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Frankreich als Katalysator des „wirklichen" Neuen Bretton Woods

Am 10. Oktober sprach Jacques Cheminade, Vorsitzender von Solidarité et Progrès (S&P) und Mitarbeiter von Lyndon LaRouche, vor 250 Personen im Zentrum von Paris. Die Veranstaltung mit dem Titel „Das wirkliche [url:"neues-bretton-woods"]Neue Bretton Woods[/url] gegen die Wall Street, die City und die Angst" fand statt im Zusammenhang mit der Initiative des französischen Staatspräsidenten und EU-Ratspräsidenten Nicolas Sarkozy, für Mitte November eine Konferenz zum Neuen Bretton Woods mit den G-8 und G-5 Staaten als Teilnehmern zu organisieren.

Wie der Zuspruch zu der Veranstaltung verdeutlicht - viele Zuhörer kamen auf Veranlassung durch Bekannte, Internet, Flugblätter oder die S&P-Zeitung [i]Nouvelle Solidarité[/i] -, verbreiten sich die Ideen LaRouches mit einer noch nicht dagewesenen Geschwindigkeit, wobei zu erwähnen ist, daß sich die Besuche auf der S&P-Internetseite in den vergangenen Wochen verdoppelt haben und mittlerweile bei ca. 4500 pro Tag stehen.

Zur Mobilisierung für das Treffen am 10. Oktober veröffentlichte die LaRouche-Jugendbewegung (LYM) in Frankreich ein Video von zehn Minuten Länge. Es trägt den Titel „Krach 1995-2008. Den Menschen die Wahrheit sagen" und präsentiert Fernsehinterviews mit Cheminade vom Präsidentschaftswahlkampf 1995, in dem er vom „Finanzkrebs" sprach, der „Arbeitskraft und Produktion zerstört" und „in den kommenden Jahren zu einer Katastrophe führen wird." Am Ende des Videos spricht Cheminade kurz über die heutige Lage, wobei er die Notwendigkeit eines geordneten Konkursverfahrens und die Einmaligkeit von LaRouches Konzeption betont. Das Video (in französischer Sprache) kann man sich unter [i]http://solidariteetprogres.org/article4696.html[/i] ansehen. Es wurde innerhalb von 10 Tagen 8000 mal aufgerufen.

Drei Tage vor dem Treffen, als Präsident Sarkozy gerade auf dem Weg nach Washington war, um Präsident Bush davon zu überzeugen, daß er eine Währungskonferenz abhalten müsse, war Cheminade zusammen mit Christian de Boissieu auf [i]France 24 world[/i], dem vom französischen Außenministerium kontrollierten internationalen Fernsehnachrichtensender, interviewt worden. Boissieu leitet den Wirtschaftsbeirat des französischen Premierministers.

Katastrophe oder republikanische Revolution

Auf der Pariser Veranstaltung begann Cheminade seine anderthalbstündigen Darlegungen mit der Feststellung, daß der Finanzkrach entweder zu einer Katastrophe oder zu einer wirklichen republikanischen Revolution führen werde. Er ging darauf ein, daß Lyndon LaRouche und er den Krach schon seit einiger Zeit vorhergesagt hatten, und daß er aufgrund der inneren Mechanismen des Systems nicht zu vermeiden sei. Er bestand darauf, daß „der Doktor, der die richtige Diagnose stellt, der einzige ist, der die Krankheit auch wirklich heilen kann."

„Sie müssen verstehen", sagte er, „wie sich die Desintegration des Weltfinanzsystems entwickelt hat" und „die Rolle der City of London dabei, die von vielen Franzosen nicht verstanden wird."

So ging er die verschiedenen Schritte durch, die zur vollständigen Deregulierung führten: Der 1957 in der Londoner City begonnene Betrug mit dem Eurodollar, der den Dollar zunehmend der Kontrolle durch US-Institutionen entzog; das 1968er Geheimabkommen zwischen den Zentralbanken zur Unterbindung der Konvertibilität des Dollars in Gold; die Beendigung des Bretton-Woods-Systems im Jahr 1971, womit die Währungen entmaterialisiert wurden; der Beginn gleitender Wechselkurse im Jahr 1973 und der Ölpreisschock von 1973-1980, als das Spekulationssystem des Spotmarkts die Energiemärkte übernahm.

Einen Dreh- und Angelpunkt in dieser Entwicklung spielte der „Big Bang" vom Oktober 1986, als das konservative britische Finanz- und Bankensystem beendet und der Spekulation Tür und Tor geöffnet wurde. Von dort aus ging es dann direkt zur gegenwärtig implodierenden Spekulationsblase. Cheminade sprach sich gegen das finanzielle Rettungsmodell Gordon Browns aus, das von Kontinentaleuropa übernommen wurde, und bezeichnete es als eine „Mussolini-Lösung".

