„Auch wenn es im Augenblick überhaupt nicht danach aussieht, wir müssen und wir werden dafür sorgen, daß Deutschland wieder zu seiner wirklichen Identität zurückfindet: das Land der Dichter und Denker zu werden, das Land von Nikolaus von Kues, von Gottfried Wilhelm Leibniz, von Friedrich Schiller und Ludwig van Beethoven, von Einstein, Krafft Ehricke und den vielen anderen großen Dichtern, Philosophen und Entdeckern.“ Mit diesen Worten begann Helga Zepp-LaRouche, die Bundesvorsitzende der BüSo, am 2. Juli ihre Grundsatzrede beim Bundesparteitag der Bürgerrechtsbewegung Solidarität in Frankfurt/Main.
Leider sei die derzeitige Realität genau das Gegenteil. Die Reden der Berliner Kabinettsmitglieder klängen so, als stammten sie von der NATO-Presseabteilung, es werde darin gefordert, „Rußland zu ruinieren“, und Deutschland solle dabei eine Führungsrolle übernehmen. Dies sei „absolut erschreckend“. Die Außenministerin habe keine Ahnung von anderen Kulturen, der Wirtschaftsminister sei dabei, die deutsche Wirtschaft mit Vollgas gegen die Wand zu fahren, der Finanzminister voll auf der Linie des neoliberalen Finanzsystems, das gerade implodiere.
Sie beschrieb dann die aggressive Politik des Westens gegenüber Rußland in den letzten 30 Jahren. Es sei kein Zufall, daß eines der Großmanöver, mit denen die NATO Einsatzbereitschaft gegenüber Rußland demonstrierte, den Namen „Anaconda“ trug – nach der Schlange, die ihr Opfer umschlingt, um es zu erwürgen. Genau dies sei das Ziel der USA und der NATO: Rußland einzuschnüren, bis es sich dem Westen unterwirft. Auch China stehe auf der Feindesliste. Trotzdem behaupte der NATO-Generalsekretär, von der NATO gehe keine Gefahr aus. „Unter diesen Umständen müssen wir aus der NATO und der EU austreten!“ Aber die BüSo sei die einzige Partei, die dies mit der gebotenen Klarheit ausspreche.
Aber zum Glück gebe es „außerhalb der Käseglocke“ auch eine andere Welt. Der Versuch der G7, wichtige Entwicklungsländer in ihr Bündnis gegen China und Rußland einzubinden, sei gescheitert, vielmehr bilde sich ein neues Wirtschafts- und Finanzsystem um Rußland und China aus. Die BRICS-Staaten repräsentieren 3,2 Milliarden Menschen, die G7 hingegen nur knapp 800 Millionen.
Die beim BRICS-Treffen versammelten Staatschefs seien entschlossen, eine neue Weltwirtschaftsordnung zu schaffen und die Armut zu überwinden. Damit würden die Bestrebungen der Blockfreien-Bewegung aufgegriffen, die schon vor fast 50 Jahren eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung gefordert hatte. Bei diesen Bestrebungen hätten Lyndon LaRouche und seine Bewegung (aus der die BüSo hervorging) eine prominente Rolle gespielt. Sie beschrieb dann LaRouches Initiativen in den letzten 50 Jahren, die immer darauf abzielten, eine solche gerechte Weltwirtschaftsordnung zu schaffen:
seine Warnung anläßlich der Zerstörung des Bretton-Woods-Systems 1971, diese Politik werde über kurz oder lang in einen Faschismus führen,
sein Vorschlag einer Internationalen Entwicklungsbank 1975,
der Austausch mit führenden Vertretern der Blockfreien-Bewegung, der sich beim Treffen der Blockfreien 1976 in Colombo in der Forderung nach einer neuen gerechten Weltwirtschaftsordnung niederschlug,
die Programme zur Industrialisierung Afrikas (1979) und Indiens (1980),
die Idee der „Operation Juarez“, mit Hilfe eines Bündnisses der Schuldnerländer ein Entwicklungsprogramm für Lateinamerika durchzusetzen (1982),
der Vorschlag, den Ost-West-Konflikt durch eine amerikanisch-russische Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Raketenabwehrsystemen zu überwinden, der dann 1983 von US-Präsident Ronald Reagan als „SDI“ übernommen wurde,
die Ankündigung der Wiedervereinigung Deutschlands 1988,
der Vorschlag eines wirtschaftlichen Aufbauprogramms („Das Produktive Dreieck“ Paris-Berlin-Wien) für Europa (1990) nach dem Fall der Mauer, das dann schnell zum Konzept der Eurasischen Landbrücke für den Aufbau Eurasiens (1992) erweitert und dann als „Neue Seidenstraße“ von der chinesischen Regierung aufgegriffen wurde (2013),
und schließlich die Zusammenfassung der globalen Aufbauprojekte in der „Weltlandbrücke“ (2014).
