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Katastrophe in Rafah stoppen: Südafrika stellt „Dringenden Antrag auf zusätzliche Maßnahmen“ beim IGH

Am 12. Februar reichte die Regierung der Republik Südafrika einen „Dringenden Antrag auf zusätzliche Maßnahmen gemäß Artikel 75(1) der Verfahrensordnung des Internationalen Gerichtshofs“ ein, worin Sofortmaßnahmen gefordert werden, um den drohenden Völkermord in Rafah zu stoppen. Der knapp begründete zweiseitige Schriftsatz mit einer dritten Seite dokumentarischer Fußnoten enthält eine Zusammenfassung der IGH-Entscheidung gegen Israel vom 26. Januar 2024 und stellt dann fest, dass „die Situation in Gaza sich seither erheblich verändert hat und die dringende Aufmerksamkeit des Gerichtshofs erfordert“.

Südafrika fordert, dass sofort neue Maßnahmen ergriffen werden müssten: „Angesichts der extremen Notsituation ersucht die Republik Südafrika den Gerichtshof hochachtungsvoll, ausnahmsweise die Ausübung seiner Befugnisse gemäß Artikel 75(1) der Verfahrensordnung in Erwägung zu ziehen. Artikel 75(1) lautet wie folgt: ,Der Gerichtshof kann jederzeit beschließen, von Amts wegen zu prüfen, ob die Umstände des Falles die Anordnung einstweiliger Maßnahmen erfordern, die von einer oder allen Parteien zu treffen oder zu befolgen sind.’ Die Ausübung dieser Befugnis steht nach dem Präzedenzfall LaGrand (Deutschland gegen Vereinigte Staaten von Amerika) im freien Ermessen des Gerichtshofs… In LaGrand übte der Gerichtshof seine Befugnis nach Artikel 75 Absatz 1 in einer Situation äußerster Dringlichkeit aus, die eine Einzelperson betraf. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Situation äußerster Dringlichkeit, die schätzungsweise 1,4 Millionen gefährdete Palästinenser in Rafah betrifft, von denen mindestens die Hälfte Kinder sind. Sie befinden sich in der ernsten Gefahr, dass ihr Recht auf Schutz vor Völkermord irreparabel verletzt wird, und zwar im Widerspruch zu den Artikeln II und III der Völkermordkonvention durch einen Staat, der bereits von diesem Gerichtshof für die Verletzung seiner Verpflichtungen aus der Konvention verurteilt wurde.

Südafrika fordert den Gerichtshof daher mit Respekt auf, mit größter Dringlichkeit zu prüfen, ob die sich entwickelnden Umstände in Rafah es erfordern, dass der Gerichtshof seine Befugnisse gemäß Artikel 75(1) der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ausübt, um eine weitere drohende Verletzung der Rechte der Palästinenser in Gaza zu verhindern. Südafrika behält sich außerdem das Recht vor, weitere Maßnahmen in Bezug auf die Situation zu ergreifen.“

In dem Dossier werden der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu, Sprecher der israelischen Verteidigungskräfte und andere zitiert, die einen bevorstehenden Angriff auf Rafah ankündigen – einschließlich Netanjahus wiederholter Aussage „Wir werden es tun“. Rafah sei bereits „einem intensiven, beispiellosen israelischen Militärangriff ausgesetzt, mit der ständigen Drohung einer weiteren Intensivierung des Angriffs – einschließlich einer israelischen Bodeninvasion“. Es wird weiter festgestellt, dass in Rafah normalerweise 280.000 Palästinenser leben, doch jetzt seien dort „mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens , schätzungsweise 1,4 Millionen Menschen, von denen etwa die Hälfte Kinder sind… Wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz klargestellt hat, gibt es ,keine Option‘, die palästinensische Bevölkerung von Rafah zu evakuieren, da ,sich die Menschen nirgendwo anders hinwenden können‘.“

Ferner werden in dem Antrag Südafrikas UN- und andere Beamte zitiert, die die Schrecken eines möglichen Angriffs auf Rafah beschreiben: „Der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat unmissverständlich erklärt, dass ein großangelegter militärischer Angriff auf Rafah ,den bereits bestehenden humanitären Alptraum mit unbeschreiblichen regionalen Konsequenzen verschlimmern würde’… Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten hat eindringlich davor gewarnt, dass ,die Gefahr eines Massakers von beispiellosem Ausmaß droht’. Der Generalkommissar der UNRWA sagte über die ,wachsende Panik in Rafah’, er sei ,fast sprachlos’ und wisse nicht, ,wie er das beschreiben soll’… Auch der Norwegische Flüchtlingsrat und Save the Children schlugen Alarm, dass ,in einem riesigen Flüchtlingslager kein Krieg zugelassen werden darf’. Sie warnten vor einem ,Blutbad’ und betonten, dass ,eine Ausweitung der Feindseligkeiten in Rafah die humanitäre Hilfe zum Erliegen bringen könnte’ und dass dies ,unsere schlimmsten Albträume übertreffen würde’.“

Hier finden Sie den dreiseitigen Schriftsatz in englisch: https://icj-cij.org/sites/default/files/case-related/192/192-20240212-wri-01-00-en.pdf

Webcast: https://www.bueso.de/oasenplan-vision-fuer-frieden-nahost

Wenn Sie sich an der Arbeit der Internationalen Friedenskoalition (IPC) und ihrer internationalen Mobilisierung gegen Völkermord und für einen Waffenstillstand beteiligen möchten, wenden Sie sich bitte an reginfo@bueso.de . Am Freitag, 16. Februar findet (online) die 37. wöchentliche Sitzung statt.

 

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