Von Alexander Hartmann und Klaus Fimmen
„Die Wahlergebnisse in zwei ostdeutschen Bundesländern sind ein überwältigender Beweis dafür, daß die Kriegspartei einen Rückschlag erleiden kann - und das sollte ein ermutigendes Zeichen für alle sein, die sich dem direkten Marsch in den Dritten Weltkrieg, auf dem wir schon sehr weit vorangeschritten sind, widersetzen wollen. Das ist mit Sicherheit das wichtigste Ereignis des Wochenendes, und ich sollte auch sagen, es ist das Wiederaufleben der Friedensbewegung in Deutschland, was ich ebenfalls für sehr hoffnungsvoll halte.“ So lautete das Fazit von Helga Zepp-LaRouche, der Bundesvorsitzenden der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) und Gründerin des Schiller-Instituts, am Tag nach der Wahl vom 1. September.
Tatsächlich deuten die Ergebnisse der Wahlen in Thüringen und Sachsen auf das Wiederaufleben einer Friedensbewegung in Deutschland hin, auch wenn sie noch nicht so klar ausgeprägt und so weit verbreitet ist, wie es wünschenswert wäre. Die gemeinsamen Punkte der siegreichen Parteien in Ostdeutschland waren: Nein zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine und Ja zur Wiederaufnahme der Diplomatie zur Beilegung der Krise.
Am Wochenende des „Antikriegstags“ am 1. September, der an den Überfall Hitlers auf Polen im Jahr 1939 erinnert, fanden auch im übrigen Deutschland Demonstrationen und Kundgebungen statt, bei denen die Gefahr einer nuklearen Konfrontation zwischen der NATO und Rußland ein wichtiges Thema war. An den meisten dieser Antikriegsaktionen nahmen jeweils einige Hundert Menschen teil, in einigen Städten, darunter Berlin und München, waren es sogar einige Tausend.
Eine wichtige Verbindung zwischen Europa und Amerika zeigt dabei die auf der Münchner Kundgebung abgespielte Videobotschaft von Scott Ritter, dem ehemaligen US-Marine und UN-Waffeninspektor, an das deutsche Volk. Sie kam bei den rund 3500 Zuhörern sehr gut an. Mit der Aufforderung „Schauen Sie zurück in Ihre Geschichte“ erinnerte Ritter an die großen Demonstrationen der 80er Jahre gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland, die 1987 zum INF-Vertrag über die Begrenzung der nuklearen Mittelstreckenraketen führten. Abschließend sprach Ritter über die extreme Gefahr, falls 2026 US-Raketen mit großer Reichweite in Deutschland zugelassen werden. Er erhielt spontanen Beifall. „Lassen Sie diese Raketen nicht auf deutschem Boden zu! Tun Sie das Richtige. Gehen Sie auf die Straße! Es hat damals funktioniert - es wird auch heute funktionieren!“
Die Aktionen zum Antikriegstag sind Teil einer umfassenderen Kampagne von Friedensaktivisten, um auf die Weltkriegsgefahr aufmerksam zu machen und die Bevölkerung dagegen zu mobilisieren. Ritter organisiert für den 28. September eine Demonstration mit Schwerpunkt in Kingston bei New York City und in anderen Städten. Er setzt sich dafür ein, die Frage, die Atomkriegsgefahr zu stoppen, bei den US-Wahlen zum Thema zu machen. Andere Aktivisten haben für den 28. und 29. September Kundgebungen mit landesweiter Beteiligung in Washington angesetzt. Am 3. Oktober wird in Deutschland eine zentrale Friedensdemonstration in Berlin stattfinden, zu der inzwischen mehr als 1700 Gruppen und Einzelpersonen aufrufen.
Das Wahlergebnis von Thüringen und Sachsen war - obwohl alle Umfragen es bereits vorher angekündigt hatten - ein großer Schock für die „etablierten“ Parteien und Medien. Zepp-LaRouche sagte zu der Berichterstattung am Wahlabend, ein Nachrichtensprecher im Fernsehen am Sonntagabend sei „sichtlich erschüttert“ gewesen, als er über die Wahl berichtete. Innerhalb weniger Stunden habe dann die transatlantische Propagandamaschinerie „Narrative“ verbreitet, um die Wahrheit über das Anti-Kriegs-Votum zu vertuschen. Die New York Times faßte das Wahlergebnis in dem Vorwurf zusammen, zum ersten Mal seit 80 Jahren hätten Rechtsextreme deutsche Wahlen gewonnen. Das ZDF verglich die Wahl gar mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September.
Angesichts der beschämenden Unterwürfigkeit der Ampel-Regierung gegenüber den USA und der NATO führe die Situation nun zunehmend zu „Instabilität und Unregierbarkeit“ in Deutschland, erklärte Helga Zepp-LaRouche. Auch in Frankreich regierten das Chaos und eine Regierung ohne Mandat. Aber ein besseres Verständnis der Lage und der Einsatz für eine neue internationale Sicherheitsarchitektur sowie die Einheit aller Kräfte, die für ein Ende des Kriegsparadigmas kämpfen, könnten das Blatt wenden.