Anstatt die aufstrebenden Länder als Bedrohung, Herausforderung, Rivalen, Konkurrenten etc. zu betrachten, müßten Deutschland und die europäischen Nationen mit ihnen kooperieren, auf der Grundlage der „Fünf Prinzipien der Friedlichen Koexistenz“ und im Geist der Bandung-Konferenz. In diesem Sinne rezitierte Frau Zepp-LaRouche zum Abschluß ihrer Ausführungen Schillers Fragment „Deutsche Größe“. Darin heißt es:
„Das ist nicht des Deutschen Größe, obzusiegen mit dem Schwert; in das Geisterreich zu dringen, männlich mit dem Wahn zu ringen, das ist seines Eifers wert… Höhern Sieg hat der errungen, der der Wahrheit Blitz geschwungen, der die Geister selbst befreit. Freiheit der Vernunft erfechten, heißt für alle Völker rechten, gilt für alle ewge Zeit.“
Der Frankfurter Parteitag war die erste Gelegenheit für die Mitglieder und Unterstützer der Partei seit dem Beginn der Corona-Krise vor mehr als zwei Jahren, in Person zusammenzukommen und über die globale Lage zu diskutieren und über Strategien zu beraten, wie diese Lage durch die Aktivitäten der Partei verändert werden kann.
Klaus Fimmen erstattete den Rechenschaftsbericht des Bundesvorstands und beschrieb die Aktivitäten der Partei in den letzten zwei Jahren, die Corona-bedingt zum erheblichen Teil ins Internet verlegt werden mußten, da die üblichen Aktivitäten mit Informationsständen auf den Straßen und Vortragsveranstaltungen nicht oder nur stark eingeschränkt möglich waren. So veranstaltete die BüSo zwei öffentliche Internetkonferenzen zur Wirtschaftslage (Mai 2021) und gegen den „Great Reset“ (Juni 2021), aber auch wöchentliche Internetkonferenzen für ihre Aktivisten. Trotz dieser widrigen Bedingungen beteiligte sich die BüSo im Rahmen ihrer Möglichkeiten am Bundestagswahlkampf und am Wahlkampf für das Berliner Abgeordnetenhaus 2021.
Anhand zahlreicher Flugblätter sowie mehrerer Broschüren, die im Lauf der letzten beiden Jahre von der BüSo herausgegeben und verbreitet wurden, dokumentierte er die Schwerpunkte der Parteiarbeit: Kampf gegen den Klimawahn und den Green Deal; Einsatz für ein Weltgesundheitssystem, insbesondere im Zusammenhang mit der Pandemie, und für die Durchsetzung eines Wiederaufbauprogramms für Afghanistan; Kampf gegen die Kriegsgefahr; Einsatz für die Zusammenarbeit mit Rußland und China (BRI) und für eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung und ein Neues Bretton-Woods-Abkommen.
Nachdem die Versammlung dem alten Vorstand die Entlastung erteilt hatte, wurden die bisherigen Vorstandsmitglieder – Helga Zepp-LaRouche als Vorsitzende, Elke Fimmen, Klaus Fimmen und Stephan Ossenkopp als stellvertretende Vorsitzende sowie Michael Gründler und Christoph Mohs als weitere Vorstandsmitglieder – im Amt bestätigt und außerdem Alexander Hartmann, der den Parteitag leitete, als weiteres Vorstandsmitglied neu in den Vorstand hineingewählt.
