06131-237384info@bueso.de

Zwischen Wunschdenken und Wirklichkeit: Finden die westlichen Eliten zurück zur Realität?

Von Alexander Hartmann

Der Kontrast zwischen dem Weltwirtschaftsforum in Davos und dem gleichzeitigen Treffen der Bewegung der Blockfreien Staaten in Kampala, Uganda, steht sinnbildlich für die gegenläufigen Strömungen in der heutigen Welt. Auf der einen Seite wachsen das Selbstvertrauen und das Engagement der Länder des Globalen Südens, nach dem Paradigma des gemeinsamen Nutzens Wohlstand für alle zu schaffen. Auf der anderen Seite herrscht eine geradezu irrsinnige Fixierung auf den Hegemonismus, auf die Vorstellung, daß der Stärkere Recht hat und der Gewinn des anderen immer der eigene Verlust ist.

Wird der Konflikt zwischen diesen beiden unvereinbaren Haltungen mit einem Krieg enden, von dem sich die Menschheit vielleicht nie wieder erholt? Oder werden diejenigen, die immer noch ihre eigene und nationale Identität in der Vormachtstellung sehen, erkennen, daß nur eine gemeinsame Entwicklung nachhaltige Sicherheit für die Zukunft garantieren kann? Diese Frage muß im Mittelpunkt der Massenproteste stehen, die sich in immer mehr Ländern der westlichen Welt gegen die Politik ihrer Regierungen ausbreiten.

Am Treffen der Blockfreien-Bewegung vom 15.-20. Januar und dem parallelen Treffen der Gruppe der 77 am selben Ort haben über 3000 Delegierte aus 120 Ländern teilgenommen, man kann also sagen, daß die Mehrheit der Weltbevölkerung an den Beratungen der Staats- und Regierungschefs beteiligt war.

Der ugandische Präsident Yoweri Museveni, der für die nächsten drei Jahre der neue Vorsitzende der Bewegung sein wird, hielt eine eindrucksvolle Rede im Namen der „Widerstandskämpfer von Uganda“, worin er die einseitige ideologische Haltung des Westens verurteilte. Museveni sagte: „Wir sind nicht beeindruckt und können deshalb auch nicht Teil der krankhaften Bigotterie eines solchen einseitigen ideologischen Denkens sein… Das Universum gibt es seit 30 Milliarden Jahren. Die menschliche Gesellschaft gibt es seit viereinhalb Millionen Jahren.“ Museveni wich dann von seinem schriftlichen Redetext ab und sagte: „Ihr habt in den letzten 20 Jahren die Vorstellung entwickelt, daß westliches Denken das einzig richtige Denken ist? Ihr müßt krank sein!“ Er fuhr fort in seinem Text: „Ihr solltet daher nicht die Dreistigkeit besitzen, bestimmten Regionen, geschweige denn der Welt, eure engstirnige einseitige ideologische Orientierung aufzuzwingen. Deshalb sind wir, die Widerstandskämpfer Ugandas, entsetzt und verachten das Konzept der ideologischen, philosophischen und strategischen Oberflächlichkeit einiger Akteure in der Welt.“

Davos in der Vertrauenskrise

An der Konferenz in Davos in der Schweiz vom 15. bis 19. Januar nahmen ebenfalls 3000 Delegierte aus 120 Nationen teil. Die Bezeichnung „Weltwirtschaftsforum“ ist allerdings heutzutage irreführend, weil die reale, physische Wirtschaftskraft sich weltweit immer mehr verschiebt – zu den Ländern des globalen Südens. Das wissen Rußland, China und Indien ebenso wie der gesamte afrikanische Kontinent mit seinen 54 Nationen.

Das Treffen verlief nach dem üblichen Muster: ein öffentlicher Zirkus, der für Schlagzeilen und Bilder in den Medien sorgt, und daneben nicht-öffentliche Diskussionen über Maßnahmen im Interesse der WEF-„Stakeholder“, d.h. der Milliardärselite an der Spitze des globalen Finanzsystems.