In ihrem wöchentlichen Internetforum drei Tage später vertiefte Zepp-LaRouche ihre Analyse. Das Wahlergebnis sei ein schwerer Schlag für den Spielraum der Berliner Regierung, einfach alles zu ignorieren, was die Menschen bewegt. „Es war kein unerwartetes Ergebnis, die Umfragen hatten es im Grunde vorhergesagt. Dennoch wird klar, daß die Wähler der Regierung irgendwann die Legitimation entziehen werden, wenn sie weiterhin gegen die grundlegenden Interessen des Landes und der Bevölkerung verstößt. Ich denke also, daß es ein deutlicher Warnschuß ist, nicht nur in den beiden Ländern Sachsen und Thüringen, sondern auch für die Berliner Regierung. Es gibt bald eine weitere Wahl in Brandenburg, die wohl in eine ähnliche Richtung gehen wird. Aber ich denke, es braucht noch viel mehr, denn wir waren noch nie so sehr in Lebensgefahr wie jetzt.“
Es gebe zwar Anzeichen dafür, daß mehr Menschen Demonstrationen vorbereiten, aber die enorme strategische Gefahr komme im Bewußtsein der Debatte noch nicht wirklich zum Ausdruck. Die Aktualisierung der US-Atomdoktrin, die davon ausgeht, daß die USA einen Atomkrieg führen und gewinnen könnten, „erfolgte laut New York Times bereits im März. Biden hat im März zugestimmt, und erst Ende August haben wir aus der New York Times davon erfahren. Das ist unglaublich.“
Zepp-LaRouche kritisierte besonders die Unterwürfigkeit der Bundesregierung gegenüber der US-Regierung in der Frage der Aufrüstung und daß hier offenbar ohne öffentliche Debatte über das Ausmaß der Konsequenzen hinter dem Rücken der Öffentlichkeit Fakten geschaffen werden sollen:
„Ich wüßte nicht, daß dies, mindestens im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel, ein großes Thema in der Öffentlichkeit war. Und nach dem NATO-Gipfel gab Bundeskanzler Scholz bekannt, daß die USA beschlossen haben, ab 2026 Langstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. Scholz sagte: ,Ich glaube, das war eine gute Entscheidung.‘ Was soll das? Es wurde nicht im Parlament diskutiert, es wurde nicht in der Öffentlichkeit diskutiert, nicht in den Zeitungen, nicht in irgendeinem Forum, was bedeuten würde, daß die Bevölkerung davon weiß.“
Da Biden die aktualisierte Nukleardoktrin schon im März unterzeichnet hatte, die die Vereinigten Staaten verpflichtet, sich auf einen atomaren Dreifrontenkrieg gegen Rußland, China und Nordkorea vorzubereiten, habe dies „mit Sicherheit den Rahmen des NATO-Gipfels überschattet und geprägt. Das bedeutet, daß auch die amerikanische Entscheidung, ab 2026 Langstreckenraketen in Deutschland zu stationieren, Teil dieser aktualisierten Nukleardoktrin ist… Natürlich sind die US-Raketen in Deutschland ein integraler Bestandteil eines solchen Einsatzes. Aber darüber wurde nicht gesprochen.“
2026 sei gleichzeitig auch das Jahr, in dem der Neue START-Vertrag zur Reduzierung strategischer Waffen ausläuft, und derzeit gebe es keinerlei Anzeichen dafür, daß er verlängert oder aktualisiert wird.
„Ich denke, das ist ein viel ernsteres Problem, als die meisten Menschen ahnen… Ich weiß aus unserer eigenen Organisation in diesen beiden Bundesländern, daß die Menschen sehr besorgt sind über den Ukraine-Krieg, die Beziehung zu Rußland, den Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft als Folge der Sanktionen und all die Fragen rund um die Sabotage der Nord Stream-Pipeline und so weiter. Aber ich glaube nicht, daß die Bevölkerung die Klarheit darüber hat, wie groß die Gefahr tatsächlich ist.“
Sie betonte: „Wir müssen eine Debatte im Bundestag über die Auswirkungen fordern. Denn die Idee, Langstreckenraketen in Deutschland zu stationieren, macht Deutschland zu einem Hauptziel. Sollte es jemals zu einem Krieg kommen, wird Deutschland das erste Ziel sein.
Das letzte Mal, als es eine vergleichbare Situation gab, Anfang der 80er Jahre mit der Pershing II und der SS-20, die mit nur wenigen Minuten Vorwarnung abgeschossen würden, waren Hunderttausende von Menschen auf der Straße, und schließlich eine Million Menschen, die besorgt waren, daß wir am Rande des Dritten Weltkriegs standen - und das taten wir auch. Aber diese Mobilisierung, diese Demonstration hat dann ein Umfeld geschaffen, das dazu beigetragen hat, den INF-Vertrag [Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty - Vertrag über nukleare Mittelstreckenwaffen] zustande zu bringen, der die Aufstellung solcher Raketen einschränkt. Doch der wurde von der Trump-Administration aufgegeben, sodaß wir jetzt ein offenes Feld für ein neues atomares Wettrüsten haben.“ Daher sei die Lage nun so gefährlich, „und deshalb brauchen wir viel mehr Diskussionen, Debatten und Demonstrationen“.
Die Wahlkampagne der BüSo in Sachsen hatte nicht nur das Kriegsthema ("Wählt die Kriegstreiber ab") in den Mittelpunkt gestellt, sondern auch den Blick auf die Zusammenarbeit mit den BRICS-Staaten, denn diese stehen als Synonym für die Mehrheit der Staatengemeinschaft, die eine Welt der Zusammenarbeit zur Überwindung von Armut und Unterentwicklung vorantreiben. Schließen Sie sich uns an und beteiligen Sie sich beim Aufbau einer internationalen Friedensbewegung, die das Ruder herumreißt!