In Hinsicht auf die bevorstehende Währungskonferenz am 15. November in Washington umriß Cheminade die wesentlichen Grundzüge eines neuen Bretton-Woods-Abkommens. Er hieß ausdrücklich den Vorschlag des französischen Premierministers Fillon willkommen, Derivathandel und Offshore-Bankenparadiese zu schließen, fügte aber hinzu, daß er selbst als Präsident „einfach 50 Hacker zur Vernichtung dieser Bankgeschäfte engagieren würde", Punktum! Er betonte die existentielle Notwendigkeit, das Gesamtsystem einem geordneten Konkursverfahren zu unterziehen, ein entscheidender Punkt, der bisher auf der internationalen Tagesordnung völlig fehlt.

Cheminade sprach dann über ein produktives, öffentliches Kreditsystem, wie es von der US-Verfassung vorgesehen ist und wie es auch in Frankreich zwischen 1945 und 1973 funktionierte. Im Gegensatz zu oberflächlichen Behauptungen ist es anti-inflationär, denn es lenkt die Investitionen in die Produktion, wodurch der physische Reichtum pro Person, pro Quadratkilometer und pro Haushalt gesteigert wird. Mit einem solchen System müssen wir die Mittel, die wir im 20. Jahrhundert für den Krieg mobilisierten, im 21. Jahrhundert für den Frieden durch gemeinsame Entwicklung mobilisieren.

Cheminade nahm sich dann die weitverbreitete Meinung vor, daß der Finanzzusammenbruch nur Reiche betreffen würde, denn die ärmeren Schichten seien schon seit einiger Zeit in der Krise. Er zeigte, wie sich der Kollaps durch alle Bereiche der Gesellschaft rasend schnell ausbreitet, einschließlich Kommunen, die vor der Insolvenz stehen, Unternehmen, deren Umsätze und Investitionen sinken, der Abbau des Wohlfahrtsstaates und die sich entwickelnde Hyperinflation. Am Ende seiner Rede bestand er noch einmal darauf, daß das neue Bretton-Woods-System nicht etwas für Diplomaten und Experten sei, sondern daß die gesamte Zivilisation auf dem Spiel stehe, weil das gegenwärtige System für die Menschheit keine Zukunft mehr habe, und daß das Neue Bretton Woods eine neue, kreative Denkmethode impliziere, nicht für uns selbst, sondern für die Zukunft von Generationen.

„Vergnügen, diesen Kampf anzuführen"

Das Publikum bestand aus vielen Jugendlichen, auch einige von anderen politischen Parteien und Vertretern von Institutionen, zu denen auch ältere Semester gehörten, die wissen, was es heißt, für zukünftige Generationen zu arbeiten. Das eigentlich, nicht immer deutlich beim Namen genannte Thema der zweistündigen Diskussion war die Frage, was Individuen in der realen Welt zu handeln veranlaßt, und es war erstaunlich, daß die Fragen und Kommentare - anders als in Frankreich üblich - nicht unehrlich waren und auch niemand davor zurückschreckte, seine Verwirrung in der Öffentlichkeit einzugestehen.

Eine aufgebrachte Frau forderte: „Wertpapierhändler sollten ins Gefängnis gesteckt werden, aber das wird wohl nicht geschehen, bevor die Leute auf die Straße gehen." Cheminades umsichtige Antwort bestand darin, daß er die Händler als Teil eines weltweiten, degenerierten Systems mit Zentrum in der Londoner City bezeichnete, in dem die Leute ihre Selbstachtung verloren hätten, und daß es bei der politischen Tätigkeit darum gehe, bei den Menschen wieder eine innere Würde wachzurufen und nicht darum, zu strafen. Man müsse immer das Potential im Auge behalten, sagte er; er habe z.B. von Sarkozy auch nicht so viel erwartet. Dann erzählte er einige Witze, um die Anwesenden über die unberechtigte Autorität führender Politiker, die zu sehr respektiert werde, zum Lachen zu bringen. Er forderte die Zuhörer auf, selbst mehr solche Witze zu machen und sich auf die bessere Seite ihrer Mitmenschen zu beziehen. So könne eine Massenbewegung geschaffen werden, vor der die führenden Politiker Respekt hätten und die sie dazu bringen könne, die richtigen Entscheidungen zu fällen.

Eine andere Frau beschwerte sich über die apolitische und passive Jugend. Daraufhin trat ein Jugendlicher ans Mikrofon und antwortete, daß seine Generation keine wirkliche Erziehung bekommen habe, daß mit dem Zusammenbruch der Gesellschaft aber einige Leute am Aufwachen seien und diese Gelegenheit nicht verpaßt werden sollte. Cheminade fügte hinzu, daß die Lage bei den Franzosen den inneren Kampf zwischen dem oligarchischen und dem republikanischen Impuls wiederbelebe und daß man sich das Vergnügen machen sollte, diesen Kampf in der Gesellschaft anzuführen. Der Optimismus der Jugend, die neue Ideen entdeckt und damit diesen Kampf vorantreibt, ist das einzige, was der Bevölkerung einen Anstoß geben kann, ähnlich dem, was das Leben der Leute unter der Führung von Präsident de Gaulle beseelte: nämlich einen Sinn dafür, gleichzeitig Patrioten und Weltbürger zu sein.