Für die Öffentlichkeit gab es Auftritte von US-Außenminister Antony Blinken, dem unvermeidlichen Wolodymyr Selenskyj, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und anderen, die versuchten, für ihre weltfremden Narrative Gehör zu finden. Während die Glaubwürdigkeit der USA weltweit sichtlich abstürzt, wie die jüngsten UN-Abstimmungen zum Gaza-Krieg zeigen, behauptete Blinken, die Welt bettle um Amerikas Führung. Stoltenberg fiel die Aufgabe zu, China anzugreifen, er behauptete, Chinas Präsenz in Afrika bedrohe die Sicherheit der NATO. Selenskyj präsentierte vor Vertretern von 88 Staaten seinen „Friedensvorschlag“ mit – wie er wohl weiß – unmöglichen Bedingungen: Rückzug der russischen Truppen an die Grenzen von 1991, Reparationszahlungen Moskaus sowie Ahndung russischer Kriegsverbrechen.

Was die verstecktere Agenda betrifft, so erhält man einen Einblick in die Pläne der berüchtigten Autoren des „Great Reset“, wenn man zwischen den Zeilen der Tagesordnung liest. Das Motto in diesem Jahr lautete „Vertrauen wiederherstellen“ – das haben sie angesichts der wachsenden weltweiten Empörung gegen ihre Politik sicherlich nötig. Von Argentinien bis Polen und an zig Orten dazwischen protestierten allein in der vergangenen Woche Hunderttausende von Menschen, deren konkrete Forderungen zwar von Land zu Land verschieden sind, die aber alle einen gemeinsamen Feind haben: den politisch-finanziellen Komplex um London, die Wall Street, Washington und die Globale NATO.

Doch die Eliten bleiben fest entschlossen, ihre Politik um jeden Preis durchsetzen. Und so ist ein wesentlicher Aspekt ihrer „Wiederherstellung des Vertrauens“ in den Worten eines Enthüllungsjournalisten „Wege zu finden, jeden zu zensieren und mundtot zu machen, der nicht mit uns übereinstimmt“. So will sich dem Vernehmen nach die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, um „Desinformation und Polarisierung“ persönlich kümmern.

Protestbewegung breitet sich aus

Das erklärt, warum die Mainstream-Medien den Aufstand der deutschen Bauern kleinreden und die Aufstände in anderen europäischen Ländern totschweigen. Tatsächlich ist das Ausmaß der Demonstrationen im Westen spektakulär! In Deutschland werden die Traktorkorsos und Kundgebungen von Bauern und Verbündeten auch nach der Aktionswoche vom 8.-15. Januar fortgesetzt, mit weiteren Großkundgebungen am 26. Januar in Berlin und am 28. Januar in München sowie zahllosen dezentralen Aktionen in allen 16 Bundesländern.

Den Traktorkolonnen schließen sich vielerorts LKW-Speditionen an, die auch ihre eigenen Aktionstage veranstalten, mit mehr als 1500 Demonstranten und Hunderten von Fahrzeugen allein in Berlin am 19. Januar. Auch hier war die Berichterstattung minimal, obwohl solche Aktionen in Deutschland beispiellos sind. Auch Vertreter anderer Branchen – Bäcker, Gastronomen, Handwerker und andere – schließen sich den Protesten an.

Inzwischen hat sich der Bauernprotest von Deutschland auf weitere EU-Länder ausgeweitet, so auf Frankreich, Polen, Italien und Brüssel, auch in Spanien und den Niederlanden sind Bauernaktionen geplant oder finden bereits statt.

In Frankreich legen Landwirte und Landarbeiter die Verkehrswege lahm, um gegen steigende Kosten und überbordende Vorschriften zu protestieren. Der Präsident des großen Bauernverbands FNSEA, Arnaud Rousseau, verurteilte die EU-Politik als „völlig unverständlich“ und sagte, die grüne „Farm to Fork“-Strategie („Vom Hof auf den Tisch“) verhindere Wachstum im Agrarsektor.

