beschäftigten; (4) Beiträge für Zusatzleistungen für die Beschäftigten; (5) alle anderen allgemeinen oder vorrangigen Verbindlichkeiten des Unternehmens; (6) nachrangige Verbindlichkeiten; (7) Gehälter der Vorstände und Direktoren des Unternehmens; und (8) Verbindlichkeiten gegenüber Aktionären, Mitgliedern, allgemeinen Partnern und anderen Anteilseignern.[/footnote] angegebenen Zahlungsprioritäten die Gläubiger mit verbrieften Derivaten als erste ihr Geld zurückerhalten, und als nächstes die Gläubiger mit solchen Papieren, deren Wertabsturz einen ungeordneten, kettenreaktionsartigen Systemkollaps auslösen würde.

[h4]Amerikanisches Recht bekräftigen[/h4]

Damit haben wir den Fall klar dargelegt und anhand von Fakten dokumentiert, die praktisch kein einziges Mitglied der Regierung und des Kongresses für dringlich oder zwingend genug erachtete, um sie beim Beschluß des Gesetzes zu berücksichtigen. Was hier vorgelegt wurde, steht nun den amerikanischen Abgeordneten und Regierungen in aller Welt zur Verfügung. Dieser Bericht wird nach seiner Fertigstellung an sie verteilt werden und auch der Öffentlichkeit zugänglich sein.

Der Punkt, der sich implizit durch diese gesamte Dokumentation hindurchzieht, muß an dieser Stelle ausdrücklich ausgesprochen werden: Die Konsequenzen der Durchsetzung der Vorschriften des Dodd-Frank-Gesetzes oder der oben dargelegten Vereinbarungen nach der Charta des Finanzstabilitätsrates laufen auf einen schweren Verstoß gegen den Geist und die Gesetze der Vereinigten Staaten von Amerika hinaus. Die genannten Rechtsvorschriften und internationalen Vereinbarungen wurden so gestaltet, daß sie das Interesse der Finanzstabilität über die Interessen der Amerikaner und ihrer Regierung stellen. Schon die Definition, was mit „Finanzstabilität“ gemeint ist, wurde von denjenigen niedergelegt, deren gegenwärtige und zukünftige Machtposition und Autorität von dieser Definition abhängt. Darüber hinaus wird das, was dieses Gesetz vorschreibt, zu einer massenhaften Existenzvernichtung von Bürgern der Vereinigten Staaten durch wirtschaftliche Not führen, indem der Einzug und die Enteignung der Gelder die anvisierten Opfer dieses Gesetzes in Not stürzt, bis hin zum verfrühten Tod. Nichts in den oben zitierten Texten deutet darauf hin, daß dem anders wäre.

Die Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika als freie und souveräne Nation hatte das Naturrecht zur Grundlage. Die Grundlage der Gründungsgesetze dieses Landes ist das Recht - das Recht der Nation, sich selbst zu regieren und in einer Weise zu regieren, durch die das Recht jedes einzelnen Bürgers auf sein Leben, diesen grundlegendsten Wert des Rechts, geschützt wird.

Die Einsetzung einer Behörde für geordnete Liquidation (OLA) auf der Ebene der Holdinggesellschaft eines G-SIFI im Fall einer Krise, wie dies im Dodd-Frank-Gesetz festgeschrieben und beabsichtigt ist, würde bedeuten, den Bürgern der Vereinigten Staaten die Rechte zu nehmen, die ihnen nach dem Recht des Landes garantiert sind, allem voran ihr Recht auf Leben. Ihnen würde das Recht genommen, sich an ihre Regierung zu wenden, ihnen wird die materielle Existenz genommen und infolgedessen wird ihnen auch ihr Leben genommen - sei es durch Gewalt, Armut, Hunger, extreme Not oder Selbstmord. Dafür bekäme das erwähnte internationale Syndikat nach der Enteignung der materiellen Reichtümer unseres Landes seine finanzielle Stabilität.