Im Verlauf des Parteitags wurde eine Reihe von Grußworten verlesen oder als Videobotschaft eingespielt.
Liliana Gorini, die Präsidentin von MoviSol, der LaRouche-Bewegung in Italien, betonte, „daß die meisten Menschen große Angst haben: Angst vor einem Weltkrieg, Angst vor einer Wirtschaftskrise, die anscheinend keinen Ausweg findet, Angst, im nächstem Winter keine Heizung zu haben, wegen der absurden Sanktionen unseren europäischen Regierungen, die sicher uns mehr schaden als Rußland. Und die Ängste der Menschen sind die gleichen in Berlin, wie in Paris, Rom oder Stockholm. Wie Dante in seiner Göttlichen Komödie schrieb, sind wir in einem dunklem Wald, weil der rechte Weg verlorengegangen ist‘. Die BüSo, Movisol, Solidarité et Progrès in Frankreich und die LaRouche Bewegung in Amerika kennen aber diesen rechten Weg, der uns weg von der Hölle bringen kann.“ Nur die neue Wirtschafts- und Sicherheits- Architektur, die Helga Zepp-LaRouche vorschlage, könne uns von dieser Misere retten.
Harley Schlanger, langjähriger Sprecher von Lyndon LaRouche und Moderator der wöchentlichen Internetforen mit Helga Zepp-LaRouche, wies in seiner Grußbotschaft darauf hin, daß sich die gegenwärtige Kriegspolitik der NATO nicht nur gegen Rußland richte, sondern auch gegen Deutschland. „Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, daß die Briten sich nicht nur wegen der Geographie auf Deutschland und Rußland konzentrieren, sondern vor allem wegen einer gewissen potentiellen kreativen Allianz, die historisch betrachtet, mindestens auf die Zeit von Leibniz und Peter dem Großen zurückgeht…
Was hat die Briten an der deutsch-russischen Zusammenarbeit in den letzten 150 Jahren am meisten beunruhigt? Es war die Idee, daß Technologie und Wissenschaft in Deutschland kompatibel mit den wissenschaftlichen Traditionen in Rußland sind: Deutsche Kapitalinvestitionen flossen nach Rußland, und im Gegenzug erhielt Deutschland Rohstoffe. Daraus entstand eine gegenseitige Entwicklung von Arbeitskräften, die gemeinsam daran arbeiteten, diese strategischen Rohstoffe in neue Technologien zu verwandeln, die die Natur veränderten.“
Nun sei es möglich, zu dieser Politik zurückzukehren, „sofern wir den Mut aufbringen, es anzugehen, und den Willen haben, nicht nach einer einfachen Antwort zu suchen, sondern mit den Menschen darüber zu streiten, was es bedeutet, in diesem unglaublichen Moment der Geschichte Weltbürger zu sein.“
Jacques Cheminade, Vorsitzender der Partei Solidarité et Progrès und dreifacher Kandidat für das Präsidentenamt in Frankreich, sagte in seiner Grußbotschaft:
„Wir in Westeuropa befinden uns größtenteils in besetzten Ländern, kulturell und wirtschaftlich. In dieser Situation seid ihr der Kern eines nationalen Widerstandes, der, um sinnvoll zu sein, eine neue internationale Ordnung unterstützen muß, eine Win-Win-Ordnung, um die oligarchische Kulturordnung loszuwerden und zu beseitigen, die über unsere Länder herrscht.“
Er betonte: „In der klassischen deutschen Kultur haben wir die Wurzeln, um herauszufinden, wie wir heute handeln, und wie wir Dinge anpacken können. Und Sie haben diesen Schatz, und wir alle müssen diesen Schatz teilen. Vorausgesetzt, Sie bringen den Mut auf, wir bringen den Mut auf, zu kämpfen.“