Auch in Polen blockieren die Landwirte an zahlreichen Orten Straßen, um gegen die Pläne der EU zur Reduzierung der CO2-Emissionen und gegen die als ruinös empfundenen Nahrungsmittelimporte aus der benachbarten Ukraine zu protestieren.

In Italien demonstrierten am 22. Januar Tausende mit Traktoren in Städten und landwirtschaftlichen Zentren bei einem landesweiten Protesttag der Comitati Riuniti Agricoli (CRA), einer von den etablierten Bauernverbänden unabhängigen Basisorganisation.

In Argentinien gingen am 24. Januar sogar fast eine Million Menschen auf die Straße, davon mindestens 600.000 vor dem Kongreß in Buenos Aires und Tausende in allen Provinzhauptstädten, gegen das wirtschaftsfeindliche „Notdekret“ (DNU) und das Ermächtigungsgesetz von Präsident Javier Milei.

Mobilisierung „gegen rechts“

Da alle Versuche der Berliner Regierung und der Mainstream-Medien, die Bauern als Rechtsradikale zu diskreditieren, gescheitert sind, verlegten sie sich auf einen anderen Ansatz: Es wird ein künstliches Feindbild geschaffen, gegen das sich die Bevölkerung auflehnen kann, damit sie ihre massive Unterstützung für die Bauern vergißt. So gab es zuletzt in deutschen Großstädten plötzlich Großdemonstrationen gegen die Alternative für Deutschland (AfD).

Der Hauptanlaß für die Kundgebungen waren – neben anderen, realen Sorgen – Berichte über ein Geheimtreffen zwischen AfD-Politikern und Rechtsextremen am 25. November in einem Potsdamer Hotel, bei dem angeblich über eine Massenausweisung von Millionen Migranten diskutiert wurde. Diese „Enthüllung“ soll das Ergebnis einer Undercover-Operation sein, die jedoch keine stichhaltigen Beweise für diese Behauptungen erbrachte.

Diese „Enthüllungen“ stammen von Correctiv, einem berüchtigten investigativen Netzwerk früherer Mainstream-Journalisten, das u.a. von George Soros' Open Society, der Deutschen Bank, der Bundeszentrale für politische Bildung und privaten Stiftungen finanziert wird. Dank dieser Verbindungen werden gewöhnlich alle Behauptungen von Correctiv von den Mainstream-Medien ungeprüft übernommen – so etwa die massive Berichterstattung der letzten Jahre über angebliche „russische Operationen zur Übernahme Deutschlands“.

Die offensichtliche Frage, die niemand in diesen Medien stellt, ist: Wenn es in Potsdam wirklich eine ernstzunehmende Verschwörung gegen den deutschen Staat gab, warum wurde dann sechs Wochen lang fast gar nicht darüber berichtet? Erst am 10. Januar wurde daraus eine Hauptnachricht – zwei Tage, nachdem im Rahmen des mächtigen Bauernprotests 100.000 Traktoren nach Berlin und in fast hundert andere deutsche Städte gerollt waren. Seither beherrschen die Anti-AfD-Kundgebungen die Schlagzeilen und werden dazu benutzt, von den berechtigten Protesten und Forderungen der Bauern und anderer abzulenken.

Trotzdem gehen die Proteste weiter, und es besteht kein Grund zu der Annahme, daß sie aufhören werden, solange die Regierungen und die EU an ihrem zerstörerischen Kurs festhalten. Wenn es der Bundesregierung wirklich ernst ist damit, den Vormarsch der Rechtsextremisten zu stoppen, muß sie sich der Realität stellen, sehr schnell und grundlegend einen Kurswechsel vollziehen und auf die berechtigten Forderungen aus der Bevölkerung eingehen.