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Strafanzeige beim Generalbundesanwalt „wegen Beihilfe zum Völkermord" gegen Bundeskanzler Scholz und weitere Regierungsmitglieder

Am 23.2.24 gab eine Gruppe deutscher Anwälte im Namen von deutsch-palästinensischen Familienangehörigen aus Gaza bei einer Pressekonferenz in Berlin bekannt, dass sie beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gegen Mitglieder des Bundessicherheitsrats, unter ihnen Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesministerin des Auswärtigen Annalena Baerbock, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck, und Bundesminister der Finanzen Christian Lindner gestellt hat.

Die Gruppe wird unterstützt von den zivilgesellschaftlichen Organisationen ELSC (European Legal Support Center), PIPD (Palestine Institute for Public Diplomacy), Law for Palestine, und der Initiative Justice and Accountability for Palestine. (Die Justice and Accountability for Palestine Initiative ist "eine von Palästinenser*innen geleitete Initiative, die sich aus internationalen Jurist*innen und Anwält*innen zusammensetzt und rechtliche Schritte gegen Einzelpersonen und Organisationen unternimmt, die an den Verbrechen in Palästina, einschließlich des Völkermords in Gaza, beteiligt sind.")

In der Pressemitteilung zur Einreichung der Klage, die sich wesentlich auf den Beschluss des Internationalen Gerichtshofes vom 26.1.24 stützt, heisst es erläuternd:

„Der Vorwurf lautet Beihilfe zum Völkermord durch die Genehmigung von Rüstungsexporten, dem unterlassenen Widerruf der bereits erteilten Genehmigungen, sowie die diplomatische Unterstützung Israels -und damit die psychische Beihilfe-, sowie aufgrund die eingestellte Hilfszahlungen an die UNRWA.

Das Internationale Gerichtshof (IGH) ist mit einem historischen Beschluss am 26.01.2024 aufgrund der Klage Südafrikas gegen Israel zum Ergebnis gelangt, dass plausible Anhaltspunkte für einen Genozid an Palästinenser:innen vorliegt.

Folglich hat die Bundesrepublik, genauso wie andere Drittstaaten, die völkerrechtlich verankerte Pflicht, diesen Genozid zu verhindern, und ihren Einfluss und alle rechtlichen Mittel, über die sie verfügt, einzusetzen, um Israel dazu aufzufordern, genozidale Handlungen zu unterlassen.

Gemäß der deutschen Strafprozessordnung ist die Voraussetzung für die Einleitung von Ermittlungen der sogenannte Anfangsverdacht. Der IGH-Beschluss hat deutlich gezeigt, dass ein solcher Anfangsverdacht hinsichtlich eines Völkermords gegen die Palästinenser*innen in Gaza besteht.

Beihilfe kann geleistet werden durch logistische, finanzielle oder materielle Unterstützung, aber auch durch das Kreieren von günstigen Umständen für die Straftat. Hier sind insbesondere die Genehmigungen von Rüstungsexporten und die politische und diplomatische Unterstützung zu benennen.

Die Anzeigeerstatter:innen haben sich entschieden zu handeln, um die Verantwortlichen in Deutschland für die Unterstützung unbeschreiblicher Gräuel zur Rechenschaft zu ziehen. Nora Ragab, eine Aktivistin und Anzeigenerstatterin, die auch Familienangehörige in Gaza hat, erklärte: 'Wir, die Lebenden müssen der Toten in Gaza gedenken, ihre Geschichten erzählen, und für Gerechtigkeit kämpfen. Wir Palästinenser:innen in der Diaspora werden nicht tatenlos zusehen, wie ein Genozid an unseren Familien und unserem Volk begangen wird. Wir nutzen alle Mittel, von den Protesten auf Straße bis zu Anzeigen und Klagen vor den Gerichten. Heute werden wir die deutsche Regierung für ihre Mitschuld am Völkermord in Gaza zur Verantwortung ziehen.'

Die angezeigten Beihilfehandlungen beziehen sich u.a. auf die Rüstungsexporte im Wert von 326,5 Millionen Euro allein im Jahre 2023, von denen die meisten nach dem 7. Oktober 2023 genehmigt wurden und sich somit im Vergleich zu 2022 verzehnfachten. Das für Waffenexporte zuständige Wirtschaftsministerium erklärte im November, dass als Konsequenz aus den Terrorattacken 'Anträge auf Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Israel prioritär bearbeitet und beschieden' würden. Die deutsche Bundesregierung genehmigte seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 300 zusätzliche Exportanträge für Militärausrüstung im Wert von 306,4 Millionen EUR.  Allein zwischen dem 7. Oktober und dem 7. November 2023 wurden 185 Genehmigungsanträge abschließend bearbeitet. Die Waffen, die aus Deutschland nach Israel importiert werden, machen 28% der israelischen Rüstungsimporte aus.
Gerade prüft die deutsche Regierung die Lieferung von Panzermunition, die von den Ministerien der hier angezeigten Personen bereits genehmigt wurden.

Vielen Länder der Welt haben schon Maßnahmen ergriffen, um sich von dem von Israel begangenen Völkermord zu distanzieren. In den Niederlanden hat ein Gericht im Februar 2024 die Regierung dazu aufgefordert, den Export von F-35 Strahljägerteile zu unterlassen, da es klare Risiken gibt, dass Israel aktuell gegen grundlegende Prinzipien des Völkerrechts verstößt. Die Region Wallonien in Belgien hat vorübergehend ihren Export von Schießpulver eingestellt.

Rechtsanwältin Nadija Samour, Bevollmächtigte der Strafanzeigenerstatter:innen sagt hierzu: 'Unsere Regierungen in Deutschland und Europa sind völkerrechtlich verpflichtet, Völkermord zu ahnden und zu verhindern, statt ihn zu untestützen. Mit der Strafanzeige fordern wir die Strafjustiz auf, gegen diese Unterstützungshandlungen vorzugehen. Die Strafanzeige setzt ein klares Zeichen gegen die deutschen Regierungsbeamt:innen : die Unterstützung für einen Genozid hat Konsequenzen.'

Während die Welt die totale Zerstörung Gazas live auf die Fernsehbildschirme übertragen bekommt, ist es die Verantwortung der deutschen Strafjustiz zu verhindern, dass der deutsche Staat sich mitschuldig macht an solchen Gräuel und schweren Verbrechen des internationalen Völkerrechts.“

Hinweis der Redaktion: Die Webseite LTO Daily hatte in einem Beitrag vom 12.2.24 geschrieben, die deutsche Regierung "stehe vor der gleichen Frage", nachdem ein Berufungsgericht in den Niederlanden die Lieferung von Kampfjet-Ersatzteilen an Israel wegen der drohenden "Mitverantwortung für etwaige Völkerrechtsverstöße in Gaza" verboten hatte. 
 

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