Diane Sare, die im US-Bundesstaat New York als Vertreterin der LaRouche-Bewegung bei der Wahl zum US-Senat gegen den führenden Demokraten Charles Schumer antritt, berichtete in ihrer Grußbotschaft über ihre erfolgreiche Mobilisierung, mit der sie innerhalb von sechs Wochen 66.000 Unterschriften gesammelt hatte, um die Zulassung als Kandidatin zu erlangen, was keinem anderen unabhängigen Kandidaten gelang. „Der Schlüssel zu dieser Mobilisierung war ein Prozeß abendlicher Sitzungen. Wir hatten Hunderte von Freiwilligen, von denen viele Angst hatten, hinauszugehen und Fremde anzusprechen. Sie hatten so etwas noch nie gemacht. Wir mußten mit der Reaktion der Ablehnung kämpfen, wenn Menschen Nein sagen, und eine gewisse Stärke und Gelassenheit in uns selbst finden, um dieses Wunder zu vollbringen.“
Eine Grußbotschaft kam auch von der BüSo-Aktivistin Maria Räuschel, die seit der Gründung vor 30 Jahren Mitglied der BüSo ist und in ihrer Botschaft beschrieb, wie sie trotz ihrer inzwischen 86 Jahre auch weiterhin andere Menschen in ihrem Umfeld auf die Ideen, Informationen und Einschätzungen der BüSo hinweist.
Ein weiterer Höhepunkt des Parteitags war ein einstündiger Gastvortrag von Alf Schmidt, einem Schafhalter und Bauernaktivisten aus Thüringen, der anhand von vielen Beispielen und erschreckenden Anekdoten aufzeigte, wie die landwirtschaftliche Produktion in Deutschland durch immer verrücktere gesetzliche Auflagen und Regelungen, die im Namen des Tier-, Umwelt- und Klimaschutzes verhängt werden, immer weiter zerstört und letztlich ganz unmöglich gemacht wird. So habe er selbst als Schafhalter allein rund 1,2 Mio. € Schäden durch Wölfe verbucht. Die geforderte Reduzierung des Düngemitteleinsatzes werde die Qualität des Getreides so sehr reduzieren, daß es nur noch als Futtermittel, aber nicht mehr als Brotgetreide verwendet werden kann. Für den Insektenschutz und den Gewässerschutz würden der Agrarproduktion große Flächen entzogen. Die verschärften Vorschriften für Tiertransporte seien praktisch nicht zu erfüllen. Am Ende würde die Landwirtschaft in Deutschland stillgelegt und Deutschland ganz abhängig von Nahrungsmittelimporten aus dem Ausland. Die selbständigen Landwirte würden ruiniert und das Land von Großunternehmen aufgekauft. Schon jetzt zeichne sich ab, daß die Nahrungsmittelproduktion drastisch zurückgehen wird.
Zum Schluß zeigte er eine Videoerklärung von Sieta van Keimpema, der Pressesprecherin der Farmers Defence Force und Vorsitzenden des European Milk Board, die den Grund für die Bauernproteste in den Niederlanden erläuterte: Die Regierung habe drastische Auflagen beschlossen, die darauf abzielen, ein Drittel aller Bauern zur Betriebsaufgabe zu zwingen. Was das für die Zukunft unserer Bevölkerung bedeutet, kann man sich leicht ausmalen!
Im Laufe der abschließenden Debatte wurde klargestellt, daß aufgrund von Hyperinflation, inkompetenter Wirtschaftspolitik und zunehmendem Verfall der produzierenden Wirtschaft in den kommenden Monaten mit dramatischen Entwicklungen zu rechnen ist, die auch die normalerweise phlegmatischen Bürger zu Protesten veranlassen werden. Daher sei es um so wichtiger, daß die verantwortungsbewußten Bürger sich in diesen Fragen „kompetent machen“, um ihren Mitbürgern den „verlorenen Weg“ aufzeigen zu können und für die Zukunft zu kämpfen. Es wird eine Aufgabe der BüSo sein, dies zu unterstützen (Material für Aktivitäten und Analysen finden Sie auf www.bueso.de)
Alexander Hartmann